Hamas will während 50-tägiger Feuerpause Geiseln freilassen
Unter welchen Umständen die Aufnahmen entstanden sind und ob der Mann sie, wie er sagt, tatsächlich selbst aufnehmen wollte, war zunächst unklar. Er ist darin auch weinend zu sehen. Der Mann widerspricht auch der israelischen Betrachtung, dass Geisel-Videos der Hamas als Mittel der psychologischen Kriegsführung dienen. Der wahre psychologische Krieg sei es, jeden Tag ohne seinen kleinen Sohn und seine Frau aufzuwachen, sagt dazu der Israeli.
"Ich will hier raus", ruft der Mann, den palästinensische Terroristen am 7. Oktober 2023 vom Nova-Musikfestival in den Gazastreifen entführten. Während er an seinem Oberteil reißt, schreit er zudem: "Ich ersticke, ich ersticke!". Seine Familie stimmte der Verbreitung des Videos zu. Der junge Mann war bereits in einem am Montag von der Hamas veröffentlichten Video zu sehen.
Unterdessen begann die israelische Armee in der Gaza-Grenzstadt Rafah mit "Aktivitäten am Boden", um die Sicherheitszone im Süden des Gazastreifens zu erweitern. Israel hatte am 18. März Bombenangriffe und Bodenoperationen gegen die Hamas wieder aufgenommen, um den Druck auf die Gruppe zu erhöhen, Geiseln freizulassen. Auch Samstag gab es wieder Luftangriffe. "Während der Angriffe wurden Dutzende Terroristen eliminiert", hieß es in einer Erklärung der israelischen Armee. Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen in den vergangenen 24 Stunden rund 25 Menschen ums Leben.
Netanyahu spricht von Gegenangebot
"Vor zwei Tagen haben wir einen Vorschlag der Vermittler in Ägypten und Katar erhalten. Wir haben uns positiv mit ihm befasst und ihn akzeptiert", sagte al-Hayya in einer Fernsehansprache. "Wir hotten, dass die Besatzung ihn nicht untergraben wird", fügte er mit Blick auf Israel hinzu.
Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu hatte zuvor erklärt, seine Regierung habe von den Vermittlern einen Vorschlag erhalten und in Abstimmung mit den USA ein Gegenangebot gemacht. Laut der Nachrichtenseite "ynet" fordert Israel die Freilassung von zehn Verschleppten. Die Feuerpause soll laut Hamas an den Festtagen nach Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan beginnen. Die Tage zur Feier des Eid al-Fitr beginnen in den Palästinensergebieten und vielen anderen Ländern am Sonntag.
Einigung voraussichtlich erst nach Eid al-Fitr
Eine Einigung kann wegen des israelischen Gegenvorschlags voraussichtlich erst nach Eid al-Fitr erzielt werden, wie das israelische Nachrichtenportal "walla" unter Berufung auf einen israelischen Beamten meldete. Demnach könnten auch Leichen von Verschleppten im Rahmen eines neuen Deals an Israel übergeben werden. Der ägyptische Entwurf ähnle einem Vorschlag des US-Sondergesandten Steve Witkoff, den dieser vor einigen Wochen vorgelegt habe, hieß es in dem Bericht weiter. Damals habe die Hamas den Vorschlag abgelehnt.
Terrororganisation wegen Demonstrationen unter Druck
Israelische Medien mutmaßten, die Hamas wolle eine mögliche Waffenruhe auch deshalb erreichen, um die jüngst im Gazastreifen ausgebrochene Demonstrationen gegen sie einzudämmen. Dies sei derzeit aufgrund der Angriffe Israels im Gazastreifen nicht möglich.
Tausende Israelis demonstrieren für Freilassung
In Israel demonstrierten indes wieder tausende Menschen für eine Freilassung der Geiseln. Allein zu mehreren Kundgebungen in der Küstenmetropole Tel Aviv kamen israelischen Medien zufolge etliche Tausend Menschen. Einige Proteste richteten sich dabei auch explizit gegen die rechtsreligiöse Regierung unter Ministerpräsident Netanyahu. Die Veranstalter einer Kundgebung sprachen von Zehntausenden Teilnehmern. Iair Horn, der Mitte Februar aus der Geiselhaft im Gazastreifen freikam, kritisierte in einer Rede die Wiederaufnahme des Kriegs in dem Palästinensergebiet. Die Kämpfe gefährdeten alle Geiseln, sagte er. Auch in anderen Orten des Landes, darunter in Haifa und Jerusalem, gab es Demonstrationen für ein Gaza-Abkommen mit der Hamas.
Auslöser des Krieges war der Überfall der Hamas und anderer extremistischer Gruppierungen in Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Seither kämpft Israel gegen die Hamas. Den Gesundheitsbehörden im Gazastreifen zufolge wurden dabei bisher mehr als 50.100 Menschen getötet. Bei einem Drittel davon handelt es sich demnach um Kinder und Jugendliche. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Internationale Organisationen wie die UNO halten sie jedoch für weitgehend glaubwürdig.
Zusammenfassung
- Hamas plant, während einer 50-tägigen Waffenruhe fünf Geiseln freizulassen und hat einem ägyptischen Vorschlag zugestimmt.
- Ein Video zeigt einen israelischen Geisel, der um seine Freilassung bittet und die psychologische Belastung beschreibt, getrennt von seiner Familie zu sein.
- Die israelische Armee intensiviert ihre Bodenoperationen in Rafah, um den Druck auf Hamas zu erhöhen und Geiseln freizulassen.
- Israel hat ein Gegenangebot gemacht, das die Freilassung von zehn Geiseln fordert, während in Israel tausende Menschen für die Freilassung demonstrieren.
- Der andauernde Konflikt hat über 50.100 Tote gefordert, darunter ein Drittel Kinder und Jugendliche, was von internationalen Organisationen als glaubwürdig eingestuft wird.