Joschka Fischer: An Aufrüstung "führt kein Weg dran vorbei"
"Ich denke man ist gut beraten ihn erst zunehmen. Gewisses ist Säbelrasseln, aber ein ernstzunehmendes Säbelrasseln", sagt Joschka Fischer im Interview mit PULS 24 Infochefin Corinna Milborn auf die Frage, wie die von Wladimir Putin ausgerufene Teilmobilisierung zu sehen ist. Europa müsse aufrüsten.
Es sei ein Ausdruck dessen, dass Russland in der Ostukraine Schwierigkeiten habe. Hinter der Annexion, die durch ein Scheinreferendum zustande kommen soll, stehe auch die Nuklear-Doktrin. Die besagt, dass russisches Territorium auch nuklear verteidigt wird – das würde dann auch für die ostukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk gelten.
Aufrüstung
"Egal, wie das ausgeht, die Bedrohung wird bleiben", ist sich der ehemalige Politiker sicher. "Dagegen werden wir uns schützen müssen. Und da können wir uns nicht immer nur auf die Amerikaner verlassen. Wir werden also sehr viel mehr in die eigene Sicherheit investieren müssen, da führt kein Weg vorbei."
Europa sei eine wirtschaftliche Macht, aber keine geopolitische. "Wir müssen das ändern, wir müssen unsere Freiheit verteidigen. Das heißt auch Aufrüstung."
Gas-Stopp
Der ehemalige deutsche Vizekanzler und Außenminister glaubt auch, dass Putin das Gas abdrehen wird. "Kurzfristig ja. Er wird es in diesem Winter versuchen." Aus der Sicht von Fischer war es "extrem töricht, um nicht zu sagen dumm", dass sich Teile von Europa in die Abhängigkeit von Russland begeben haben – "alle Eier in einen Korb zu werfen war sehr kontraproduktiv".
Putin selbst könne man viel vorwerfen, "aber nicht, dass er nicht klar gesagt hat, was er will. Er wollte von Anfang an die große Revision des Ergebnisses des Kalten Krieges. (…) Man hat nicht geopolitisch gedacht, Putin hat geopolitisch gedacht".
Sanktionen
Die Stimmen werden lauter, die Sanktionen gegen Russland zu überdenken – auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) möchte diese evaluieren. "Um Gas zu bekommen: nein", sagt Fischer dazu. Damit würden wir einen "krassen Bruch der europäischen Grundsätze, der Friedensordnung" akzeptieren.
Dass Nachbarn von stärkeren Nachbarn überfallen werden, ist nicht hinnehmbar. "Wenn wir das akzeptieren, geraten wir in des Teufels Küche in Europa. Ein Blick in die europäische Geschichte mach doch klar, wo das hinführt."
Zusammenfassung
- "Ich denke man ist gut beraten ihn erst zunehmen. Gewisses ist Säbelrasseln, aber ein ernstzunehmendes Säbelrasseln", sagt Joschka Fischer im Interview mit PULS 24 Infochefin Corinna Milborn über Putin.
- "Egal, wie das ausgeht, die Bedrohung wird bleiben", ist sich der ehemalige Politiker sicher. "Wir werden also sehr viel mehr in die eigene Sicherheit investieren müssen, da führt kein Weg vorbei."