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Historiker wird neuer Schweizer Verteidigungsminister

Heute, 09:33 · Lesedauer 3 min

In der Schweiz führt künftig ein Historiker und früherer Oberst der Armee das Verteidigungsministerium. Die beiden Parlamentskammern haben Martin Pfister (61) am Mittwoch überraschend zum Nachfolger der scheidenden Ministerin Viola Amherd gewählt. Der Lokalpolitiker zieht am 1. April in den siebenköpfigen Bundesrat ein. Pfister gehört wie Amherd der Mitte-Partei an, die 2021 aus der ÖVP-ähnlichen CVP und der bürgerlichen BDP hervorgegangen ist.

Es ist eine Besonderheit der Schweizer Demokratie: Dort bestimmt nicht der Wahlsieger einer Parlamentswahl sein Kabinett. Vielmehr steht seit Jahrzehnten fest, dass die vier wählerstärksten Parteien in der Regierung, dem Bundesrat, sind. Das System soll Kontinuität und Stabilität schaffen. Minister entscheiden auch in der Regel selbst, wann sie zurücktreten. Viele sind zehn Jahre und mehr im Amt. Die Parlamentskammern wählen dann bei einem Rücktritt aus Kandidaten, die von ihrer Partei vorgeschlagen worden sind.

Pfister stammt aus dem wohlhabenden, steuergünstigen Kanton Zug rund 30 Kilometer südlich von Zürich. Er war dort bisher Leiter der Gesundheitsdirektion. Pfister galt als Außenseiter, kam bei den Parlamentariern aber überraschend gut an, besser als der Favorit Markus Ritter, Präsident des Bauernverbandes. Pfister bekam 134 von 245 Stimmen, Ritter 110.

Nach seiner Wahl nahm Pfister die Wahl in die Landesregierung an und legte den Amtseid ab. Anschließend wurde er von den Mitgliedern des Bundesrats begrüßt. Im Wahlkampf habe er noch gesagt, dass ihm Kasernen vertrauter seien als das Bundeshaus, sagte Pfister in seiner Rede zum Amtseid. "Doch inzwischen fühle ich mich in beiden Welten wohl."

Die Mitte-Partei ist mit einem Bundesrat in der Regierung vertreten. Dazu kommen je zwei Vertreter der wählerstärksten Rechtsaußen-Partei SVP, sowie der Sozialdemokraten und der Freidemokraten.

Krise im Verteidigungsministerium

Nach zahlreichen Rücktritten von hochrangigen Offizieren sowie dem Direktor des Nachrichtendienstes, Beschaffungsproblemen und einem Korruptionsfall beim staatlichen Rüstungskonzern Ruag steckt das Verteidigungsministerium in einer Krise. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges will die Schweiz ihre Armee aufrüsten. Über die Finanzierung des Ausbaus besteht aber keine Einigkeit. Zudem ist in dem neutralen Land eine Auseinandersetzung über die Auslegung der Neutralität und mögliche Waffenlieferungen entbrannt.

Die Grundfesten der Schweiz hätten einige Erschütterungen erlebt - im eigenen Land und außerhalb, sagte Pfister. Möglicherweise stünden große geopolitische Veränderungen bevor, die die Schweiz sicherheitspolitisch und auch in anderen politischen Feldern forderten. Es brauche deshalb ein außerordentliches Engagement auf allen Ebenen, betonte Pfister.

Zusammenfassung
  • Martin Pfister, ein 61-jähriger Historiker und ehemaliger Oberst, wird neuer Verteidigungsminister der Schweiz und tritt am 1. April in den Bundesrat ein.
  • Pfister wurde überraschend mit 134 von 245 Stimmen gewählt, während der Favorit Markus Ritter 110 Stimmen erhielt.
  • Das Verteidigungsministerium steht vor Herausforderungen wie Rücktritten und Beschaffungsproblemen, während die Schweiz ihre Armee im Zuge des Ukraine-Krieges aufrüsten möchte.