Nationalrat im Finale mit Gesetzeswelle
Drei Tage hat man sich vorgenommen, um etwa 40 Gesetzesbeschlüsse abzuarbeiten. Den Beginn des Programms bildet am Mittwoch eine "Aktuelle Stunde", die sich auf Antrag der NEOS dem Thema "Steuern und Abgaben auf Arbeit senken" widmet. Die beiden anderen Plenartage starten mit Fragestunden, Donnerstag an Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP), Freitag an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).
Lange erwartet, nichtsdestotrotz wild umstritten ist die ORF-Novelle, die am Mittwoch den Nationalrat passieren soll. Sie bringt das Aus der gerätegekoppelten GIS-Gebühr, die durch eine Haushaltsabgabe in Höhe von 15,30 Euro pro Monat ersetzt wird. Der ORF erhält mehr Möglichkeiten im digitalen Raum, dafür muss der Textanteil auf orf.at schrumpfen.
Ebenfalls am ersten Tag der Plenarwoche abgehandelt wird der nächste gesetzliche Schritt gegen Raser. So soll es künftig zusätzlich zu einer Geldstrafe bei sehr hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen die Möglichkeit geben, das Fahrzeug zu beschlagnahmen und in letzter Konsequenz für verfallen zu erklären. Bei mehr als 80 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet bzw. 90 km/h im Freiland soll unter bestimmten Umständen schon ein einmaliger Verstoß zum Verlust des Fahrzeugs führen können.
Umstritten ist am Auftakttag auch eine Novelle zum Kindergeld, die besagt, dass man die volle Bezugszeit von 24 Monaten nur dann nutzen kann, wenn der zweite Elternteil zumindest zwei Monate in Karenz geht. Neu eingeführt wird der Anspruch für Arbeitnehmer, bis zu vier Wochen pro Jahr freigestellt zu werden, um ein Kind bei einem Rehaaufenthalt zu begleiten. Umgesetzt wird eine EU-Vorgabe im Terrorinhalte-Bekämpfungs-Gesetz. Hier geht es um die Verpflichtung für Hosting-Anbieter, Terror-Inhalte umgehend zu löschen. Bei Zuwiderhandeln drohen Strafen bis zu einer Million Euro.
Vorbei ist die Blockade von Verfassungsmaterien durch die SPÖ. Das ist schon am Mittwoch spürbar, wenn mit den Stimmen der SPÖ das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz novelliert wird. Dieses soll Verbraucher unterstützen, den billigsten und auch für sie passenden Tarif zu finden. Auch andere kleinere Materien werden von der SPÖ getragen, etwa die schon lange ausständige Besetzung der Kontrollkommission des Staatsschutzes. Keine Zustimmung wird es hingegen am Donnerstag zum Krisensicherheitsgesetz geben, das etwa ein neues Lagezentrum unter dem Innenministerium vorsieht. Hier müsste man sich eine einfachgesetzliche Lösung ausdenken, soll der Beschluss noch vor dem Sommer erfolgen.
Keine Probleme für eine Mehrheit dürfte der neue Eltern-Kind-Pass erhalten, der im Juni an einem Formalfehler gescheitert war und neu ins Plenum gebracht werden musste. Mit einer Novelle für den Ausbau von Primärversorgungseinrichtungen sollen Einrichtungen für Kinder etabliert werden, um dem Kinderärztemangel entgegen wirken zu können. Attraktiviert werden sollen Freiwilliges Sozial- und Umweltjahr über ein höheres Taschengeld.
Der Schlusstag der Plenarwoche bringt etwa den Übertritt von Corona-Sonderregelungen ins Dauerrecht. Dabei geht es unter anderem darum, dass Videozuschaltungen vor Gericht bei Zivilverfahren weiterhin möglich sind. Auch Gesellschafterversammlungen etwa von Vereinen, Genossenschaft und Kapitalgesellschaften sollen in Zukunft virtuell abgehalten werden können.
Weiters auf der Tagesordnung finden sich neue Anti-Korruptionsregelungen. Strafbar wird, wenn man einen Kandidaten mittels einer Zuwendung auf einen günstigen Listenplatz setzen lässt bzw. auch die Person selbst, wenn sie davon weiß und finanziell profitiert. Sofort strafbar werden Kandidaten, die einen Vorteil (im Normalfall Geld) annehmen und dafür ein pflichtwidriges Amtsgeschäft versprechen. Schon am Mittwoch beschlossen wird die Ermittlungs- und Beschwerdestelle für Fälle von Polizeigewalt, deren Unabhängigkeit ob ihrer Ansiedlung im Bundeskriminalamt immer wieder angezweifelt wird.
Die zuletzt inflationär gewordenen Volksbegehren beschäftigen den Nationalrat in seiner Plenarwoche ebenso. Neben sieben "Ersten Lesungen", in denen eine erste Befassung mit den Materien ansteht, werden drei Initiativen wie etwa das "Kinderrechte"-Volksbegehren bereits enderledigt.
Sollte einer Fraktion all das zu wenig sein, wäre seitens der Opposition zunächst die FPÖ für eine "Dringliche Anfrage" am Zug. Bei einem Verzicht wären als erstes die NEOS an der Reihe.
Haben die Abgeordneten das Programm durch, können sie dann einmal durchschnaufen. Erst am 12. September beginnt die nächste Tagung. Das erste Plenum ist für den 20. September anberaumt.
Zusammenfassung
- Der Nationalrat geht in seine letzte Plenarwoche vor der Sommerpause und der Parlamentskehraus bietet wie üblich eine breite Palette an Themen, die eines Beschlusses harren.
- Zu den prominenteren davon gehören die ORF-Reform, das Raserpaket und die Ausweitung der Primärversorgungseinrichtungen.
- Dazu endet die Phase der roten Verfassungsblockade mit mehreren Zwei-Drittel-Beschlüssen, etwa zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz.