Katzian will höheres Arbeitslosengeld
Dass die Wirtschaft die Finanzen alleine wieder in Balance bringt, hält Katzian für nicht realistisch: "Wer glaubt, man kann aus der Krise nur herauswachsen, der lebt am Mond." Zunächst müssten die Gewinner der Pandemie, die großen Digitalkonzerne etwas beitragen, wobei der Spitzen-Gewerkschafter hier eine europäische Initiative erwartet. Zudem werde man über eine Beteiligung von großen Vermögen reden müssen.
Zum Verhältnis mit der Regierung meinte Katzian, dieses habe sich unter Türkis-Grün wieder verbessert. Man werde zumindest in ordnungspolitischen Fragen wieder gehört, nicht aber bei Zukunftsfragen.
Nötig wäre für den ÖGB-Chef etwa eine Anhebung des Arbeitslosengeldes: "70 Prozent (Nettoersatzrate) ist immer noch wenig", meinte er zur entsprechenden Forderung der Gewerkschaft.
Klar ist für Katzian, dass es auch nach Auslaufen des gegenwärtigen Kurzarbeitsmodells Mitte des Jahres dieses Instrument brauchen werde. Immerhin sei die Kurzarbeit auch wesentlich billiger als die Arbeitslosenhilfe. Zudem gelte es in der Übergangsphase nach Ende der Pandemie die Altersteilzeit und das Soliprämien-Modell weiter zuentwickeln.
Weiters will der ÖGB-Präsident auch diverse Arbeitszeitverkürzungsvarianten diskutiert sehen. Schließlich tritt er dafür ein, dass in bestimmten Bereichen der Staat Menschen anstellt.
Ob der Lockdown weiter gelockert werden soll, wollte Katzian nicht beurteilen: "Ich maße mir nicht an, den Job einer Virologin oder eines Virologen zu machen." Der Gewerkschaftschef fordert aber ein, dass die Regierung einmal klare Parameter angibt, nach denen die Entscheidungen getroffen werden. Nicht zufrieden ist Katzian mit dem Tempo der Impfungen, was er teils der Regierung, teils der EU anlastet.
Nicht hinauslehnen wollte sich Katzian, ob Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wegen der jüngsten Beschuldigungen gegen ihn zurücktreten soll. Jeder Repräsentant müsse für sich entscheiden, was dies für seine Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit bedeute.
Von der Glaubwürdigkeit des ÖGB-Chefs ist wiederum die FPÖ nicht wirklich überzeugt. Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch meinte in einer Aussendung, dass die Gewerkschaft an der Mut- und Hilflosigkeit ihres Vorsitzenden scheitere und daher für die Arbeitnehmer nichts herausholen könne. Der ÖGB trage alle "desaströsen" Maßnahmen der Regierung mit und habe im Gegenzug nicht einmal eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes durchsetzen können.
Zusammenfassung
- ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian beklagt, dass in der Corona-Pandemie mehr Geld an Wirtschaft und Landwirtschaft als für die Arbeitnehmer geflossen ist.
- Die Kurzarbeit werde auch in der zweiten Jahreshälfte nötig sein, zur finanziellen Krisenbewältigung will er Vermögende zur Kasse bitten, wie der Gewerkschaftschef am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" ausführte.
- Von der Glaubwürdigkeit des ÖGB-Chefs ist wiederum die FPÖ nicht wirklich überzeugt.