EuGH: Afghanische Frauen haben Asylrecht
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat entschieden: Diskriminierung afghanischer Frauen durch das Taliban-Regime kann als Verfolgungshandlung gewertet werden und somit die Anerkennung als Flüchtling rechtfertigen. Diese Einschätzung erfolgte auf Anfrage des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), der von den europäischen Kolleg:innen wissen wollte, ob die massiven Grundrechtsverletzungen in Afghanistan ausreichend für die Zuerkennung von Asyl sind.
Zwei Frauen mit afghanischer Staatsangehörigkeit hatten sich an den Verwaltungsgerichtshof gewandt. Grund war die Weigerung der österreichischen Behörden, ihnen den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen.
Asylrecht aufgrund von Geschlecht und Staatszugehörigkeit
Der EuGH stellte klar: Afghanische Frauen haben allein aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Staatszugehörigkeit ein Recht auf Asyl in Europa. Bestimmte Maßnahmen des Taliban-Regimes können als Verfolgung eingestuft werden. Insbesondere "Zwangsverheiratungen", die laut Gericht einer Form der "Sklaverei" gleichkommen und weitere systematische Grundrechtsverletzungen, etwa die Einschränkung der Bewegungsfreiheit, erfüllen diese Kriterien.
Die Richter betonten, dass solche Maßnahmen bewusst und systematisch darauf abzielen, Frauen in Afghanistan ihre Grundrechte und ihre Menschenwürde vorzuenthalten. Daher genüge es, bei der Asylprüfung lediglich die Staatsangehörigkeit und das Geschlecht der Betroffenen zu berücksichtigen. Ein Nachweis, dass afghanischen Asylwerberinnen bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland Verfolgung droht, muss laut dem Europäischen Gerichtshof nicht eigens geprüft werden.
Nationale Gerichte müssen weiterhin entscheiden
Das Urteil des EuGH betrifft jedoch keine einzelnen Fälle direkt, sondern liefert lediglich eine Auslegung des EU-Rechts. Die Entscheidung, ob afghanische Frauen Asyl erhalten, obliegt weiterhin den nationalen Gerichten, in diesem Fall dem österreichischen Verwaltungsgerichtshof.
FPÖ kritisiert, SPÖ lobt
Nicht alle begrüßen das Urteil. Scharfe Kritik äußerte die EU-Sprecherin des Freiheitlichen Parlamentsklubs und EU-Abgeordnete Petra Steger: "Es ist offensichtlich, dass Frauen in islamistisch regierten Staaten unterdrückt werden - und zwar nicht nur in Afghanistan. Daraus aber ein generelles Asylrecht für sämtliche Frauen abzuleiten, beweist, dass der EuGH völlig weltfremd ist und mit seinen Urteilen eine restriktive und am ursprünglichen Gedanken des Schutzes im nächstgelegenen sicheren Land orientierte Asylpolitik mit aller Kraft sabotiert."
Elisabeth Grossmann, SPÖ-Europaabgeordnete und Mitglied des Gleichstellungsausschusses lobte wiederum die Entscheidung als "wegweisend für Frauenrechte weltweit". Grossmann betonte, dass die Zuerkennung eines Asylrechts für afghanische Frauen ein wichtiges Signal gegen die frauenfeindlichen Strukturen in Afghanistan sei. "Frauenrechte sind Menschenrechte – in Europa, Afghanistan und überall auf der Welt", betonte sie.
Zusammenfassung
- Der Europäische Gerichtshof erkennt die systematische Unterdrückung afghanischer Frauen durch die Taliban als Verfolgung an – ein Urteil, das das Asylrecht in Europa verändern könnte.
- Doch nicht alle sind damit einverstanden.