ORF-NÖ-Chef Ziegler und der Kniefall vor Mikl-Leitners ÖVP
Robert Ziegler wurde im September 2021 vom Stiftungsrat zum Chef des Landesstudios Niederösterreich. Auf ÖVP-Ticket, wie der "Standard" schreibt. Diesem sowie der "Presse" und dem "Spiegel" liegen Mails, Chats und interne Dokumente vor, die Zieglers Einflussnahme auf Redakteure belegen.
"Beispiellose Distanzlosigkeit"
Das "System ORF-ÖVP-Niederrösterreich", wie es Redakteursmitglieder beschreiben, sei unter Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll entstanden und unter Mikl-Leitner ausgebaut worden. Es herrsche "beispiellose Distanzlosigkeit" zwischen Ziegler, Ex-ORF-NÖ-Chef Gollinger und der ÖVP-Spitze im Bundesland.
Mikl-Leitner im Beitrag "egal, was sie sagt"
Ziegler soll zum Beispiel in wöchentlichen Sitzungen vorgeben, welche Politiker zu welchem Thema zu Wort kommen dürfen. Sein Motto laute laut "Presse", dass über jede politische Pressekonferenz der ÖVP berichtet werden müsse, egal ob das Thema bekannt, sie relevant sei oder nicht. "Wenn 'Mi-Lei' (Mikl-Leitner, Anm.) spricht, wird berichtet. Egal, was sie sagt", zitiert die "Presse" einen ORF-Angestellten aus Niederösterreich. Ziegler widerspricht dem im "Standard": "An eine Besetzung von Terminen, deren Themen nicht bekannt sind, erinnere ich mich nicht. Sie ergäbe ja auch keinen Sinn. Selbstverständlich gehört der Austausch über Inhalte zum Redaktionsalltag."
Auch die Reihenfolge der O-Töne soll Chefredakteur Ziegler schon selbst festgelegt haben. Laut "Standard" sei dokumentiert, dass er bei einem Thema verbot, eine Anfrage an die SPÖ zu stellen und dass er Fragen an Politiker vorgab.
In der Statistik hat Niederösterreich jedenfalls im Bundesländervergleich oft die meisten Wortmeldungen des Landesschefs in der Sendung "Bundesland heute" - und oft eine der niedrigsten Quoten.
Redakteursrat "erschüttert"
Redakteursratschef Dieter Bornemann ist angesichts des dadurch gezeichneten Sittenbildes "erschüttert". Niemand aus der Redaktion habe sich an ihn gewandt. Er selbst wisse nur von einem Fall. Eine Redakeurin musste 2021 auf Anweisung am Heimweg umdrehen, um ein inhaltsleeres Zitat von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner nachträglich in einen bereits fertigen Beitrag über das Musikfestival Grafenegg einzubauen. Beschwert habe sich damals aber nicht die Kollegin aus Niederösterreich sondern die Kulturredaktion in Wien. Bornemann wandte sich damals unter anderem an Ex-Generaldirektor Alexander Wrabetz und Norbert Gollinger, fast 20 Jahre lang der Chef des Landesstudios Niederösterreich. Konsequenzen gab es keine, die zuständige Redakteurin habe sich ja nicht selbst beschwert und habe die Änderung auch selbst durchgeführt, argumentierte Gollinger.
Auch die Reihenfolge von O-Tönen und Stellungnahmen soll sein Nachfolger, Chefredakteur Ziegler, teils festgelegt haben. Daran könne er sich nicht erinnern, reagierte Ziegler dem "Standard" gegenüber. Das sei Sache des/der zuständigen Redakteur:in. Dokumentiert ist aber etwa, dass sich der ORF-Landeschef zu einem Thema eine Anfrage an die SPÖ verbeten hat. Auch Fragen soll er vorgegeben haben.
Auch auf Kooperations- und Werbepartner nehme Ziegler Rücksicht, wird ihm vorgeworfen. Man nenne ihn intern in Niederösterreich "Kommunikationslandesrat", wie der "Standard" schreibt.
Grüne fordern Rücktritt
Die Grünen Niederösterreich fordern nach Bekanntwerden der Vorwürfe den sofortigen Rücktritt Zieglers. "Wenn die heute veröffentlichten Mails der Wahrheit entsprechen, steht es leider für das Sittenbild der ÖVP und ihre Vereinnahmung von Institutionen. Dabei wird auch nicht vor dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Halt gemacht“, so Landessprecherin Helga Krismer in ihrer ersten Reaktion, auf die Unterlagen und Chats aus dem ORF-Landesstudio Niederösterreich.
Machtrausch und "Mikl-Leitners Privatfernsehen"
Als einen weiteren Beleg, "wie die ÖVP NÖ und ihre Getreuen sich das Land untereinander aufzuteilen versuchen", wertet SPÖ-NÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar die Vorwürfe. "Es ist nicht akzeptabel, wenn ein Chefredakteur eines öffentlich-rechtlichen Senders versucht, die politische Meinung seiner Zuschauer durch einseitige Hofberichterstattung zu beeinflussen." Der ORF-Niederösterreich sei "Mikl-Leitners Privatfernsehen", reagierte FPÖ-Landespartei- und Klubobmann im NÖ Landtag, Udo Landbauer.
Zusammenfassung
- Polit-Zitate nach Plan, Berichterstattung zur ÖVP, egal wie relevant der Inhalt sei und Rücksicht auf Werbepartner:
- Interne Dokumente zeigen, wie eng der Chef des ORF-Landesstudios Niederösterreich mit der Landes-ÖVP zusammenarbeitet und wie er seinen Redakteuren die Arbeit vorgibt.