Mangott: Putin könnte nur bei "desaströser militärischer Niederlage" stürzen
"Der Krieg in der Ukraine ist das Ende vom System Putin", meint die ehemalige Russland-Korrespondentin Susanne Scholl in der PULS 24 Sondersendung "Putins mörderischer Angriff - Ein Jahr Ukraine-Krieg". Dem stimmt auch Gerhard Mangott, Politikwissenschaftler an der Universität Innsbruck, zu. "Aber wir wissen nicht, wie lange es dauert, bis wir zum Ende des Endes kommen", betont er.
Putin nicht in "Krisengefahr"
Denn im Augenblick sei Putin nicht in "Krisengefahr". Der Großteil der russischen Bevölkerung wende sich derzeit nicht gegen ihren Präsidenten. Auch sei die Zensur in Russland sehr stark - Haft drohe bei einer sogenannten "Diskreditierung der Streitkräfte". Eine Palastrevolte aus dem engsten Umkreis sei auf "absehbare Zeit nicht zu erwarten", so Mangott.
Traue man den Meinungsumfragen, so blieb auch die Stimmung der russische Bevölkerung größtenteils unverändert, so der Politikwissenschaftler.
Greife Mangott jedoch auf seine eigenen Kontakte zurück, so könne festgestellt werden, dass "mit der Teilmobilmachung jetzt der Krieg fast in jeden Haushalt gekommen ist". "Jetzt wo dann Väter, Söhne, Ehemänner aus ihren Familien gerissen und aus ihren Betrieben geholt wurden, da ist tatsächlich die Botschaft angekommen: Russland ist im Krieg", so Mangott. Nun würde man schon sehen, dass die Zahl der Russ:innen, die für Friedensverhandlungen sind, steigt, erklärt der Politikwissenschafter.
Jetzt wo dann Väter, Söhne, Ehemänner aus ihren Familien gerissen und aus ihren Betrieben geholt wurden, da ist tatsächlich die Botschaft angekommen: Russland ist im Krieg.
Verhandlungen unwahrscheinlich
Ein Kriegsende durch Verhandlungen der beiden Kriegsparteien sieht der Politikwissenschaftler als unwahrscheinlich. Denn Russland behaupte zwar zu Verhandlungen bereit zu sein, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Ukraine die vier annektierten Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson zum russischen Staatsgebiet anerkennt. Von dieser Forderung werde Putin kaum zurückgehen. Putin könne nur stürzen, wenn er eine "desaströse militärische Niederlage" erleide, wie zum Beispiel der Verlust der Krim. So eine Niederlage würde Putin in "seinem Amt sehr stark in Gefahr" bringen, so Mangott.
Obwohl man nicht sagen könne, dass ein Einsatz von Atomwaffen vonseiten Russlands wahrscheinlich ist, sei dieser im Falle eines "desaströsen" Kriegsverlaufs jedoch möglich. Politikwissenschaftler Mangott warnt davor, Russlands Drohung als "Bluff" abzutun: Das Restrisiko eines solchen Einsatzes könne man nicht ausschalten.
"Durchhalten und durchsetzen"
Direkt aus dem Kriegsgebiet berichtet Serhiy Osachuk, ehemaliger Gouverneur des Oblast Tschernowitz. Wähend er im PULS 24 Interview meint, die Lage im Großraum Bachmut sei "mehr als äußerst angespannt und gefährlich", sind im Hintergrund Schüsse zu hören. Er befinde sich wenige Kilometer von den russischen Positionen entfernt, erklärt Osachuk schließlich.
"Durchhalten und durchsetzen" - so würde der ehemalige Gouverneur den Krieg beschreiben. Im ersten Kriegsjahr habe die Ukraine der Welt gezeigt: Wir können durchhalten. Nun, mit der internationalen Geschlossenheit und mit der Hilfe des Westens, "müssten wir im Jahr 2023 das alles durchsetzen". Mit jeder erhaltenen effizienten Waffenhilfe, könne die Ukraine "die Kriegswalze stoppen".
"Es ist kein Computerspiel [...]. Das ist ein wahrer Vernichtungs- und Eroberungskrieg", so der ehemalige Gouverneur. "Es geht um unser Leben. Wir werden so lange kämpfen, wie es notwendig sein wird", betont er im Gespräch mit PULS 24.
Mehr dazu:
Schüsse bei PULS 24 Live-Schalte nach Bachmut
"Putins mörderischer Angriff" – PULS 24 Spezial-Woche zu einem Jahr Krieg in der Ukraine ab Montag, 20. Februar auf PULS 24 & ZAPPN
Zusammenfassung
- Der russische Präsident Wladimir Putin könne nur bei einer "desaströsen militärischen Niederlage" gestürzt werden, meint Politikwissenschaftler Gerhard Mangott in der PULS 24 Sondersendung "Putins mörderischer Angriff – Ein Jahr Ukraine-Krieg".
- Verhandlungen zwischen den beiden Kriegsparteien hält er derzeit für unwahrscheinlich.