Regierung entschlossen
Europa nach Trump-Drohungen "auf sich allein gestellt"
Die ersten Wochen der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump in den USA haben international einiges durcheinander gewirbelt - mit potenziell massiven Folgen für Europa. Zoll-Drohungen, eingestellte Militärhilfen für die Ukraine: Für Kanzler Christian Stocker (ÖVP) steht fest, dass wir "große Herausforderungen in Europa bekommen werden", wie er im Interview bei PULS 24 Infochefin Corinna Milborn und dem stellvertretenden "Krone"-Chefredakteur Rainer Nowak sagte.
Deshalb müsse Europa jetzt sehen, "wie wir hier eine Lösung für die Ukraine finden". Denn: "Die Ukraine wurde angegriffen und nicht Russland." Der Eklat, bei dem Trump und sein Vize JD Vance vergangene Woche Selenskyj vor laufenden Kameras bloßstellte und maßregelte, "hat deutlich gemacht, wie sich Dinge verändern können". Wir sind jetzt ein "großes Stück weit mehr auf uns gestellt", betonte er.
Auch Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) zeigte sich "sehr in Sorge", was die USA betrifft. Die jüngsten Entscheidungen aus dem Weißen Haus hätten jetzt auch deutliche Auswirkungen "vor unserer Haustüre".
Große Bedeutung der Neutralität
Doch wie plant die Regierung nun, die Ukraine zu unterstützen? Österreich habe sich bisher immer in der Solidarität an dem orientiert, was die Europäische Union entschieden hat, so Stocker. Aber: "Militärhilfe wird schon aufgrund der Neutralität nicht möglich sein, aber wir werden unseren Beitrag leisten."
Österreich müsse man in eine europäische Strategie "einbetten", ergänzte Babler, soweit das "in unserer spezifischen Rolle als neutraler Staat" möglich sei.
Für Beate Meinl-Reisinger (NEOS) steht fest, dass sie als Außenministerin "wenig Schonfrist" erhält. Man müsse bedenken, dass Europa andere Interessen habe als die USA – ein Frieden in der Ukraine, "der auch hält".
"Europa ist in der Situation, sich auf die eigenen Füße stellen zu müssen." Hier habe sie in den vergangenen Tagen Einigkeit gesehen. Jetzt müsse man "unerschütterliche Entschlossenheit" zeigen, um zu "Freiheit und Frieden in Europa zu stehen".
Was ist mit der EU-Armee?
Eine immer wiederkehrende Forderung der NEOS war in den vergangenen Jahren eine gemeinsame europäische Verteidigung, quasi eine EU-Armee. Hier sieht sie sich nun bestätigt. Die vergangenen Wochen hätten den NEOS "in allem Recht gegeben, was wir in den letzten Jahren gesagt haben. Nämlich, dass Europa stärker autonom sein muss, wenn es um Sicherheits- und Verteidigungsfragen geht", so die Außenministerin.
Im neuen Amt kann sie solche Forderungen offenbar nicht mehr so offensiv vorantreiben – Stichwort Neutralität, an dem vor allem die Koalitionspartner nichts ändern wollen. Deshalb betonte sie gleich danach, dass man sich die Ausgestaltung ansehen müsse. Auch der Begriff "EU-Armee" fiel nicht.
Angesichts des massiven Budgetlochs sieht sie auch verschiedene Herausforderungen, insbesondere was die Finanzen anbelangt. Allerdings habe man "auch als neutrales Land" in einem vereinten Europa seinen Beitrag zu leisten.
Sparen, sparen, sparen: "Zwei harte Jahre"
Beim Thema Geld ist man dann auch schnell beim Sparprogramm, das die neue Regierung umsetzen muss. Allein heuer müssen zumindest 6,4 Milliarden Euro gespart werden, um ein EU-Defizitverfahren zu vermeiden. Insgesamt muss das Budget in sieben Jahren saniert sein. Für Babler ist es "keine kleine Nummer", Meinl-Reisinger schwor die Österreicher:innen zum wiederholten Male auf "zwei harte Jahre" ein.
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Deshalb werde es in den kommenden zwei Jahren "weniger, aber nicht gar kein Geld für Offensivmaßnahmen" geben. Sparen bedeutet, es fehlt auch Geld für wichtige Investitionen, um die von einer Rezession gebeutelte Wirtschaft wieder auf die Beine zu stellen. Dieser schwierigen Aufgabe werde man sich "stellen", betonte Kanzler Stocker.
Pensionen: Menschen sollen "gesund länger arbeiten"
Bei den Sparmaßnahmen rücken die Pensionen rasch in den Fokus. Das aktuelle System wird über kurz oder lang nicht mehr finanzierbar sein. Die Regierung spricht von "strukturellen Reformen", niemand soll länger als 65 Jahre arbeiten müssen – das bisherige gesetzliche Pensionsantrittsalter.
Viele Menschen arbeiten aber nicht so lange, wechseln etwa aus dem Langzeitkrankenstand direkt in die Pension. Stocker betont, dass sie das "faktische Pensionsantrittsalter heben wollen". Denn arbeiten die Österreicher:innen im Schnitt einen Monat länger, bringe das 200 Millionen Euro Entlastung.
Laut Babler sei es ein "gemeinsames Ziel", das gesetzliche Pensionsalter nicht anzugreifen, sondern die Menschen erst einmal dorthin zu bringen. Sie sollen "gesund länger arbeiten können". Das sei im Interesse der Menschen und "volkswirtschaftlich gscheit".
Zusammenfassung
- Die USA stellen die Militärhilfen für die Ukraine vorerst ein.
- Das bringt nicht nur das von Russland angegriffene Land in eine schwere Notlage, sondern setzt auch die EU massiv unter Druck.
- Die Regierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS zeigt sich bei PULS 24 darin bestärkt, dass sich Europa "auf eigene Füße" stellen muss und auch Österreich hier einen Beitrag leisten werde.
- Doch auch zu Sparprogramm und den Plänen bei der Pension äußert sich die neue Regierung.