In sechs Wochen wählt Wien
Rund 1,1 Mio. Wienerinnen und Wiener sind Ende April aufgerufen, einen neuen Landtag bzw. Gemeinderat zu wählen. Wien ist zugleich Bundesland und Gemeinde, die Zusammensetzung beider Gremien ist aber identisch. Dass die Gesamtzahl der Wahlberechtigten bei rund 1,4 Mio. Menschen liegt, hat damit zu tun, dass eine Wien-Wahl immer eine Art Superwahl ist. Denn auch über die Zusammensetzung der 23 Bezirksvertretungen wird entschieden. Bei den BV-Wahlen sind auch in Wien lebende Bürger anderer EU-Staaten wahlberechtigt.
Die Ausgangsbasis auf Gemeindeebene sieht folgendermaßen aus: Die Wahl 2020 brachte fast nur Gewinner. Die SPÖ kam auf 41,6 Prozent (plus 2 Prozentpunkte). Ihr damaliger Koalitionspartner, die Grünen, legte um rund 3 Prozentpunkte auf 14,8 Prozent zu. Gleich um 11 Prozentpunkte kletterte die ÖVP nach oben, die sich über 20,4 Prozent freuen durfte. Die NEOS erreichten 7,5 Prozent, ein Plus von 1,3 Prozentpunkten. Dramatisch war hingegen der Absturz der FPÖ. Gleich 23,7 Prozentpunkte büßten die Blauen nach dem Ibiza-Debakel ein. Sie landeten mit 7 Prozent am letzten Platz.
Inzwischen mussten alle Parteien ihre Listen fixieren. Dass die SPÖ mit ihrem Parteivorsitzenden Michael Ludwig und die FPÖ ebenfalls mit dem Parteichef, also mit Dominik Nepp, an der Spitze ins Rennen geht, war zu erwarten. Die Grünen mussten hingegen eine Entscheidung treffen, da die Partei von einem Duo angeführt wird. Peter Kraus ließ Judith Pühringer dabei den Vortritt in Sachen Listenplatz. Kurzfristig zur Zitterpartie wurde die Kür von Karl Mahrer zum ÖVP-Spitzenkandidaten. Er ist in der Causa Wienwert mit einer Untreue-Anklage konfrontiert, wurde aber letztendlich doch auf den ersten Platz gehievt.
Kurzfristige Rochade bei den NEOS
Ebenfalls spannender als erwartet wurde es bei den NEOS. Landessprecher Christoph Wiederkehr, der - zumindest damals noch - Bildungsstadtrat und Vizebürgermeister war, galt als logischer Spitzenkandidat. Zu diesem wurde er in einer Mitgliederversammlung auch bestimmt. Wenige Tage später stand allerdings fest, dass er Bildungsminister wird. Nach kurzem Zögern verzichtete er schließlich auf die Kandidatur in Wien. Die Listenzweite Selma Arapovic rückte damit an die Spitze. Allerdings soll bei den Pinken auch die neue Bildungsstadträtin Bettina Emmerling im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielen.
Bei der Gemeinderatswahl treten noch zwei weitere Listen flächendeckend an, da sie genug Unterstützungserklärungen sammeln konnten - nämlich KPÖ/Links sowie die Partei des einstigen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache. Der hatte nach dem Auffliegen seines Treffens mit einer mutmaßlichen Oligarchen-Nichte bereits 2020 versucht, mit abtrünnigen blauen Gemeinderäten in den Gemeinderat einzuziehen. Damals ist er jedoch gescheitert. Wer erst gar nicht mehr antritt, ist die Bierpartei. Auch in den Bezirken wird man sie am Stimmzettel vergeblich suchen, obwohl sie aktuell über einige Bezirksräte verfügt.
Erste Wahlplakate
Dass der Wahlkampf angelaufen ist, merkt man in der Stadt bereits an den ersten Wahlplakaten, wobei allerdings noch nicht alle Parteien hier mitmischen. Die offiziellen Wahlkampfauftakte stehen noch aus, sie werden jedoch bald am Programm stehen. Erste Umfragen gibt es bereits. Dass die Ergebnisse hier teils unterschiedlich ausgefallen sind, könnte auch an der stürmischen Zeit der Regierungsbildung im Bund liegen.
Relativ einhellig wurden jedoch der ÖVP Verluste und der FPÖ deutliche Zugewinne vorhergesagt. Grüne und NEOS scheinen im Bereich ihres Ergebnisses vor fünf Jahren zu liegen. Bei der SPÖ ließ Bürgermeister und Parteichef Michael Ludwig bei der roten Klubtagung vor wenigen Tagen wissen, dass man vom damaligen Resultat noch entfernt sei. Sollte sich Rot-Pink wieder ausgehen, wird jedenfalls damit gerechnet, dass die Regierungszusammenarbeit eine Fortsetzung erfährt.
Zusammenfassung
- Am 27. April wählen rund 1,1 Millionen Wienerinnen und Wiener einen neuen Landtag und Gemeinderat, nachdem die Wahl vorgezogen wurde.
- Die SPÖ unter Michael Ludwig und die FPÖ mit Dominik Nepp führen ihre Parteien in die Wahl, während die Grünen Judith Pühringer nominiert haben.
- Erste Umfragen deuten darauf hin, dass die ÖVP Verluste erleiden könnte, während die FPÖ mit Zugewinnen rechnen kann.