Kickl sieht Gemeinsamkeiten mit ÖVP und SPÖ
Erst am Mittwoch hatte die freiheitliche Verfassungssprecherin Susanne Fürst die Hand deutlich in Richtung ÖVP ausgestreckt und die ÖVP eingeladen, gemeinsam die von der FPÖ propagierte "Festung Österreich" zu bauen. Auch ihr Parteichef zeigt sich nun gesprächsbereit, meint aber: "Das Problem, dass ich bei der ÖVP sehe, ist, dass dort die Glaubwürdigkeit nicht gegeben ist." Dies betreffe nicht nur den Bereich Migration, sondern auch das Versprechen, keine neuen Steuern einzuführen, sagte Kickl mit Verweis unter anderem auf die CO2-Steuer und ORF-Haushaltsabgabe.
Eine "Festung Österreich" wäre laut Kickl "nichts anderes als eine Fortsetzung der Asyl und Migrationspolitik, die ich als Innenminister begonnen habe". Damals habe man - ebenfalls in einer Koalition mit der ÖVP - begonnen, "Österreich als Asylstandort zu deattraktivieren". Die ÖVP habe viele dieser Maßnahmen wieder rückgängig gemacht. "Dass man uns seitens der EU verbieten will, unsere Haustür zuzusperren und zu sagen, wen wir reinlassen und wen nicht, damit finde ich mich nicht ab. 'No way' muss die Botschaft sein, die man in die Welt an illegale Einwanderer hinaus kommunizieren muss, wie es Australien macht", findet der FPÖ-Chef.
Aber auch eine Gesprächsbasis mit der SPÖ sieht Kickl für die Zeit nach der Nationalratswahl, selbst unter Parteichef Andreas Babler. Ob dieser bei Regierungsverhandlungen noch eine Rolle spielen wird, werde aber sicher vom Ergebnis am Sonntag abhängen, merkt Kickl an. "Es ist jetzt zurzeit ein bisschen ruhiger geworden, aber wir wissen ja, dass es im Hintergrund bei der SPÖ immer brodelt, dass es eigentlich mehrere SPÖs gibt." Aber: "Es steht mir nicht zu, in die Personaldiskussion einer anderen Partei einzugreifen."
Forderungen der politischen Gegner, selbst zumindest in die zweite Reihe zu treten, erteilt Kickl abermals eine Absage. Wenn ein Spitzenkandidat eine Wahl erfolgreich schlägt und die Partei außerdem zur stimmenstärksten macht, "dann soll auch derjenige die Person sein, die dann entsprechende Regierungsverhandlungen führt". Logisch und für jeden nachvollziehbar sei dann auch, dass diese Person dann auch die Regierungsmannschaft anführt. "Nur SPÖ und ÖVP stellen sich so blöd, dass sie es nicht verstehen wollen."
Dass die FPÖ im Wahlkampf zunehmend mit den Nationalsozialisten verglichen wird, wie zuletzt bei Aktionen des Volkstheaters und der Jüdischen Hochschüler, hält er für einen "unglaublich verantwortungslosen Umgang mit dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte". "Es ist, es ist geschichtsvergessen, es ist verantwortungslos, es ist dumm. Und als solches richtet sich das eigentlich von selbst." Der FPÖ-Obmann glaubt auch, dass der Vergleich "nach hinten losgeht, weil die Menschen sind gescheit genug, dass sie sich selbst ihre Meinung bilden."
In den von ihm heftig kritisierten Coronamaßnahmen und der geplanten Messenger-Überwachung sieht Kickl ein und dasselbe Problem - "die gleiche Alternativlosigkeit und Intoleranz". "Es ist unglaublich, wie schnell eine Gesellschaft aus einer demokratischen Normalität in einen totalitären Ausnahmezustand hinübergeführt werden kann." Ähnlich verhalte es sich im Umgang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und dem "Klima-Kommunismus", wie es der FPÖ-Chef bezeichnet.
Ein Stolperstein bei Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ könnte auch Kickls Forderung nach einem "Verbotsgesetz" für den politischen Islam sein. "Ich verstehe nicht, warum man sich dagegen wehrt." Kickl vermutet einen Zusammenhang mit möglicher Unterwanderung durch "islamistische Kräfte" - auch von SPÖ und ÖVP. Dabei wäre ein solches Gesetz "das einfachste und wirksamste Instrument", um Propagandisten aus dem Verkehr zu ziehen, die Finanzierung zu zerschlagen, Institutionen dauerhaft zuzusperren und die Errichtung von gewissen Gebetshäusern zu unterbinden: "Wir kennen den Feind, er heißt Islamismus. Wir haben ein Verbotsgesetz gegen den Nationalsozialismus, nach diesem Muster braucht es jetzt eine Parallelverschiebung zum politischen Islam."
Vielmehr sieht Kickl die FPÖ noch immer "als einzige Partei" in der christlich-abendländischen Tradition - obwohl sich auch Vertreter der römisch-katholischen Kirche mit dem Slogan "Euer Wille geschehe" provoziert fühlen. "Slogans, die drei Worte haben, sind gute Slogans", entgegnet Kickl und sieht die Botschaft vielmehr in Richtung der "politischen Eliten". Zudem habe sich ja nicht die gesamte katholische Kirche zu Wort gemeldet. Das Vaterunser sei außerdem nicht Eigentum der Kirche, sondern gehöre jedem Christen.
Dass der blaue Wahlkampfabschluss ausgerechnet vor dem Wiener Stephansdom stattfindet, ist für Kickl ebenso wenig Provokation, sondern eine "Anleihe an eine sehr erfolgreiche Phase" der FPÖ. Denn auch Jörg Haider habe an dieser Stelle eine große Schlusskundgebung abgehalten. "Der größte Erfolg, den wir bis dato vorzuweisen haben. Und da würden wir gerne anknüpfen und noch eines drauflegen."
Zusammenfassung
- Herbert Kickl sieht Koalitionsmöglichkeiten mit ÖVP und SPÖ und betont Gemeinsamkeiten bei Sicherheit, Wirtschaft, Soziales und Pensionen.
- Er besteht darauf, dass es keine FPÖ-Regierung ohne ihn an der Spitze geben wird und kritisiert die Glaubwürdigkeit der ÖVP, insbesondere in Bezug auf Migration und Steuerpolitik.
- Kickl fordert ein 'Verbotsgesetz' für den politischen Islam und vermutet eine mögliche Unterwanderung durch islamistische Kräfte.
- Er lehnt Nazi-Vergleiche als 'geschichtsvergessen' ab und sieht in den Coronamaßnahmen und der geplanten Messenger-Überwachung Parallelen zu totalitären Systemen.
- Der Wahlkampfabschluss der FPÖ wird vor dem Wiener Stephansdom stattfinden, was Kickl als Anleihe an eine erfolgreiche Phase der Partei sieht.