Ein Leopard-2-A6 bei einer Übungpicture alliance / Philipp Schulze/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Mythos Kampfpanzer: Warum sie (immer noch) Kriege entscheiden

"Ein großer Schritt, um Russland zu stoppen", so nannte Polens Ministerpräsident Morawiecki die Entscheidung Deutschlands, Leopard-2-Panzer an die Ukraine zu liefern. Was die Kampffahrzeuge aus deutscher Produktion speziell auszeichnet und weshalb sie dennoch keine "Wunderwaffe" sind.

Am Dienstagabend sickerte die Nachricht an die Weltöffentlichkeit: Deutschland liefert 14 Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine. Am Mittwoch folgte die offizielle Bestätigung aus Berlin: Deutschland schickt in einem ersten Schritt 14 Kampfpanzer in das angegriffene Land. Exakte Bezeichnung der Militärfahrzeuge: Leopard 2A6.

Politisch hat die Entscheidung des deutschen Kanzlers Olaf Scholz (SPD) weitreichende Folgen, auch weil Berlin anderen Staaten die Lieferung von Leopard-Panzern (aus deutscher Produktion) genehmigt. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, der Scholz zuvor unverblümt als zu zögerlich kritisiert hatte, sprach von einem "großen Schritt, um Russland zu stoppen".

Der Militärstratege Gerald Karner rechnete auf PULS 24 am Mittwoch mit einem "Domino-Effekt" durch die deutsche Entscheidung. So kam es auch. Nach den USA, die in Abstimmung mit Deutschland nun vorerst 31 Abrams-Kampfpanzer an die Ukraine liefern, hat auch Norwegen zugesagt, Panzer zu schicken. Die Briten und die Polen sind schon länger dazu bereit.

Ein "ausgewogener" Panzer

In technischer Hinsicht haben die Leopard-Panzer des deutschen Rüstungskonzerns Krauss-Maffei Wegmann einen ausgezeichneten Ruf. Warum eigentlich? "Der Leopard 2 steht sowohl bei der Hauptbewaffnung als auch bei der Panzerung und dem Antrieb für Verlässlichkeit und hohe Qualität", erklärt Karner im Gespräch mit PULS 24. Für den Militärexperten ist der Leopard 2 neben dem M1 Abrams der Amerikaner der beste Kampfpanzer der Welt. Auch das österreichische Bundesheer verwendet den Leopard 2.

Der deutsche Militärhistoriker Ralf Raths sagte auf tagesschau.de: "Der Leopard 2 hat in der ganzen Welt einen ausgezeichneten Ruf. Zu Recht. Er verbindet Feuerkraft, Mobilität und Panzer-Schutz in sehr ausgewogenem Maße. Britische Kampfpanzer sind besonders stark gepanzert, andere besonders schnell. Der Leopard hingegen ist ein sehr ausgeglichenes Fahrzeug, mit dem man alles Mögliche leisten kann."

"Nicht unverwundbar"

Im Falle einer großen Gegenoffensive der Ukraine wären Kampfpanzer wie der Leopard 2 unter anderem gemeinsam mit Schützenpanzern (die Fußsoldaten ins Gefecht transportieren) und mit Flugabwehr-Panzern unterwegs. Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj hält für einen militärischen Sieg 300 Kampfpanzer und 600 bis 700 Schützenpanzer sowie 500 Haubitzen (Geschütze der Artillerie) für nötig.

Karner mahnt in Bezug auf einige euphorische Reaktionen in westlichen Medien und sozialen Netzwerken allerdings auch zu einer realistischen Einordnung der deutschen Initiative. "Dass der Leopard 2 und andere Kampfpanzer geliefert werden, ist zwar ein positiver Schritt für die Ukraine und kann sogar ein Gamechanger sein. Ein Kampfpanzer ist aber keine unverwundbare Wunderwaffe." Es sei "wahrscheinlich", dass der eine oder andere westliche Panzer "im Gefecht durch schwere russische Panzerabwehrwaffen auch abgeschossen wird". Karner sagt daher: "Die Frage des Erfolgs der Panzer ist, eben weil sie bekämpfbar sind, auch eine Frage der Zahl."

Ähnliches erklärte auch Raths, der das Deutsche Panzermuseum in Munster leitet. "Wenn zwei Kampfpanzer aufeinandertreffen, dann gilt: Wer zuerst schießt und trifft, siegt im Feuergefecht. Das sehen wir auch in der Ukraine. Wir werden auch Bilder sehen, wo westliche Panzer so detonieren wie russische Panzer bisweilen", sagte der Militärhistoriker.

Kampfpanzer des Westens für die UkrainePULS 24

"Keine Raketenwissenschaft"

Die von manchen geäußerte Einschätzung, die ukrainische Armee werde Schwierigkeiten haben, den Leopard 2 und andere westliche Panzer erfolgreich zu manövrieren, teilte Raths im Interview auf tagesschau.de aber nicht: "Die Ausbildung ist nicht so schwierig, wie allgemein behauptet. Für die Ukrainer ist es ein grundlegender Wechsel, weil die Besatzung nun aus vier statt drei Leuten bestehen würde. Ein Ladeschütze kommt hinzu. Die Abläufe muss man lernen. Aber das ist keine Raketenwissenschaft."

Warum Panzerschlachten?

Bleibt die Frage, warum Kampfpanzer - ein Waffensystem, das immerhin bereits im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz kam - nun zu so einem Politikum werden konnten und als mitentscheidend für den Verlauf des Ukraine-Krieges gelten. Schließlich verfügen sowohl der Westen als auch Russland über Massenvernichtungswaffen. Darauf angesprochen erinnert Militärstratege Karner an das Kriegsvölkerrecht, das helfen soll, selbst im Kriegsfall das Leiden der betroffenen Menschen zu mindern.

"Der Einsatz von atomaren, biologischen oder chemischen Waffen würde eine Schwelle übersteigen. Wir sprechen zum Beispiel von der sogenannten Nuklear-Schwelle. Der Einsatz solcher Waffen hätte mit konventioneller Kriegsführung nichts mehr zu tun", sagt Karner und fügt hinzu: "In der Ukraine wird - unter Anführungszeichen - 'glücklicherweise' immer noch ein konventioneller Krieg geführt, der bestimmten Regeln folgen sollte."

Militärexperte Karner über einen Domino-Effekt bei Panzerlieferungen

Gerald Karner erklärt die möglichen Folgen der Entscheidung der deutschen Bundesregierung, Panzer an die Ukraine zu liefern.

ribbon Zusammenfassung
  • "Ein großer Schritt, um Russland zu stoppen", so nannte Polens Ministerpräsident Morawiecki die Entscheidung Deutschlands, Leopard-2-Panzer an die Ukraine zu liefern.
  • Was die Kampffahrzeuge aus deutscher Produktion speziell auszeichnet und weshalb sie dennoch keine "Wunderwaffe" sind.