Sechs Monate bedingt für Gutheißung des Hamas-Angriffs
Ein linker Aktivist ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht für ein Video wegen Gutheißung terroristischer Straftaten (§ 282a StGB) zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Er hatte auf den Terror-Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit einem fragwürdigen Video reagiert.
Er ist nach eigenen Angaben Marxist und Hausmann und laut seiner Website internationaler Sekretär der Revolutionär-Kommunistischen Internationalen Tendenz (RCIT).
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Der 56-Jährige wurde schuldig bekannt für die Veröffentlichung des Videos einer Rede, die er am Vormittag des 7. Oktober am Stephansplatz gehalten hatte und das er am 9. Oktober auf seiner Homepage sowie auf seinem Youtube-Kanal öffentlich zugänglich machte.
Video nicht gelöscht
Verurteilt wurde er, weil das Video bis zuletzt abrufbar war und nicht gelöscht wurde, obwohl die Hintergründe und das Ausmaß des Angriffs auf Israel seit Monaten feststehen. Mit dieser Unterlassung habe er sich als Medieninhaber seiner Website und seines Youtube-Kanals des Gutheißens terroristischer Straftaten schuldig gemacht, befand Richter Stefan Apostol. Zugleich trug der Richter dem 56-Jährigen entsprechend einer Bestimmung des Mediengesetzes die Löschung des Videos auf.
Staatsanwältin verlangte "sehr, sehr strenge Strafe"
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidigerin Astrid Wagner erbat Bedenkzeit, die Staatsanwältin, die bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren eine "sehr, sehr strenge Strafe" verlangt hatte, gab vorerst keine Erklärung ab.
Im Vorfeld des Prozesses waren die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt worden. Sympathisanten des Mannes hatten vor dem Grauen Haus eine Solidaritätsdemo angemeldet und durchgeführt, eine Störung der Verhandlung wurde befürchtet.
Verhandlung wurde verlegt
Die Verhandlung wurde daher kurzfristig in einen anderen Saal verlegt und ein Fotografier- und Filmverbot erlassen, das nicht nur den Verhandlungssaal betraf, sondern den gesamten Gebäudetrakt im dritten Stock umfasste. Beamte der Wega und der Bereitschaftseinheit waren eben so zugegen wie Vertreter des Staatsschutzes. Während der Verhandlung selbst blieb dann aber alles ruhig, wobei der Großteil der Unterstützer des 56-Jährigen an dieser mangels ausreichender Sitzplätze nicht teilnehmen konnten. Sie warteten vor dem Saal auf den Ausgang des Verfahrens.
Wenige Stunden nach dem Angriff der Hamas auf Israel hatte der Angeklagte seine Rede unter dem Titel "Lang lebe der heroische Aufstand des palästinensischen Volkes!" per Video verbreitet. Er bezeichnete die Vorgänge in Israel als "beispielloses Ereignis" der "palästinensischen Befreiungskämpfer" und erklärte: "Dies ist ein riesiger und historischer Angriff. (...). Dies ist ein gerechter Krieg gegen die andauernde Besatzung und gegen die Unterdrückung durch Israelis gegen das palästinensische Volk."
Der Mann, den Insider seit vielen Jahren dem so genannten linken Antisemitismus zurechnen, sprach in seiner auf Englisch gehaltenen Rede von einem "Kampf des palästinensischen Volkes gegen den zionistischen Staat" und stellte fest: "Wir sagen Sieg dem palästinensischen Widerstand, nieder mit dem zionistischen Staat."
"Nicht schuldig"
Der 56-Jährige bekannte sich in der fast zweistündigen Verhandlung "nicht schuldig". Er lehne Terrorismus ab, doch die Vorgänge am 7. Oktober hätten "aus mehreren Teilaktionen" bestanden: "Aktionen, die sich gegen bewaffnete Kräfte gerichtet haben, halte ich für gerechtfertigt. Solche, die gegen Zivilisten gerichtet waren, waren nicht legitim."
Er habe zum Zeitpunkt seiner Rede "für einen gute Sache gehalten, dass die gegen bewaffnete Streitkräfte des israelischen Staates vorgehen". Auf die Frage, ob er die Hamas als Terror-Organisation ansehe, meinte er: "Die Hamas ist eine Organisation, die im Lauf der Zeit terroristische Aktionen begangen hat. Sie ist gleichzeitig eine politische Partei. Sie ist eine kleinbürgerlich-islamistische Organisation." Sie als Terror-Gruppe anzusehen, sei "undifferenziert und nicht präzise".
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"Hätten Sie das Video irgendwann offline gestellt, wären Sie freigesprochen worden"
Auf die Frage, weshalb er das Video bis zuletzt nicht offline genommen habe, bemerkte der Angeklagte: "Ich lösche nicht Sachen von mir. Ich stehe zu dem, was ich tue und sage." Letzten Endes wurde er ausschließlich deshalb verurteilt. Der Richter wies in der Urteilsbegründung auch die Aussage des Angeklagten zurück, es handle sich um einen "politischen Prozess".
"Hätten Sie das Video irgendwann offline gestellt, wären Sie freigesprochen worden", hielt der Richter fest. Der 56-Jährige habe als Medieninhaber seine journalistische Sorgfaltspflicht verletzt. Mit dem Wissen von heute müsse nämlich jemand, der das Video jetzt konsumiere, zum Schluss kommen, dass damit der terroristische Angriff der Hamas befürwortet wird.
"Mein 'Verbrechen' besteht darin, dass ich meine Solidarität mit dem palästinensischen Volk zum Ausdruck gebracht habe", sah sich der Aktivist dagegen in der Opferrolle. Die Vorgänge vom 7. Oktober 2023 hätten insofern zu einem weltweiten Umdenken geführt, als das palästinensische Volk in den Fokus gerückt sei: "Wir erleben Geschichte. Das ist ein 1968. Wir stehen auf der richtigen Seite der Geschichte. Bedenken Sie, Herr Richter, Frau Staatsanwältin, die Geschichte wird auch über Sie urteilen."
Zusammenfassung
- Ein linker Aktivist wurde in Wien zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt, weil er ein Video, das den Angriff der Hamas auf Israel gutheißt, nicht löschte.
- Das Gericht befand, dass der Aktivist durch das Nichtlöschen des Videos die terroristischen Straftaten gebilligt hat, obwohl er in der Verhandlung Terrorismus ablehnte.
- Die Verteidigung erbat Bedenkzeit, das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.
- Hätte der Mann das Video offline genommen, dann wäre er freigesprochen worden, so die Richterin.