AFRICA/​ARMED FORCES AND SOLDIER/​ARMY FRANCE/​MILITARY VEHICLE/​TOPSHOTSFoto-/Videocredit: APA/AFP

Keine Spur von entführter Wienerin im Niger

Nach wie vor gibt es keine Spur von der im Niger entführten Österreicherin und keinen Anhaltspunkt, wer sie verschleppt haben könnte. So hieß es am Montag aus Kreisen der Familie in einem Telefongespräch mit der APA.

"Die Ruhe ist ein bisschen erschreckend", sagte das Familienmitglied, das nicht namentlich genannt werden will. Den Hergang der Entführung beschrieb es als "dilettantisch", er deute nicht darauf hin, dass "Super-Salafisten eingefallen sind".

Den Informationen zufolge waren es fünf großgewachsene, circa 30 Jahre alte Männer, die sich Zutritt zum Haus seiner 73-jährigen Mutter in Agadez verschafften. Dabei sei es zu einer Rangelei mit dem Wachmann des Hauses gekommen. Dabei löste sich ein Schuss aus einer Pistole, die die Entführer bei sich hatten. Der Schuss habe angeblich einen Kidnapper am Bein verletzt.

Die Wienerin wurde dann ohne größere Gewaltanwendung in ein Auto gezwungen und weggebracht.

"Wir wissen null"

Die Entführung habe "nicht sehr professionell" gewirkt. "Wir wissen auch nicht, ob die Kidnapper wissen, wen sie entführt haben." Das lasse einerseits hoffen, dass es sich nicht um islamistischen Terrorristen handelt. Andererseits sei dadurch zu befürchten, dass die Entführer unbedacht handeln könnten.

Dass die fünf Männer Turbane trugen und Haussa sprachen, sei nicht weiter auffällig und lasse keine Rückschlüsse zu. "Vieles ist Spekulation, wir wissen null", hieß es gegenüber der APA aus der Familie.

Im privaten Kulturverein aktiv

Die 73-Jährige ist seit 1996 mit dem von ihr gegründeten privaten Kulturverein Amanay im Niger aktiv und in Agadez am Rande der Sahara sehr gut vernetzt, auch mit den Behörden. Nach Angaben auf Facebook engagiert sie sich für die Bildung junger Menschen, etwa in Bereichen wie Musik, Gesundheit, Ökologie oder Handwerklichem wie der Schneiderei.

2010 baute sei dafür ein eigenes Kompetenzzentrum. Ihr gehe es um die Begegnung zwischen Kulturen, Religionen und Menschen, so das Familienmitglied. Sie sei sehr beliebt in der Region: "Alle sind betroffen." Die Frau hält sich jedes Jahr von September bis April im Land auf.

Solidarität

Eine Welle der Solidarität sei nach der Nachricht von der Entführung durch die Presse und die Bevölkerung gegangen. Es seien viele potenzielle Zeugen von der Gendarmerie befragt worden. Man setze jetzt auf Hinweise, mit denen die Täter, ihr Aufenthaltsort und ihre Motive ermittelt werden könnten. Den Tätern so auf die Spur gekommen, könnten dann etwa Verhandlungen über eine Freilassung begonnen werden, hofft die Familie.

"Ich weiß, dass alles unternommen wird, um an diese Informationen zu kommen", gab sich das Familienmitglied, das mit den Verhältnissen an Ort und Stelle selbst vertraut ist, zuversichtlich. Ohne Hinweise "die "Wüste zu durchkämmen macht die Sache aber schwierig".

Vom österreichischen Außenministerium und von der Botschaft in Algier fühle man sich "sehr gut betreut", der Austausch funktioniere reibungslos. Am Montagnachmittag wird im Außenamt in Wien eine weitere Krisensitzung in dem Fall abgehalten.

Eine Art Nagelprobe

Die Sicherheitslage in Agadez hat sich den Angaben zufolge seit dem Militärputsch im Niger im Juli 2023 und dem Abzug der dort stationierten französischen Soldaten nicht verschlechtert.

Die 73-jährige Frau sei zudem vorsichtig und aufgrund ihrer guten Vernetzung auch gut informiert gewesen. Vor diesem Hintergrund stellt sich der Entführungsfall als eine Art Nagelprobe dar, wie lückenlos die Militärregierung in der Hauptstadt Niamey die Kontrolle über das ganze Land hat.

ribbon Zusammenfassung
  • Die 73-jährige Österreicherin wurde in Agadez, Niger, von fünf Männern entführt, die Turbane trugen und Haussa sprachen. Die Entführung wirkte unprofessionell, was Hoffnung gibt, dass es sich nicht um islamistische Terroristen handelt.
  • Die Frau engagiert sich seit 1996 mit ihrem Kulturverein Amanay in der Region und ist dort gut vernetzt. Eine Welle der Solidarität ging durch die Presse und Bevölkerung, und viele potenzielle Zeugen wurden befragt.
  • Das österreichische Außenministerium und die Botschaft in Algier unterstützen die Familie intensiv. Die Entführung stellt eine Nagelprobe für die Kontrolle der Militärregierung im Niger dar, die seit dem Putsch im Juli 2023 besteht.