London darf Asylbewerber nicht nach Ruanda abschieben
Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Schutzsuchende von Ruanda aus wieder in ihre Heimatländer abgeschoben würden, obwohl sie einen Asylanspruch hätten. Die Entscheidung kann noch beim obersten britischen Gericht angefochten werden.
Bravermans Pläne sehen vor, dass irregulär nach Großbritannien eingereiste Menschen - ungeachtet ihrer Herkunft und ohne Prüfung ihres Asylantrags - festgehalten und so bald wie möglich nach Ruanda abgeschoben werden. Sie sollen dann dort um Asyl ersuchen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen. Mit der Regierung in Kigali, die von Bürgerrechtlern wegen Verstößen gegen Menschenrechte wiederholt kritisiert wurde, gibt es eine entsprechende Abmachung.
Im vergangenen Jahr kamen rund 45.000 Migranten in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien - so viele wie nie zuvor. In diesem Jahr sind bisher mehr als 11.000 Menschen auf diesem Weg illegal in das Vereinigte Königreich eingereist. Die britische Regierung hatte vor wenigen Tagen eine Rechnung aufgemacht, wonach bei der Abschiebung von Asylbewerbern nach Ruanda mit Kosten von 169.000 Pfund (195 556,58 Euro) pro Abschiebung gerechnet wird.
Der erste geplante Abschiebeflug vor einem Jahr wurde durch eine einstweilige Verfügung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestoppt. Dieser hatte das Vorhaben der britischen Regierung untersagt, so lange die Gerichtsverfahren in Großbritannien nicht abgeschlossen sind. Im Dezember hatte der High Court in London geurteilt, die geplanten Abschiebungen seien rechtmäßig. Menschenrechtsgruppen riefen daraufhin das Berufungsgericht an.
Das Vorhaben von Braverman und Premierminister Rishi Sunak war international scharf kritisiert worden. Menschenrechtsvertreter bezeichneten es als Verstoß gegen internationale Verpflichtungen. Großbritannien hat keine Kapazitäten zur Aufnahme von Migrantinnen und Migranten aufgebaut und seit dem Brexit kein Rücknahmeabkommen mehr mit der EU. Zahlreiche Menschen sind deshalb in Hotels untergebracht, was hohe Kosten für die Steuerzahler verursacht.
In Österreich nützten die Grünen die Entscheidung für einen Seitenhieb auf die ÖVP von Kanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner, die sich für Asylverfahren in Drittstaaten stark machen. "Die Entscheidung des Londoner Berufungsgerichts, wonach die Abschiebung von Asylwerber:innen nach Ruanda rechtswidrig wäre, sollte uns endgültig klar machen: Die Phantasien einer Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten sind nicht umsetzbar. Vielleicht wäre das eine gute Gelegenheit, die Diskussion auch in Österreich wieder in realistische Bahnen zu lenken", teilte der Grüne Nationalratsabgeordnete Georg Bürstmayr in einer Aussendung mit.
Bürstmayr wies darauf hin, dass die Idee der Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten "nicht neu" sei und seit 25 Jahren diskutiert werde. Sie sei aber "aus gutem Grund nie auch nur im Ansatz umgesetzt worden", so der Rechtsanwalt mit Blick darauf, dass auch Dänemark entsprechende Prläne "aufgegeben" habe. "Grund genug, dass diese Ideen jetzt auch in Österreich endgültig aufgegeben werden." Die Grünen "werden jedenfalls auch weiterhin allen derartigen Ideen eine klare Absage erteilen und fühlen uns durch die Gerichtsentscheidung aus London ein weiteres Mal darin bestätigt".
Zusammenfassung
- Die britische Regierung ist vor Gericht mit ihren Plänen gescheitert, Asylbewerber nach Ruanda abzuschieben.
- Ein Berufungsgericht in London entschied am Donnerstag, das Vorhaben der konservativen Innenministerin Suella Braverman sei rechtswidrig.
- Die Richter entschieden mehrheitlich, dass Ruanda nicht als sicheres Drittland betrachtet werden kann.
- Im Dezember hatte der High Court in London geurteilt, die geplanten Abschiebungen seien rechtmäßig.