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Merkel ruft in Washington zu Zusammenarbeit auf

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zu mehr internationalem Dialog und partnerschaftlicher Zusammenarbeit für die Bewältigung weltweiter Probleme aufgerufen. Bei ihrem Besuch in Washington forderte sie am Donnerstag insbesondere eine Stärkung der Vereinten Nationen. Im Mittelpunkt der Visite sollten Gespräche mit US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus stehen. Dieser würdigte zuvor die Partnerschaft zwischen den USA und Deutschland als "eisern".

Man sei entschlossen, in den kommenden Jahren gemeinsame Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen, schrieb Biden auf Twitter. "Wir müssen die Vereinten Nationen handlungsfähiger machen", sagte Merkel, nachdem ihr die Johns-Hopkins-Universität die Ehrendoktorwürde verliehen hatte. "Denn unverändert bieten sie die beste Chance, um globale Antworten auf globale Fragen zu finden." Merkel betonte: "Das Gebot in unserer vielfach vernetzten, aber auch so verletzlichen Welt ist es, unsere Kräfte zu bündeln. Wie wichtig das ist, das zeigt besonders deutlich die Coronavirus-Pandemie." Allen sollte klar sein, dass diese nur gemeinsam zu überwinden sei.

Die deutsche Kanzlerin dankte den USA für den "überragenden Beitrag" zur "Zeitenwende" der deutschen Wiedervereinigung. Dafür werde sie auch ganz persönlich immer dankbar sein. "Deutschland und Amerika sind auf das Engste miteinander verbunden", sagte Merkel und hob zugleich die enge Partnerschaft Europas und der USA hervor. "Keine zwei Regionen auf der Welt sind durch eine solche Tiefe und Breite gemeinsamer Interessen und Werte verbunden wie Europa und Nordamerika."

Merkel traf sich zum Auftakt ihrer politischen Gespräche zu einem Frühstück mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris an deren Amtssitz. Diese erklärte später, man habe das gemeinsame Interesse an einer Stärkung der transatlantischen Partnerschaft zum Ausdruck gebracht, außerdem an einer Fortsetzung der engen Zusammenarbeit auf Feldern wie dem Kampf gegen die Pandemie, globaler Gesundheit und dem Umweltschutz.

Merkel war am Vortag zu dem Abschiedsbesuch in Washington eingetroffen und wollte sich am Donnerstagnachmittag (20.00 Uhr deutscher Zeit) im Weißen Haus mit US-Präsident Biden treffen. Sie ist die erste Regierungschefin aus Europa, die Biden seit seiner Amtsübernahme im Jänner im Weißen Haus empfängt. Der Besuch soll den Neuanfang der deutsch-amerikanischen Beziehungen nach einem Tiefpunkt in der Ära von Bidens Vorgänger Donald Trump markieren. Biden bemüht sich darum, die unter Trump schwer belasteten Beziehungen zu Deutschland und zu anderen Verbündeten der USA wieder zu reparieren.

Eine hochrangige US-Regierungsvertreterin betonte am Donnerstag: "Deutschland ist einer unserer treuesten Verbündeten." Nach dem Treffen von Merkel und Biden solle eine "Washington-Erklärung" veröffentlicht werden, "die ihre gemeinsame Vision für die Zusammenarbeit bei der Bewältigung politischer Herausforderungen skizzieren wird".

Die Regierungsvertreterin machte zugleich deutlich, dass die US-Seite nicht mit einer Lösung des Konflikts um die Gaspipeline Nord Stream 2 beim Treffen von Biden und Merkel rechnet. Sie erwarte, dass Biden seine Bedenken zur Sprache bringen werde. Sie gehe aber nicht davon aus, dass diese Diskussion zu einem Ergebnis oder einer offiziellen Ankündigung führen werde. Die "sehr produktiven" Gespräche zwischen Vertretern Deutschlands und der USA zu dem Thema würden in den kommenden Tagen weitergeführt. Auch Merkel hatte sich skeptisch gezeigt, ob es jetzt schon eine abschließende Lösung geben wird.

Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist aktuell das größte Konfliktthema zwischen den USA und Deutschland. Mit ihr soll russisches Gas unter Umgehung der Ukraine nach Deutschland gebracht werden. Die USA und einige osteuropäische NATO-Partner befürchten eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen und lehnen das Projekt deswegen ab. Washington und Berlin bemühen sich seit Wochen um einen Kompromiss. Sie haben sich nach Angaben von Außenminister Heiko Maas bei vielen Punkten angenähert.

Weitere Gesprächsthemen sollten der Umgang mit China und Russland, die bedrohliche Lage in Afghanistan kurz vor dem Ende des internationalen Militäreinsatzes und der Kampf gegen Corona sein.

Zur Bekämpfung der Pandemie hatten in den vergangenen Tagen zahlreiche Organisationen Merkel dazu aufgefordert, ihren Widerstand gegen eine Aufweichung des Patentschutzes für Impfstoffe aufzugeben. Biden hat sich dafür ausgesprochen, den Patentschutz vorübergehend auszusetzen, was Merkel aber ablehnt. Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung hofft auf eine Verständigung zu den coronabedingten US-Einreisebeschränkungen. "Die USA sollten ihre Corona-Einreisebeschränkungen für den Schengen-Raum lockern", sagte Peter Beyer der "Rheinischen Post" (Donnerstag).

Am Abend wollten der US-Präsident und First Lady Jill Biden ein Abendessen zu Ehren der Kanzlerin geben. Daran sollte auch Merkels Ehemann Joachim Sauer teilnehmen. Anschließend wollten Merkel und ihre Delegation nach Deutschland zurückfliegen.

Biden-Vorgänger Trump hatte Deutschland mehr als Konkurrenten und weniger als Verbündeten gesehen. Der Republikaner hatte immer wieder die deutschen Verteidigungsausgaben, den deutschen Handelsüberschuss und auch Nord Stream 2 scharf kritisiert.

ribbon Zusammenfassung
  • Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zu mehr internationalem Dialog und partnerschaftlicher Zusammenarbeit für die Bewältigung weltweiter Probleme aufgerufen.
  • Bei ihrem Besuch in Washington forderte sie am Donnerstag insbesondere eine Stärkung der Vereinten Nationen.
  • Die deutsche Kanzlerin dankte den USA für den "überragenden Beitrag" zur "Zeitenwende" der deutschen Wiedervereinigung.