Ultsch zur Ukraine: Situation "gefährlich wie Kuba-Krise"

Christian Ultsch, Ressortleiter der Außenpolitik bei "Die Presse", sieht im PULS 24 Interview "eine ganz neue Weltordnung" und fordert trotz geringer Erfolgschancen weitere diplomatische Gespräche zwischen dem Westen und Russland.

Ultsch sieht eine "totale Frontstellung zwischen Russland bzw. China und dem Westen". Der Journalist ist überzeugt, "dass es zu einer kompletten Entkoppelung kommt – wirtschaftlich und diplomatisch". Bereits jetzt würden die Wirtschaftsbeziehungen zurückgefahren und "enorme Sanktionen" verhängt.

"Ein Punkt ist noch offen, das ist die Energieversorgung", so Ultsch. Europa, insbesondere Deutschland und Österreich, hätten "das Interesse, die Gaslieferungen aufrechtzuerhalten", meint der Journalist, der allerdings anmerkt, dass es auch hier bereits Debatten darüber gibt, "ob nicht auch die Gas- und Ölversorgung zurückgefahren werden sollte".

"Neue Weltordnung"

"Es zeichnet sich eine ganz neue Weltordnung ab", führt Ultsch aus. Allerdings sei es "interessant", dass nicht die gesamte internationale Gemeinschaft "bei den Sanktionen mitmacht". Es seien "vor allem Europa, die USA – im Anschluss daran noch Japan und Südkorea, Australien – aber es gibt viele Staaten, die nicht mitmachen", meint der Journalist. So würden Indien als auch Brasilien sich "ähnlich wie China sehr zurückhalten".

"Grundproblem" fossile Brennstoffe 

Aktuell versuche man auch in Österreich alternative Energiequellen abseits von Russland "anzuzapfen". Ultsch merkt an, dass man das nicht "von einem Tag auf dem anderen" ändern könne. Der Journalist zeigt sich überzeugt, dass "solange es im unabdingbaren Interesse beider Seiten ist, sowohl für Russland als auch Europa" weiterhin das Gas fließen werde.

Ultsch sieht das "Grundproblem" allerdings bei "allen fossilen Brennträgern", denn "sie kommen alle zum großen Teil aus Ländern, die keine Demokratien sind – es gibt nicht nur lauter Norwegens da draußen". "Die Lösung ist es, dass man langfristig auf erneuerbare Energie setzt und weniger auf fossile Energie", ist der Journalist überzeugt.

"Ausstiegsrampe" für Putin 

Im aktuellen Konflikt findet es Ultsch "wichtig, dass man im Gespräch bleibt und auch Macron am Ball bleibt". Allerdings sei er "pessimistisch", was die Gespräche im Allgemeinen anbelange: "Ich sehe keine Konstellation, in der Putin ohne Gesichtsverlust aus dieser Situation herauskommt."

Die "Kunst der Diplomatie" müsse nun Putin eine Art "Ausstiegsrampe" bauen, so der Journalist. "Ich sehe das im Moment aber nicht, ich weiß nicht, welcher Kompromiss das sein könnte."

"Gefahr von Missverständnissen und Fehlinterpretationen" 

Dass Wladimir Putin einen NATO-Staat angreifen würde, hält Ultsch nicht für realistisch: "Ich denke, dass sich Putin bewusst ist, dass, wenn er einen NATO-Staat angreifen würde, er einen dritten Weltkrieg riskieren würde." Er gibt auch zu bedenken, dass Putin "nicht alleine einen Atombombenabwurf" anordnen kann. "Ich denke, dass er abgehalten werden würde, aber es ist natürlich die Gefahr immer gegeben – von Missverständnissen und Fehlinterpretationen".

Gefährlich wie Kuba-Krise 

Für den Journalisten ist die Situation "so gefährlich wie seit 1993 seit der Kuba-Krise nicht mehr". "Wir bewegen uns am Rande des Abgrunds – umso wichtiger ist es, in irgendeiner Form im Gespräch zu bleiben", sagt Ultsch.

ribbon Zusammenfassung
  • Christian Ultsch, Ressortleiter für Außenpolitik bei "Die Presse", sieht im PULS 24 Interview "eine ganz neue Weltordnung" und fordert trotz geringer Erfolgschancen weitere diplomatische Gespräche zwischen dem Westen und Russland.
  • Ultsch sieht eine "totale Frontstellung zwischen Russland bzw. China und dem Westen".
  • Er sieht das "Grundproblem" allerdings bei "allen fossilen Brennträgern", denn "sie kommen alle zum großen Teil aus Ländern, die keine Demokratien sind.
  • Dass Wladimir Putin einen NATO-Staat angreifen würde, hält Ultsch nicht für realistisch.
  • Für den Journalisten ist die Situation "so gefährlich wie seit 1993 seit der Kuba-Krise nicht mehr".
  • "Wir bewegen uns am Rande des Abgrunds – umso wichtiger ist es, in irgendeiner Form im Gespräch zu bleiben", sagt Ultsch.