Kanzler Nehammer im Bürgerforum: "Da kann man mehr Mitgefühl erwarten"

Karl Nehammer gibt seit 2021 den Bundeskanzler – zuletzt eckte er mit seinem Burger-Sager an, die Volkspartei liegt aktuell in einem Umfragetief. In der Rolle als empathischer Kanzler konnte er im Bürgerforum nicht überzeugen.

Bei "Pro und Contra Spezial" nach dem Bürgerforum diskutieren "Profil"-Innenpolitik-Chefin Eva Linsinger, SPÖ-Klubchef Philip Kucher und ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker bei Moderatorin Gundula Geiginger. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) war im Puls 24 Bürgerforum zu Gast. Dort diskutierte er unter anderem mit einer alleinerziehenden Mutter von vier Kindern.

Bundeskanzler Nehammer empfahl in einem Video armutsgefährdeten Menschen Burger bei McDonalds - das wurde als Verhöhnung wahrgenommen. Seit dem Bekanntwerden veranstaltete er einen Stammtisch mit karitativen Organisationen. Bei einer aktuellen Sonntagsfrage liegt die ÖVP mit 22 Prozent hinter der FPÖ, deren Parteichef Herbert Kickl seit Monaten den "Volkskanzler" gibt. Konnte Nehammer bei Puls 24 mit Bürgernähe überzeugen?

Fehlendes Verständnis

Es sei zwar nicht das erste Mal gewesen, dass er über das Burger-Video und die damit verbunden Vorwürfe spricht, so "Profil"-Innenpolitik-Chefin Eva Linsinger. Trotzdem sei der Kanzler "merkwürdig empathielos" gewesen. Nehammer habe zwar viel gesagt, viele Maßnahmen aufgezählt, aber "ein bisschen mehr Verständnis für die Situation wäre gerade in diesem Setting interessant gewesen" - insgesamt habe man im Bürgerforum "einen Kanzler gesehen, der seine Rolle sucht". 

Nehammer habe aber auch starke Momente in seiner Kanzlerschaft gehabt, so Linsinger.  Zum Beispiel in der Außenpolitik: Zu Beginn des Ukraine-Kriegs oder aktuell im Nahost-Konflikt. Der ÖVP-Kanzler habe versucht, sich staatsmännisch zu geben, so SPÖ-Klubchef Philip Kucher.

"Hören, was er sagt"

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker weiß, dass Nehammer auch emotional sein kann. "Heute, glaube ich, hat er durchaus Empathie gezeigt - man muss halt nur auch hören, wenn er es sagt." Wie schon der Kanzler im Bürgerforum betonte, wiederholt auch Stocker, dass es bessere Beispiele als "Burger" gegeben hätte. 

Der Bundeskanzler habe sehr wohl seine Rolle gefunden - "sonst hätte er dieses Land nicht so durch diese schwierigen Zeiten gebracht", ist sich Stocker sicher. 

Der Opposition, der SPÖ, warf Nehammer im Bürgerforum vor, die Aussagen in dem Video falsch dargestellt zu haben. Kucher sieht in dem Argument eine Ausrede, er denkt, dass die Menschen schon genau verstanden hätten, was Nehammer in dem Burger-Video sagen wollte. "Die Leute spüren ja, ob er in der Lage ist, mit einer alleinerziehenden Mutter mitzufühlen, die vier Kinder hat."

Der Kanzler habe ganz offen armutsgefährdete Kinder und Teilzeit arbeitende Mütter verspottet. Nehammer habe bewiesen, dass er kein "Gespür" für Menschen hat. "Da kann man mehr Mitgefühl erwarten". 

Zu viel ausgeschüttet

Bei der Teuerung habe man den Menschen zu wenig geholfen, lautet der Vorwurf. Aktuell falle der Regierung auf den Kopf, dass sie sich teilweise "selbst überholt" hat, so Journalistin Linsinger. Die Regierung habe zu hohe Milliardenbeträge "gegen" die Teuerung ausgeschüttet.

Alle anderen westeuropäischen Staaten hätten es mit der Teuerung besser gehandhabt als Österreich, so Kucher. Man habe zum Beispiel Lebensmittelpreise gedeckelt - hierzulande würden die Einmalzahlungen "verpuffen", "die Leidtragenden sind die Menschen in Österreich, die sich jetzt das tägliche Leben nicht mehr leisten können." 

Dem widerspricht Stocker: In Spanien, einem häufig hergenommenen Beispiel, sei zwar die Inflationsrate niedriger, dafür sei das Haushaltseinkommen gesunken. Die ÖVP habe, mal besser, mal schlechter versucht, den Menschen zu helfen, so Stocker - die von der SPÖ geforderten Markteingriffe hätten nirgends funktioniert, findet er. 

ribbon Zusammenfassung
  • Karl Nehammer gibt seit 2021 den Bundeskanzler - zuletzt eckte er mit seinem Burger-Sager an, die Volkspartei liegt aktuell in einem Umfragetief.
  • Seine Rolle als Kanzler habe der ÖVP-Politiker trotz Krisen nicht gefunden.
  • In der Rolle als empathischer Kanzler konnte er im Bürgerforum nicht überzeugen.