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Kämpfe im Sudan trotz angekündigter Waffenruhe

Auch nach einer angekündigten Waffenruhe sind die heftigen Gefechte im Sudan weitergegangen. Laut Augenzeugen waren Schüsse in der Hauptstadt Khartum auch am Abend zu hören. Die paramilitärische Gruppe RSF hatte sich am Nachmittag zu einer Feuerpause ab 18.00 Uhr bereit erklärt. Die Hoffnung darauf war ohnehin gering: Denn die gegen die RSF kämpfende sudanesische Armee hatte einer Waffenruhe im Voraus nicht zugestimmt.

Internationale Vermittler versuchen seit Tagen, die Konfliktparteien zu einem Waffenstillstand zu bewegen, um humanitäre Korridore zu schaffen. Bereits mehrmals wurden zugesagte Feuerpausen gebrochen. In dem nordostafrikanischen Land liefern sich Einheiten der Armee und der RSF-Miliz seit Samstag erbitterte Kämpfe. Zuvor war eine Einigung zur Eingliederung der RSF in die Armee gescheitert.

Für die in ihren Wohnungen festsitzenden Zivilisten wurde die Lage zunehmend hoffnungslos: Die Nahrungsmittel-Vorräte schwinden, der Strom fällt aus, Trinkwasser fehlt. Die Aussicht auf eine Evakuierung der Menschen am Dienstag war zerstört worden, nachdem eine humanitäre Feuerpause nur Minuten nach ihrem Inkrafttreten wieder gebrochen worden war.

39 der insgesamt 59 Krankenhäuser und Kliniken der Hauptstadt waren wegen der anhaltenden Kämpfe außer Betrieb, wie das sudanesische Ärztekomitee am Mittwoch mitteilte. Einige Krankenhäuser seien bombardiert, andere angegriffen und geplündert worden, hieß es. Das Komitee forderte eine "dringende Intervention" zum Schutz des medizinischen Personals und der Patienten.

Ein Mitarbeiter der Europäischen Kommission ist unterdessen angeschossen worden. Das bestätigte am Mittwoch eine Sprecherin der Behörde. Demnach handelt es sich um den Leiter des Büros der Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz (ECHO) in Khartum. Er ist Belgier und arbeitet seit 2019 dort in dieser Funktion.

Angaben zu den Umständen des Vorfalls und zur Schwere der Verletzung machte die Sprecherin aus Sicherheitsgründen nicht. Sie wollte auch nichts zu seinem aktuellen Aufenthaltsort sagen. Die "New York Times" berichtete, der Mann sei schwer verletzt worden, schwebe aber nicht in Lebensgefahr. Er soll in der Nacht von Sonntag auf Montag verschwunden und dann erst am Dienstag von Kollegen gefunden worden sein.

Bereits am Montagabend hatte die EU einen Angriff auf den EU-Botschafter im Sudan bestätigt. Der Ire Aidan O'Hara wurde nach jüngsten Angaben in seiner Residenz von bewaffneten Männern in Militärkleidung überfallen und ausgeraubt. Er blieb unverletzt.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Lage im Sudan als schwierig und bedrohlich. Deutschland werde bei einem möglichen Rettungseinsatz auch versuchen, Bürgern anderer Staaten eine Ausreise zu ermöglichen, sagte Scholz in Lissabon, wo er mit Ministerpräsident António Costa vor die Presse trat. "Der Krieg zwischen den Parteien, der da jetzt ausgebrochen ist im Sudan, ist sehr plötzlich über das Land gekommen. Viele sind sehr verzweifelt im Land", so der Bundeskanzler.

Eine von Deutschland geplante Evakuierung seiner Staatsbürger war wegen der Sicherheitslage zunächst abgebrochen worden. Die Flugzeuge waren am Mittwoch am frühen Morgen in Deutschland gestartet, waren aber wegen der unübersichtlichen Lage in Khartum wieder umgekehrt. Der Flughafen der Hauptstadt stand in den vergangenen Tagen im Zentrum der Kampfhandlungen. Regierungen verschiedener Länder planen ebenfalls, ihre Mitarbeiter aus dem Sudan in Sicherheit zu bringen. Tausende Ausländer sind noch vor Ort, darunter viele UNO-Mitarbeiter.

Österreich plant derzeit keine Evakuierung seiner Staatsbürger. Aus dem Außenministerium in Wien hieß es am Mittwoch auf Anfrage, aufgrund der Sicherheitssituation könne man den Leuten nur raten, dringend an einem sicheren Ort zu bleiben. Rund 45 Österreicherinnen und Österreicher befinden sich laut Informationen des Außenministeriums derzeit im Sudan, die meisten davon sind Auslandsösterreicher und deren Angehörige.

Der Weltgesundheitsorganisation zufolge sind seit Beginn der Kämpfe mindestens 296 Menschen getötet und rund 3000 weitere verletzt worden. Die tatsächliche Opferzahl dürfte aber weit höher liegen. Viele Verletzte schaffen es wegen der Gefechte nicht in ein Krankenhaus, mehrere Kliniken sind nach Angaben von Ärzten zudem geschlossen, von Kämpfern besetzt oder werden beschossen.

Die Kämpfe sind das Ergebnis eines tiefen Risses zwischen der Armee und der paramilitärischen RSF, die 2013 von dem - später von Armee und RSF gemeinsam gestürzten - Langzeit-Herrscher Omar al-Bashir gegründet worden war. Armeechef Abdel Fattah al-Burhan und RSF-Anführer Mohamed Hamdan Dagalo waren seit der Machtübernahme 2019 Verbündete, trotz mancher Spannungen.

Im Oktober 2021 führten beide auch den Militärputsch gegen die zivile Regierung an, wodurch der international unterstützte Übergang zur Demokratie gestoppt wurde. Dagalo, genannt Hemedti, nennt den Putsch inzwischen einen "Fehler", während Burhan weiter daran festhält. Am Samstag dann brachen heftige Kämpfe zwischen beiden Seiten aus. Die internationale Gemeinschaft hat beide Seiten aufgerufen, diese sofort einzustellen.

ribbon Zusammenfassung
  • Laut Augenzeugen waren Schüsse in der Hauptstadt Khartum auch am Abend zu hören.
  • Die paramilitärische Gruppe RSF hatte sich am Nachmittag zu einer Feuerpause ab 18.00 Uhr bereit erklärt.
  • In dem nordostafrikanischen Land liefern sich Einheiten der Armee und der RSF-Miliz seit Samstag erbitterte Kämpfe.
  • Zuvor war eine Einigung zur Eingliederung der RSF in die Armee gescheitert.
  • Am Samstag dann brachen heftige Kämpfe zwischen beiden Seiten aus.