"Islam-Karte": Uni-Wien-Rektor untersagt Logoverwendung
Kaum war die - bereits 2012 erstmals veröffentlichte und nun adaptierte - "Islam-Landkarte" am Donnerstag von u.a. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) präsentiert, hagelte es Kritik. Die Karte, die über 600 islamische Verbände, Organisationen und Moscheen erfasst, soll das Ziel haben, einen Überblick zu geben und jene zu identifizieren, die dem politischen Islam zuzurechnen sind, hieß es bei der Präsentation.
Teils sehr scharfe Kritik an dem Projekt übten die Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), die Grünen, die SPÖ und die NEOS. Die FPÖ sah sich hingegen bestätigt.
Ebenfalls Kritik kommt vom Rektor der Universität Wien Heinz W. Engel. In einer Aussendung auf der Homepage der Uni Wien distanziert er sich "insbesondere vom 'Impressum', in dem zur Meldung von 'Informationen zu einzelnen Vereinen oder Moscheen' aufgefordert wird" und untersagt die "Verwendung des Logos der Universität Wien". Projektleiter Aslan verwies im Gespräch mit der APA auf einen bestehenden Vertrag mit der Universität. Das Projekt sei mit dem Rektorat koordiniert worden. Die Verwendung des Logos der Uni sei in dem unterzeichneten Vertrag aber nicht explizit geregelt. Laut Aslan ist die Verwendung des Logos aber ohnehin nicht entscheidend. Freitagvormittag befand sich dieses noch auf der Website der Islamlandkarte.
Raab zu "Islam-Landkarte"
Kurz verteidigt Projekt
Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stellte sich hinter das Projekt. Bei der Islamkarte handle es sich um ein wissenschaftliches Projekt von anerkannten Professoren. Er sei davon überzeugt, dass dieses einen positiven Beitrag leisten können und leisten werde.
Grüne irritiert
Ihre Regierungsmitglieder oder ihr Klub seien weder eingebunden noch im Vorfeld informiert gewesen, distanzierten sich die Grünen in einer Aussendung von der "Islamlandkarte". Man sei "irritiert" über das Projekt und halte es für kontraproduktiv. Im Wissen darum, wie viele rechtsextreme Gefährder es in Österreich gibt und um die steigenden Angriffe auf muslimische Gruppen, hält Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr diese Vorgangsweise unverantwortlich. Die Stigmatisierung der muslimischen Communities durch diese Liste sei "massiv". Um im Sinn eines besseren Zusammenlebens echten Dialog zu ermöglichen, kündigte Integrationssprecherin Faika El-Nagashi einen eigenen runden Tisch mit den Communities und Experten an.
IGGÖ: Kampagne befeuere den Rassismus
Für die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich zeugt die "Islamlandkarte" nach dem Anti-Terror-Paket erneut von der "evidenten Absicht der Regierung, pauschal alle in Österreich lebenden Muslime und Musliminnen als potenzielle Gefahr zu stigmatisieren". Die Kampagne befeuere den Rassismus und setze die muslimischen Bürger "einem massiven Sicherheitsrisiko aus", betonte IGGÖ-Präsident Ümit Vural in einer Aussendung. Die seit Gründung der Dokumentationsstelle bestehende Befürchtung einer politischen Einflussnahme und Instrumentalisierung der Wissenschaft hat sich für ihn bestätigt. Vural kritisierte auch, dass die IGGÖ nie in das seit 2012 laufende Projekt - das teils stark veraltete und unrichtige Informationen enthalte - eingebunden gewesen und ihre jetzt eingeholte Stellungnahme nicht berücksichtigt worden sei: "Eine tatsächliche Dialogbereitschaft darf daher angezweifelt werden."
Ein gefährliches Beispiel für den Generalverdacht gegen Muslime ortete die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) in dem Projekt. Es stelle einen weiteren, gefährlichen Tiefpunkt dar, befand MJÖ-Vorsitzender Adis Serifovic. Unter dem Deckmantel von Transparenz und Dialogbereitschaft würden islamische Organisationen und Einrichtungen einem massiven Sicherheitsrisiko ausgesetzt.
Güngör zu Islam-Karte
SPÖ: "Angriff der ÖVP auf die muslimische Glaubensgemeinschaft"
Die "Landkarte" erkläre Muslime zur Zielscheibe feindlicher Attacken und stelle alle in Österreich lebenden Muslime unter Generalverdacht, übten die Wiener SPÖ-Gemeinderatsmitglieder Aslihan Bozatemur, Safak Akcay und Omar Al-Rawi harsche Kritik. Sie sprachen von einem "weiteren Angriff der ÖVP auf die muslimische Glaubensgemeinschaft". Mit der "Landkarte" würden sensible Daten wie Adressen und Namen öffentlich gemacht. "Das birgt eine große Gefahr für Institutionen, Jugendvereine, Bildungseinrichtungen", warnte Al-Rawi.
NEOS: Das "nächste türkise Ablenkungsmanöver
NEOS erachten die "Islamlandkarte" als das "nächste türkise Ablenkungsmanöver" angesichts der Korruptionsvorwürfe und Ermittlungen gegen Kanzler Sebastian Kurz. Für Integrationssprecher Yannick Shetty hat sich die Befürchtung bestätigt, "dass parteipolitisches Kalkül hinter der Arbeit der Dokumentationsstelle steckt und der Generalverdacht gegen Musliminnen und Muslime befeuert wird". Der Integrationsministerin Raab teilte er mit: Ihr Amt sei "nicht dafür da, eine ganze Religionsgruppe herauszupicken, unter Generalverdacht zu stellen und den Rechtsextremen in die Hände zu spielen, um von den Machenschaften der ÖVP abzulenken und die ,türkise Familie' zu schützen".
FPÖ sieht sich bestätigt
Die FPÖ sah sich hingegen in ihren Warnungen vor den Gefahren der "überschießenden und zum überwiegenden Teil illegal stattfindende Migration aus dem islamischen Kulturkreis" bestätigt. Mit den über 600 Einrichtungen auf der Islamlandkarte sei sichtbar geworden, "wie stark der Islam und damit auch islamistische Strömungen" in Österreich bereits verbreitet seien, meinte FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer. Er begrüßte, dass die Karte einen Gesamtüberblick biete. Ihm fehlten aber inhaltlich zu den einzelnen Moscheen, Vereinen und Kultusgemeinden noch "sehr viele Informationen".
Begrüßt wurde die Überblickskarte auch von ÖVP-Integrationssprecher Ernst Gödl. Anhand dieser sollen nun auch problematische Netzwerke und Vereine aufgezeigt werden. Die Ereignisse im letzten Jahr hätten gezeigt, wie notwendig der Kampf gegen die gefährliche Ideologie des politischen Islam für unsere Gesellschaft in Österreich ist, so der VP-Mandatar.
Zusammenfassung
- Kaum war die - bereits 2012 erstmals veröffentlichte und nun adaptierte - "Islam-Landkarte" am Donnerstag von u.a. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) präsentiert, hagelte es Kritik.
- Die Karte, die über 600 islamische Verbände, Organisationen und Moscheen erfasst, soll das Ziel haben, einen Überblick zu geben und jene zu identifizieren, die dem politischen Islam zuzurechnen sind, hieß es bei der Präsentation.
- Teils sehr scharfe Kritik an dem Projekt übten die Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), die Grünen, die SPÖ und die NEOS. Die FPÖ sah sich hingegen bestätigt.
- Ebenfalls Kritik kommt vom Rektor der Universität Wien Heinz W. Engel.
- In einer Aussendung auf der Homepage der Uni Wien distanziert er sich "insbesondere vom 'Impressum', in dem zur Meldung von 'Informationen zu einzelnen Vereinen oder Moscheen' aufgefordert wird" und untersagt die "Verwendung des Logos der Universität Wien
- Projektleiter Aslan verwies im Gespräch mit der APA auf einen bestehenden Vertrag mit der Universität. Das Projekt sei mit dem Rektorat koordiniert worden.