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Heimische EU-Abgeordnete zählen auf Post-Corona-Solidarität

Die EU-Abgeordneten Andreas Schieder (SPÖ), Monika Vana (Grüne) und Claudia Gamon (NEOS) zählen in der Coronakrise auf die europäische Solidarität. "Die große Stunde der EU" komme dann, wenn "aufgeräumt" werde, sagte Vana bei einem Video-Pressegespräch im Europa Club der Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) am Dienstag.

Die EU-Abgeordneten Andreas Schieder (SPÖ), Monika Vana (Grüne) und Claudia Gamon (NEOS) zählen in der Coronakrise auf die europäische Solidarität. "Die große Stunde der EU" komme dann, wenn "aufgeräumt" werde, sagte Vana bei einem Video-Pressegespräch im Europa Club der Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) am Dienstag.

"Wir werden ordentlich viel Geld brauchen", steht für den SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder fest. Seiner Ansicht nach führt kein Weg an der umstrittenen gemeinsamen Schuldenaufnahme vorbei. Es handle sich um einen "symmetrische Krise", die alle EU-Länder gleichermaßen betreffe und für deren Auswirkungen man die einzelnen Volkswirtschaften nicht beschuldigen könne. Auch Deutschland wisse das und sei überdies auf Absatzmärkte in zum Beispiel Italien und Spanien angewiesen.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Dienstag im Vorfeld des Europäischen Rates bekanntgegeben, sich eine deutliche Anhebung des nächsten mehrjährigen EU-Budgets sowie Anleihen, die durch Garantien der Mitgliedstaaten abgesichert würden, vorstellen zu können. Bisher lehnte Deutschland eine Erhöhung des EU-Finanzrahmens für 2021 bis 2027 wie Österreich und weitere sogenannte Nettozahler-Staaten ab.

Auch die Vergemeinschaftung von Schulden wurde kategorisch eine Absage erteilt. Nach Angaben von Experten könnte nun aber ein Mittelweg zwischen den Forderungen der Euro-Südländer nach Corona-Bonds und etwa Österreich oder auch den Niederlanden gefunden werden, welche diese ausschließen.

Gamon drückte ihre Bewunderung für das politische Talent der Kanzlerin aus, die als einzige vor dem Gipfel der Europäischen Staats- und Regierungschefs mit einem Kompromissvorschlag aufwartete. Anderen Ländern fehle diese Fähigkeit, so Gamon, auch Frankreich habe sich in dieser Hinsicht nicht hervorgetan. Die liberale EU-Abgeordnete führe dies auf innenpolitische Interessen zurück. Auch sie sieht es als zielführend an, das EU-Budget aufzustocken, "damit schnell Geld fließen kann".

Mit einem EU-Budget in Höhe von einem Prozent der EU-Wirtschaftsleistung können die Coronakrise und der Klimawandel nicht gleichzeitig bewältigt werden, ist die Delegationsleiterin der Grünen überzeugt. Die vom Europaparlament geforderten 1,3 Prozent sollten ihrer Meinung nach als Mindestmaß für die Verhandlungen dienen, so Vana. In der Krise würde die EU von den Versäumnissen der Vergangenheit eingeholt, sagte sie. EU-Eigenmittel wie eine Finanztransaktionssteuer fehlten. Eine Reform zugunsten eigener Einnahmequellen der EU sei nötig.

Für Vana darf der "Green Deal" genannte Klimaschutz-Plan der EU-Kommission, mit dem bis 2050 die EU die Klimaneutralität erreichen soll, "kein Nebenschauplatz" sein. Klimaschutz sei das beste "Konjunkturprogramm". Auch nach Ansicht des SPÖ-EU-Delegationsleiters Schieder gilt es, den Wiederaufbau mit zusätzlichen Zielen zu verbinden. Als zweiten Punkt nannte er soziale Gerechtigkeit.

Laut der Delegationsleiterin der Grünen wird zwar viel über die Rezession geredet, die Diskussion über Arbeitslose fehle aber. "Solidarität ist kein Luxus", erklärte sie und forderte die Schaffung einer gemeinsamen Arbeitslosenversicherung im Rahmen einer europäischen Sozialunion. Als "großes Problem bei der Weiterentwicklung des sozialen Europas" sieht sie die EU-Staats- und Regierungsschefs. Der Europäische Rat stelle ein "Nadelöhr" dar, die Minister seien "viel progressiver". Deshalb würde sie manches gerne am Europäischen Rat "vorbeispielen, um schneller weiterzukommen".

Von allen drei EU-Mandataren wurde vor allem angesichts der ungarischen Regierungspolitik die Verknüpfung der Vergabe von EU-Mitteln an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in den EU-Ländern gefordert. Schieder zeigte sich zuversichtlich, dass dies nun Realität wird. Die Rote Linie sei überschritten, Europa habe verstanden, es brauche Richtlinien.

Die EU-SPÖ-Abgeordnete Evelyn Regner brachte am Dienstag per Aussendung einen weiteren Aspekt ein. Sie forderte, dass die EU dem Beispiel Dänemark folge und "alle Unternehmen, die in Steueroasen registriert sind, von Corona-Hilfen ausschließe". Zusätzlich brauche es eine Behaltefrist von Beschäftigten, das Aussetzen von Dividendenausschüttungen und Bonizahlungen und die Erfüllung von Nachhaltigkeitszielen als Bedingungen für Hilfen der öffentlichen Hand, so Regner. "Die wirtschaftliche Erholung liegt im Interesse aller, denn die europäischen Volkswirtschaften sind eng miteinander verwoben", erklärte die Europa-Abgeordnete.

Das EU-Parlament hat am Freitag eine Resolution zur Bewältigung der Coronakrise verabschiedet. Mit großer Mehrheit sprachen sich die EU-Abgeordneten für gemeinsame "Aufbau-Anleihen" zur Finanzierung eines 1,5 Billionen Euro schweren Wiederaufbaufonds aus, für die als Garantie das erhöhte EU-Budget dienen solle.

Bisher einigten sich die EU-Länder auf ein dreiteiliges Corona-Hilfspaket in Höhe von rund 540 Mrd. Euro, das sich aus Kreditzusagen des Euro-Rettungsfonds ESM, Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) für Firmen sowie der Förderung von Kurzarbeit zusammensetzt. Am Donnerstag sollen die Europäischen Staats- und Regierungschefs darüber sowie über die Schaffung des Wiederaufbaufonds entscheiden.

ribbon Zusammenfassung
  • Die EU-Abgeordneten Andreas Schieder (SPÖ), Monika Vana (Grüne) und Claudia Gamon (NEOS) zählen in der Coronakrise auf die europäische Solidarität.
  • "Die große Stunde der EU" komme dann, wenn "aufgeräumt" werde, sagte Vana bei einem Video-Pressegespräch im Europa Club der Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) am Dienstag.
  • "Wir werden ordentlich viel Geld brauchen", steht für den SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder fest.