NEOS-Erbschaftssteuer-Sager: ÖVP fürchtet österreichische Ampel-Koalition
"Erbschaftssteuern - das lehnen wir nicht prinzipiell ab", sagte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im Ö1-Interview. Im Gegenzug dürfe aber die Steuerlast nicht steigen, im Idealfall würde sie sinken, fügte sie hinzu.
Die ÖVP wertete diese Aussage als Signal in Richtung einer künftigen Koalition von SPÖ, Grünen und NEOS. "Meinl-Reisinger verrät die eigenen Prinzipien, um eine österreichische Ampel-Koalition zu ermöglichen", so Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung.
Kritik an Ampel-Koalition
"Denn im 'ORF-Sommergespräch' wollte Beate Meinl-Reisinger noch keine neuen Steuern. Heute macht sie eine 180-Grad-Wendung und zeigt sich aus heiterem Himmel im Interview für eine Erbschaftssteuer gesprächsbereit. Wie in Wien sind die NEOS auch im Bund ein Fähnchen im Wind", kritisierte Stocker die NEOS-Vorsitzende scharf.
Stocker holte auch gegen die deutsche Ampel-Koalition bestehend aus SPD, Grünen und FDP aus: Dort sei die Wirtschaft in eine Rezession geschlittert und die Ampel-Parteien befänden sich im Dauerstreit. Einigkeit herrsche nur, "wenn es darum geht, Cannabis zu legalisieren oder den Wechsel des Geschlechts leichter als den des Hauptwohnsitzes zu gestalten."
Meinl-Reisinger relativierte Aussage
Dabei kam von Meinl-Reisinger gleich nach ihrer prinzipiellen Bereitschaft für eine Erbschaftssteuer eine erhebliche Einschränkung: "Aber jetzt ist nicht die Zeit der Verhandlungen, und ich sehe nur Fantasiezahlen, denen ich auch nicht unbedingt traue", sagte sie. Sie kritisierte zudem, dass "für jede Steuer, die eingeführt wird", keine bestehende gesenkt werde.
Wenn Vorschläge kämen, die "wirklich auch realistisch" keine Massensteuern bedeuteten und eine Gegenfinanzierung oder eine deutliche Senkung der Lohn- und Einkommenssteuern enthielten, könne über alles geredet werden, hielt Meinl-Reisinger fest. Mittelstand und Häuslbauer müssten jedenfalls geschont werden.
Kritik an Steuerlast
Auf APA-Anfrage erklärte ein Sprecher Meinl-Reisingers, dass ihre Aussage zur Erbschaftssteuer keine Änderung der Positionierung der Parteichefin darstelle. Auch in der Vergangenheit habe sie betont, dass die Steuerlast in Österreich zu hoch sei und sinken müsse.
Wenn das passiert sei, könne man über die Verteilung innerhalb des Steuersystems reden. Doch bis dahin sei es ein weiter Weg. Eine Substanzbesteuerung schließe man bei den NEOS jedenfalls aus.
FPÖ kritisch, SPÖ erfreut
Die FPÖ reagierte wie die ÖVP ebenfalls umgehend ablehnend. "In Zeiten der massiven Teuerung neue Steuern anzudenken, ist schon ein einziger Wahnsinn, aber das passt haargenau in die politische Linie von Meinl-Reisinger", kritisierte Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung.
Erfreut zeigte sich hingegen die SPÖ. "Langsam, aber sicher, kann niemand mehr leugnen, dass die Abgaben auf Vermögen in Österreich unverantwortlich niedrig sind, während die Abgaben auf Arbeit zu hoch sind. Für uns ist klar: Wer Arbeit wirklich entlasten will, muss Vermögen besteuern", erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim seinerseits in einer Aussendung.
Nach Meinl-Reisingers Einlenken bei der Erbschaftssteuer geht Seltenheim davon aus, dass sich "auch bei der Vermögenssteuer noch die Vernunft durchsetzen wird."
Zusammenfassung
- Am Samstag erklärte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, dass sie sich eine Erbschaftssteuer unter Umständen vorstellen könnte.
- ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker nahm das zum Anlass, um vor einer Koalition von NEOS, SPÖ und Grünen zu warnen.