AFP

Biden: "Kein junger Mann, aber kann den Job machen"

Die Kritik nach dem desaströsen TV-Auftritt Joe Bidens im Duell gegen Donald Trump fällt vernichtend aus. Sogar über eine mögliche Ablöse wird spekuliert. Die "New York Times" fordert ihn offen zum Verzicht auf. Doch der Demokrat gibt sich kämpferisch und bekommt prominente Rückendeckung.

Für viele Anhänger der Demokraten sitzt der Schock nach der ersten Debatte der beiden Kandidaten um das Amt des US-Präsidenten tief. Der 81-jährige Joe Biden lieferte im Duell gegen den 78-jährigen Donald Trump ein desaströses Bild ab. 

Der Demokrat hatte bei dem TV-Duell gegen seinen republikanischen Herausforderer einen kraftlosen Eindruck gemacht und war immer wieder ins Stottern und Stocken geraten. 

47,9 Millionen Menschen schauten das Duell. Trotz eines Rückgangs von 35 Prozent im Vergleich zum letzten Duell sei es die höchste Zuschauerzahl in diesem Jahr abseits von Sportereignissen gewesen, so CNN.

"New York Times" fordert Biden zum Verzicht auf

In einer CNN-Umfrage sahen 67 Prozent der Zuschauer den früheren Präsidenten Trump als Gewinner des Duells. Bei den Demokraten löste das Fernsehduell große Beunruhigung aus. Und auch das Urteil der internationalen Presse fällt vernichtend aus: Die "New York Times" fordert Joe Biden in ihrem Leitartikel zum Rückzug seiner Kandidatur auf. 

Um dem Land zu dienen, müsse der 81-Jährige das Rennen um eine weitere Amtszeit verlassen, schrieb das sogenannte Editorial Board, eine Gruppe von Meinungsjournalisten, die von der Redaktion getrennt arbeitet. 

Trump vs. Biden: Erstes Duell

Biden sei ein bewundernswerter Präsident gewesen, schrieben die Journalisten in dem Meinungsbeitrag. "Unter seiner Führung ist die Nation aufgeblüht und hat begonnen, sich einer Reihe von langfristigen Herausforderungen zu stellen." Auch die durch seinen republikanischen Vorgänger Trump "aufgerissenen Wunden haben begonnen, sich zu schließen". Der größte Dienst, den Biden nun leisten könne, "wäre die Ankündigung, dass er bei der Wahl nicht mehr antreten wird", hieß es weiter.

"Zwei unwählbare Kandidaten"

"Biden, der in den Umfragen bereits deutlich zurückliegt, scheint immer weniger in der Lage zu sein, Trump von einer zweiten Präsidentschaft abzuhalten", heißt es auch im niederländischen "Volkskrant". 

"Trotz einer Woche intensiver Vorbereitung brachte Biden nichts zustande", urteilte die belgische Zeitung "De Tijd". "Während er verständlicherweise weiterhin auf der guten Bilanz seiner Regierung und der Gültigkeit seiner Pläne für die nächste Legislaturperiode beharrt, bestätigen verschiedene Faktoren, dass das Problem nicht die Botschaft, sondern der Bote ist", so die italienische "Corriere della Sera".

"Zwei unwählbare Kandidaten präsentierten sich: Der eine ein unbelehrbarer Demagoge, der andere ein vom Alter schwer beeinträchtigter Mann", kommentiert die "Neue Züricher Zeitung" und im britischen "Telegraph" heißt es schlicht: "Biden sollte nicht erneut für das Amt des US-Präsidenten kandidieren". 

"Ich weiß, ich bin kein junger Mann"

Davon will der amtierende US-Präsident aber nichts wissen. "Ich würde nicht wieder antreten, wenn ich nicht mit meinem ganzen Herzen und meiner Seele glauben würde, dass ich diesen Job machen kann", sagte der 81 Jahre alte Demokrat am Freitag bei einem Wahlkampfauftritt in Raleigh im US-Bundesstaat North Carolina.

"Ich weiß, ich bin kein junger Mann, um das Offensichtliche zu sagen", meinte Biden. Er laufe, rede und debattiere zwar nicht mehr so gut wie früher, so der Demokrat weiter. "Aber ich weiß, wie man die Wahrheit sagt." Er würde nicht antreten, wenn er nicht "mit Herz und Seele" daran glauben würde, dass er den Job machen könne. "Es steht zu viel auf dem Spiel." Bidens Anhänger skandierten "vier weitere Jahre".

Schützenhilfe von Obama

Schützenhilfe bekam Biden von Barack Obama. "Schlechte Duelle passieren. Glaubt mir, ich weiß das", schrieb der ehemalige Präsident am Freitag auf der Online-Plattform X.

"Aber diese Wahl ist immer noch eine Entscheidung zwischen jemandem, der sein ganzes Leben lang für die einfachen Leute gekämpft hat, und jemandem, der sich nur um sich selbst kümmert. Zwischen jemandem, der die Wahrheit sagt, der Recht von Unrecht unterscheiden kann und es dem amerikanischen Volk offen sagen wird - und jemandem, der zu seinem eigenen Vorteil schamlos lügt."

Das TV-Duell habe daran nichts geändert, schrieb Obama weiter. Deshalb stehe bei der Präsidentenwahl im November so viel auf dem Spiel. Seinem X-Beitrag war der Link zur Website von Bidens Wahlkampf-Team beigefügt, über den Spendengelder gesammelt werden.

Analyse: Erstes Duell zwischen Trump und Biden

ribbon Zusammenfassung
  • Die Kritik nach dem desaströsen TV-Auftritt Joe Bidens im Duell gegen Donald Trump fällt vernichtend aus. Sogar über eine mögliche Ablöse wird spekuliert.
  • Die "New York Times" fordert ihn offen zum Verzicht auf.
  • Doch der Demokrat gibt sich kämpferisch und bekommt prominente Rückendeckung.