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Albertina zeigt Renaissance-Zeichnungen auf farbigem Grund

Heute, 12:26 · Lesedauer 5 min

Back to the roots: Die große Antrittsausstellung des neuen Albertina-Generaldirektors "verweist auf die große Tradition des Hauses und auf eine der weltweit bedeutendsten Grafiksammlungen". Das sagte Ralph Gleis am Donnerstag bei der Presseführung zu der Schau "Leonardo - Dürer. Meisterzeichnungen der Renaissance auf farbigem Grund", die am Abend mit Österreichs erster Kinder-Vernissage eröffnet wird. Gleis gab das Motto aus: "Kids first!"

Die von Freitag bis 9. Juni allgemein zugängliche Ausstellung sei opulent, bediene die Schaulust und sei keinesfalls nur etwas für Spezialisten, freute sich der neue Albertina-Chef. Doch auch die Experten dürften sich freuen - immerhin behandelt das "forschungsbasierte Projekt" laut Albertina das Thema der sich ab 1400 entwickelnden Technik des Hell-Dunkel-Zeichnens auf farbigem Papier erstmals übergreifend für die Regionen nördlich und südlich der Alpen und versammelt ganze 146 Kunstwerke, zwei Drittel davon aus der eigenen Sammlung. "Wir haben aus dem Vollen schöpfen können", strahlte Gleis. Von den beiden Titelgebern der Ausstellung ("Zwei der größten Namen in der Kunst überhaupt.") hat man es geschafft, paritätisch je 26 Werke zu zeigen. Für Gleis ein Beweis für die hervorragenden internationalen Kontakte des Museums.

Diese reichen bis ins britische Königshaus. Als er sich bald nach seiner Designierung als Generaldirektor mit den beiden Kuratoren Achim Gnann und Christof Metzger ("Zwei Koryphäen auf ihrem Gebiet!") auf das Ausstellungsprojekt, das die Kernkompetenz der Albertina hervorheben soll, verständigte, reiste man nämlich sogleich nach Windsor Castle. Die dortige reiche Leonardo-Sammlung sollte die eigenen Defizite ausgleichen. Die Reise war erfolgreich. Unter zahlreichen Blättern ist nun der Hinweis zu lesen: "Lent by His Majesty King Charles III."

Die Ausstellung, deren kräftige, in Blautönen gehaltene Wandfarben ebenso leicht irritieren wie die stark reduzierte Beleuchtung, ist grundsätzlich chronologisch gehängt, unterbrochen von manchen Themenschwerpunkten und Konfrontationen, die zeigen sollen, wie unterschiedlich mitunter die großen Meister im Norden wie im Süden einzelne Themen gelöst hatten. Der Parcours bringt nicht nur die Begegnung mit atemberaubender Virtuosität im Umgang mit Tiefe und Details, sondern auch den Gegenbeweis zum Ausgangspunkt, nämlich Cennino Cenninis "Il libro dell'arte" und dessen Bemerkung, die Zeichnung in Hell und Dunkel sei "der Anfang und die Pforte zur Malerei".

"Absolute Gleichrangigkeit mit der Malerei"

Während in Italien der Zeichnung nämlich eher eine Rolle für die Anfertigung von Skizzen und Studien zugewiesen wurde, bekam sie in Deutschland einen eigenen Stellenwert. Nicht nur Dürers "Betende Hände", neben Leonardos "Halbfigur eines Apostels" einer der absoluten Höhepunkte der Ausstellung, sei in seiner Präzision unglaublich und markiere in der "absoluten Gleichrangigkeit mit der Malerei" den "Beginn der Zeichenkunst um ihrer selbst Willen", sagte Christof Metzger: "Er geht da in den absoluten Nano-Bereich und weit über das hinaus, was es für eine Vorzeichnung braucht." Heute ist diese Detailstudie deutlich berühmter als der ganze von Albrecht Dürer und Matthias Grünewald gemalte Heller-Altar, in dem sich die betenden Hände an einem Apostel der Mitteltafel wiederfinden lassen.

Die Papiere seien damals relativ grob gewesen, erläuterte Achim Gnann, weswegen man sie grundieren musste. Bald kamen Künstler auf die Idee, der Grundierung aus Knochenmehl und Leim auch Farbpulver dazu zu mischen - was für die Arbeit mit Metallstiften und die mit feinsten Pinseln aufgetragenen weißen Erhöhungen einzigartige Wirkungen ermöglichte. In der Ausstellung trifft man auf rote, blaue, braune und grüne Grundierungen in allen Nuancen, und obwohl es naheliegend sei, Rot etwa mit menschlichem Fleisch in Verbindung zu bringen, und Blau mit dem Himmel, müsse man von Verallgemeinerungen absehen, meinte Gnann - und lieferte selbst eine: Bei Leonardo, der auch der Erste war, der rot auf rot gezeichnet habe, sei "seine Kunst ohne seine wissenschaftlichen Interessen unvorstellbar - und umgekehrt". Immerhin: Leonardos Zeichnung "Innere Anatomie der linken Herzkammer" liefert - mit Tinte und Feder auf blauem Naturpapier gezeichnet - einen eindrucksvollen Beweis dafür.

Auch Ritter und Hexen

In der Konzentration auf die Konfrontation von Leonardo da Vinci mit Albrecht Dürer könnte man beinahe übersehen, dass die Ausstellung nicht nur die "bisher umfassendste Präsentation Leonardos im deutschsprachigen Raum" ist, sondern neben unzähligen Variationen von plastisch gearbeiteten Händen und Faltenwürfen von prominentesten Namen wie Raffael, Tizian, Parmigianino, Albrecht Altdorfer oder Hans Holbein d. Ä., auch ganz andere Motive zu bieten hat: Da finden sich Ritterturnier, religiöse und mythologische Themen ebenso wie groteske Hexendarstellungen von Hans Baldung Grien. Letztere könnten - auch in ihrer üppigen Nacktheit - zumindest bei der Kinder-Vernissage eine der Hauptattraktionen darstellen.

(S E R V I C E - "Leonardo - Dürer. Meisterzeichnungen der Renaissance auf farbigem Grund", Albertina, 7. März - 9. Juni, Tgl. 10 - 18 Uhr, Mittwoch und Freitag 10 - 21 Uhr, Katalog, erschienen im Hirmer Verlag: 400 Seiten, 39,90 Euro, Albertina, Wien 1, Albertinaplatz 1, www.albertina.at )

Zusammenfassung
  • Die Albertina in Wien zeigt vom 7. März bis 9. Juni die Ausstellung 'Leonardo - Dürer. Meisterzeichnungen der Renaissance auf farbigem Grund'.
  • In der Ausstellung werden 146 Werke präsentiert, davon stammen zwei Drittel aus der eigenen Sammlung der Albertina.
  • Höhepunkte sind jeweils 26 Zeichnungen von Leonardo da Vinci und Albrecht Dürer, die die Technik des Hell-Dunkel-Zeichnens auf farbigem Papier zeigen.
  • Einige der Leonardo-Zeichnungen wurden aus Windsor Castle geliehen und stammen aus der Sammlung von König Charles III.
  • Neben den Hauptwerken gibt es auch Darstellungen von Rittern und Hexen sowie Werke anderer berühmter Künstler wie Raffael und Tizian.