Können die Grünen die ÖVP unter Druck setzen?
"Die ÖVP ist aufgerufen, eine untadelige Person zu finden, die dieses Amt ausführen kann", sagte Klubobfrau Sigrid Maurer (Grüne) am Freitag. Dazu gab es von der ÖVP am Freitag noch keine Stellungnahmen - am Donnerstag allerdings zeigte in der ÖVP niemand Bereitschaft, Kurz fallen zu lassen. Sowohl die Landeshauptleute als auch die Regierungsmitglieder stellten sich geschlossen hinter den Bundeskanzler.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) meinte, dass die Festlegung der ÖVP auf Kurz dem Regierungspartner unbenommen sei. Die ÖVP als staatstragende Partei habe aber mehrere Möglichkeiten der Personalauswahl, bei der nicht jahrelang schwere Gerichtsverfahren drohten. Maurer sah das ähnlich. Es stünden schwere Vorwürfe, etwa Korruption und der Missbrauch von 1,3 Mio. Euro an Steuergeld im Raum. Kurz werde künftig ständig damit beschäftigt sein, diese Vorwürfe zurückzuweisen. "Es ist ganz klar, dass so jemand nicht mehr amtsfähig ist", sagte sie. Doch was können die Grünen tun?
Grüne von Opposition abhängig
Das wichtigste Druckmittel der Grünen sind derzeit die Gespräche mit der Opposition, die wohl auch entscheiden werden, wie die Grünen am kommenden Dienstag beim Misstrauensvotum gegen Kurz abstimmen werden. "Offensichtlich weigert sich die ÖVP, eine solche untadelige Person bereitzustellen, deswegen reden wir mit den anderen Parteien", mehr sagte Maurer nicht.
Dass die ÖVP dadurch die Regierungsbeteiligung verlieren könnte, war offensichtlich bisher nicht Druck genug, um auch nur annähernd von Kurz abzurücken. Nur vereinzelt sickerten bisher kritische ÖVP-Stellungnahmen durch. So kritisierte etwa Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer den Umgang mit der Justiz: "Ich habe in den letzten Monaten mehrmals betont, dass ich nichts davon halte, wenn die Justiz zur Zielscheibe von politischen Attacken wird". Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hatte am Donnerstag die Vorwürfe bereits als "schwerwiegend" bezeichnet, sein steirischer Amtskollege Hermann Schützenhöfer befand: "Die Härte der Vorwürfe ist unfassbar". puls 24 wallner
Theoretisch gibt es für die Grünen mehrere Möglichkeiten, eine Regierung ohne ÖVP zu formen, leicht wird das aber nicht. Es müssten hohe Hürden überwunden werden, denn es müssten SPÖ und FPÖ und Grüne oder NEOS eine Regierung bilden. Laut "Kurier" soll es in der SPÖ einen Plan für eine SPÖ-Grüne-NEOS-Regierung mit Duldung der FPÖ geben – mit Pamela Rendi-Wagner an der Spitze. Dazu äußerte sich Rendi-Wagner am Freitag selbst nicht und Herbert Kickl, der Vorsitzende der Freiheitlichen, erteilte sowohl der Duldung einer rot-grün-pinken Regierung als auch einem Expertenkabinett eine deutliche Absage.
Grüne können bei Neuwahlen wenig gewinnen
Mit der FPÖ wiederum haben die Grünen, aber auch SPÖ und NEOS deutliche Diskrepanzen, was die Corona-Politik oder den Umweltschutz angeht. Bei Neuwahlen wiederum hätten die Grünen wenig Erfolge vorzuweisen: Budget, Steuerreform und Klimaschutzpaket sind noch nicht beschlossen. Ob die ÖVP dem ohne Regierungsbeteiligung zustimmen würde, ist fraglich. Die Druckmittel der Grünen bleiben also beschränkt.
Zusammenfassung
- Die Grünen haben in der Regierungskrise am Freitag versucht, den Ball an die ÖVP zurückzuspielen und die Ablöse von Sebastian Kurz als Kanzler verlangt. Kann ihnen das gelingen? Leicht wird es jedenfalls nicht.
- "Die ÖVP ist aufgerufen, eine untadelige Person zu finden, die dieses Amt ausführen kann", sagte Klubobfrau Sigrid Maurer (Grüne) am Freitag.
- Allerdings zeigte in der ÖVP niemand Bereitschaft, Kurz fallen zu lassen. Sowohl die Landeshauptleute als auch die Regierungsmitglieder stellten sich geschlossen hinter den Bundeskanzler.
- Das wichtigste Druckmittel der Grünen sind derzeit die Gespräche mit der Opposition, die wohl auch entscheiden werden, wie die Grünen am kommenden Dienstag beim Misstrauensvotum gegen Kurz abstimmen werden.
- Theoretisch gibt es für die Grünen mehrere Möglichkeiten, eine Regierung ohne ÖVP zu formen, leicht wird das aber nicht. Es müssten hohe Hürden überwunden werden, denn es müssten SPÖ und FPÖ und Grüne oder NEOS eine Regierung bilden.
- Mit der FPÖ wiederum haben die Grünen, aber auch SPÖ und NEOS deutliche Diskrepanzen, was die Corona-Politik oder den Umweltschutz angeht. Bei Neuwahlen wiederum hätten die Grünen wenig Erfolge vorzuweisen.