ÖVP verlangt U-Ausschuss gegen "rot-blauen Sumpf"
Hanger unterstrich, dass seine Fraktion dies alleine als Minderheitenverlangen einbringen könne und daher auch keinen Koalitionsbruch gegenüber den Grünen begehe. Es solle - beginnend mit der Kanzlerschaft von Alfred Gusenbauer - um Steuergeldverschwendung der jeweils von SPÖ oder FPÖ geführten Ministerien gehen. Beauftragungen von Inseraten, Werbeagenturen und Umfragen sollen nach dem Willen der ÖVP in den Fokus rücken, insgesamt das Beschaffungswesen und auch die Personalentscheidungen der jeweiligen Ministerien. In all diesen Jahren war immer die ÖVP der Koalitionspartner der SPÖ oder FPÖ. Selber sei man in vergangenen Untersuchungsausschüssen aber schon ausführlich in den Fokus genommen worden, meinte ÖVP-Mandatar Hanger.
"Ja, wir machen diesen Untersuchungsausschuss, weil wir uns zur Wehr setzen", sagte er. Es sei keine "Retourkutsche", aber: "Es kann nicht sein, dass ausschließlich gegen ÖVP-Ministerien ermittelt wird." Angst, dass der Ausschuss auch der Volkspartei "um die Ohren fliegen" könnte, habe er nicht, meinte Hanger auf eine entsprechende Frage.
Nachdem Hanger den Zeitpunkt des Einbringens zunächst noch offen gelassen hatte, war es am Nachmittag dann soweit. Der U-Ausschuss solle Aufklärung bringen, "ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden", hieß es darin. Als Kurztitel wurde "ROT-BLAUER Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss" gewählt. Untersucht werden sollen Handlungen aus sachfremden Motiven in roten und blauen Ministerien zwischen 11. Jänner 2007 und 7. Jänner 2020. Mit hineingenommen wurde auch die Frage, ob Personen oder Firmen, die der SPÖ oder FPÖ nahestehen, bis 23. November 2023 durch die COFAG bevorzugt wurden.
Die Grünen als kleinen Koalitionspartner habe man vorinformiert, deren Regierungsbeteiligung habe man aus dem U-Ausschuss-Verlangen herausgehalten, so Hanger - anders als in einem Anfang Oktober unabsichtlich an die Öffentlichkeit gelangten Entwurf der schwarz-türkisen Fraktion. "Wir werden grüne Ministerien nicht in den U-Ausschuss mit hineinnehmen", betonte er, "weil diese Zusammenarbeit ist uns sehr wichtig."
Die ÖVP geht davon aus, dass beide Verlangen Mitte oder Ende Dezember im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats behandelt werden können. Die ersten Sitzungen mit Beweisbeschluss sollten dann Mitte/Ende Jänner stattfinden, Befragungsbeginn könnte Mitte April sein. Zu Ende wären diese dann schon Ende Mai, denn vor der Nationalratswahl müssen nicht nur die U-Ausschüsse zu Ende gehen, sondern auch die Abschlussberichte im Plenum behandelt werden. Terminmäßig müssten beide Ausschüsse jedenfalls gleichrangig behandelt werden, verlangte er.
Hanger betonte, dass er den U-Ausschuss nicht zum Anpatzen der politischen Gegner über das Herausspielen von Aktenteilen an Medien nutzen werde. "So wie ich das auch in der Vergangenheit nicht gemacht habe", so der ÖVP-Mandatar.
Auch bei den Grünen sieht man im ÖVP-Verlangen - es braucht 46 Unterstützer, über die die ÖVP allein verfügt - keinen Koalitionsbruch. In der Geschäftsordnung werde zwischen Anträgen und Verlangen unterschieden, hieß es schriftlich zur APA. Anträge müssten mit Mehrheit beschlossen werden. Verlangen würden hingegen wirksam, wenn sie von einer bestimmten Anzahl Abgeordneter unterschrieben seien, und es finde keine Abstimmung darüber statt. In Koalitionen werde vereinbart, dass sich die Klubs bei Abstimmungen nicht überstimmen. Verlangen seien dementsprechend nicht erfasst. "Ähnlich wie z.B. das Einbringen einer Anfrage oder ein Verlangen auf Sondersitzung handelt es sich dabei um ein Recht, das den Abgeordneten persönlich zusteht", wurde erklärt.
Zusammenfassung
- Die ÖVP reagiert auf den am Freitag von SPÖ und FPÖ angekündigten "COFAG-Untersuchungsausschuss" mit einem eigenen U-Ausschuss-Verlangen.
- Am Nachmittag wurde das Verlangen im Nationalrat eingebracht, und zwar unter dem Titel "Rot-blauer Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss".
- "Wir werden grüne Ministerien nicht in den U-Ausschuss mit hineinnehmen", betonte er, "weil diese Zusammenarbeit ist uns sehr wichtig."