Ausbau der psychiatrischen Versorgung scheitert an Personal
Studien belegen, dass sich die psychische Gesundheit vor allem bei Kindern und Jugendlichen aufgrund vieler Faktoren - Pandemie, Ukrainekrieg, Soziale Medien - verschlechtert habe. Bei den Erwachsenen wiederum führe allein schon die steigende Lebenserwartung zu mehr psychischen Erkrankungen wie etwa Demenz. Der Österreichische Strukturplan Gesundheit sieht daher einen Ausbau des psychiatrischen Versorgungsangebots vor allem im ambulanten Bereich vor.
"Diese Intentionen finden sich auch in den Regionalen Strukturplänen Gesundheit OÖ für 2020 und 2025. Angestrebt werden 50 ambulante Betreuungsplätze sowie 31 Betten zusätzlich", rechnete LRH-Direktor Rudolf Hoscher vor. Aber aufgrund des Mangels an Fachpersonal könne die bundesweit vorgegebene Messziffer für Betten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie trotz des geplanten Ausbaus nicht flächendeckend erreicht werden.
2023 standen in Oberösterreich nur rund 85 Prozent der vorgesehenen ambulanten und etwa 92 Prozent der stationären Plätze tatsächlich zur Verfügung. In den psychiatrischen Fächern waren zum Stichtag 1. Dezember 2024 rund 29 Prozent der Planstellen für Fachärztinnen und Fachärzte unbesetzt, 59 Prozent des ärztlichen Personals war teilzeitbeschäftigt. Besonders betroffen seien die Kinder- und Jugendpsychiatrie, so Hoscher, der allerdings "die Bemühungen des Landes, Verbesserungen im Bereich der integrierten Versorgung bei Kindern und Jugendlichen zu erreichen", ausdrücklich anerkennt.
Fehlende Anschlussangebote verzögern Entlassung aus Spital
Dennoch - trotz aller Bemühungen der Krankenanstaltenträger sei es bisher nicht gelungen, die Personallücke zu schließen. "Mittelfristig ist mit keiner Verbesserung zu rechnen, daher sollte der künftige Regionale Strukturplan berücksichtigen, wie das Versorgungsangebot mit den realistisch erwartbaren Ressourcen gewährleistet werden kann", empfiehlt der LRH. "Mit Ausnahme ambulanter Leistungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie der Psychosomatik lagen alle Leistungskennzahlen 2023 aufgrund der Personalknappheit unter dem Niveau von 2019."
Verschärfend kommt hinzu, dass Angebote fehlen, die die Betroffenen nach der Entlassung aus dem Spital auffangen. Das führt zu längeren stationären Aufenthalten. Zum Prüfungszeitpunkt seien bis zu 13 Prozent der Betten in den psychiatrischen Stationen von Patienten belegt, die aus medizinischer Sicht entlassen werden könnten, aber mangels Anschlussangeboten immer noch im Krankenhaus waren.
Haberlander sieht Akutversorgung gewährleistet
Die für Gesundheit zuständige Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander betonte, die Akutversorgung sei gewährleistet. Sie verwies darauf, dass "die Personalausstattung im Fachbereich Psychiatrie seit dem Jahr 2019 um sechs Prozent auf derzeit 1.075 Vollzeitäquivalente gesteigert" und auch finanzielle Anreize gesetzt worden seien, um Personalengpässen entgegenzuwirken. Man werde den Ausbau der Versorgungsstrukturen und bessere Rahmenbedingungen für Menschen in Gesundheitsberufen "weiterhin ganz oben auf der Agenda" haben, betonte ihre Parteikollegin, Klubchefin Margit Angerlehner.
Die Landesabteilungen würden konsequent an Lösungen arbeiten und diese Anstrengungen seien konsequent fortzusetzen, so FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr. Er spielte den Ball zurück an den Bund: "Die massive Abwanderung in Österreich ausgebildeter Ärzte ins Ausland, die starre EU-Quotenregelung und die undurchsichtigen Finanzierungsströme belasten unser Gesundheitssystem enorm", er erwarte sich klare Reformen von der neuen Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ).
Für den SPÖ-Gesundheitssprecher, den Dritten Landtagspräsidenten Peter Binder, "ist der Personalmangel in den Gesundheitsberufen nicht vom Himmel gefallen". Aus seiner Sicht habe die Landesregierung "viel zu lange zugeschaut". Er forderte eine "gezielte Ausbildungsoffensive" und mehr Präventionsangebote. Auch die Grünen pochten auf mehr Präventionsangebote, etwa im Rahmen der Schulsozialarbeit. "Es muss uns gelingen, früher einzugreifen, damit ein psychisches Problem gar kein Fall fürs Krankenhaus wird", so Gesundheitssprecherin Ulrike Schwarz. Auch NEOS-Abgeordnete Julia Bammer forderte, die Landesregierung "muss dieses Thema dringend priorisieren, um eine bestmögliche Betreuung und Unterstützung sicherzustellen".
Zusammenfassung
- Der Landesrechnungshof Oberösterreich kritisiert, dass der geplante Ausbau der psychiatrischen Versorgung an einem erheblichen Personalmangel scheitert. 2023 waren nur 85 Prozent der ambulanten und 92 Prozent der stationären Plätze verfügbar.
- Studien belegen eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen, bedingt durch Faktoren wie die Pandemie. 29 Prozent der Facharztstellen in der Psychiatrie sind unbesetzt.
- Fehlende Anschlussangebote verzögern Entlassungen aus dem Krankenhaus, da bis zu 13 Prozent der Betten von Patienten belegt sind, die aus medizinischer Sicht entlassen werden könnten.