Green Deal in Gefahr? Europäische Volkspartei will Naturschutz "mit Hirn"
Mit dem Renaturierungsgesetz sollen zerstörte Ökosysteme wieder saniert werden. Das reicht von landwirtschaftlichen Flächen und Flüssen über Wälder bis hin zu städtischen Gebieten. Gesunde Ökosysteme können CO₂ besser speichern. Damit sollen Hitzewellen, Dürren, Starkregenereignisse und Überschwemmungen abgeschwächt werden.
Im zuständigen Umweltausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel hat das Gesetz aber keine Mehrheit gefunden - die Abstimmung fiel denkbar knapp mit 44 zu 44 aus. Blockiert wird das Vorhaben besonders von der Europäischen Volkspartei (EVP). Dem Klimaschutz müsse man "mit Hirn" begegnen, kritisiert auch ÖVP-Europa-Abgeordneter Lukas Mandl im PULS 24 Interview in Brüssel. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission sei man "auf dem Holzweg".
Der ÖVP-EU-Abgeordnete Lukas Mandl will Klimaschutz "mit Hirn", sagte er im PULS 24 Interview. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission sei das nicht möglich.
"Natürlich gehören Flächen saniert, aber nicht in dem das Eigentumsrecht in Frage gestellt oder sogar ausgehebelt wird", so Mandl weiter. Das Gesetz sei Resultat einer "Verbots- und Überregulierungspolitik". Dass es dazu nun nicht komme, wertet Mandl als Erfolg. Einige der geplanten Maßnahmen bezeichnete er als "freiheitsberaubend". Die FPÖ sprach in einer Aussendung gar von einem Sieg gegen die "Bauern-Enteignung".
Diese Vorwürfe weist EU-Parlamentarier Thomas Waitz (Die Grünen) entschieden zurück. "Es gibt keinen Eingriff in die Eigentumsrechte", stellt er die Kritik der EVP klar. Sollten Landwirte durch die Wiederherstellung der Natur Nachteile haben, "muss das natürlich kompensiert werden", so Waitz.
Kein Nachteil für die Forstwirtschaft
Sorge gab es bei der EVP auch wegen möglichen Einschränkungen für die Forstwirtschaft. So war die Sorge groß, dass weniger Fläche zur Bewirtschaftung übrig bleibe. Auch diesem Argument kann Waitz nichts abgewinnen.
Man habe in Österreich ohnehin ein sehr strenges Forstschutzgesetz und die Ziele seien, die Forstwirtschaft umweltfreundlich zu gestalten - auch im Sinne der Forstwirt:innen: "Es hilft uns ja nichts als Waldbauern, wenn uns dann hektarweise die Fichten-Monokulturen eingehen aufgrund der Klimaerwärmung und des Hitzestresses", so Waitz.
Der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz im PULS 24 Interview
Sogar Nestlé und Coca-Cola für das Gesetz
Unterstützung für das Renaturierungsgesetz gab es im Vorfeld auch von Unternehmen, die eher nicht für ihre Klimaschutz-Ambitionen bekannt sind. In einem offenen Brief forderten internationale Konzerne wie Ikea, Nestlé, Spar und Coca-Cola "die dringende Umsetzung eines ehrgeizigen und rechtsverbindlichen EU-Naturschutzgesetzes, um die Natur nach Europa zurückzubringen".
Green Deal in Gefahr?
Sollte das Renaturierungsgesetz nun scheitern, sind die europäischen Klimaziele, die im Rahmen des Green Deals der EU, in Gefahr. "Unsere Natur ist heute nicht gesund genug, um das zu erreichen", warnte EU-Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans am Dienstag vor österreichischen Journalist:innen in Brüssel.
Wie es jetzt weitergeht? "Das liegt in den Händen der EVP", so Timmermans. Die Europäische Volkspartei habe sich bisher immer zum Green Deal bekannt. Nun müsse man sehen, ob es dabei bleibt. "Die wollten nicht mal drüber reden", kritisierte er die fehlende Verhandlungsbereitschaft der Konservativen.
Trotz akuten Problemen für die Menschen wie die Teuerung hofft Timmermans, dass man deshalb nicht den Blick für die Klimakrise verliere: "Ich will nicht, dass wir wegen der kurzfristigen Krisen die große, lebensbedrohliche Krise vergessen".
Noch ist das Gesetz nicht gestorben. Erhielt es zwar keine Mehrheit im zuständigen Umweltausschuss, ist eine Absage im Plenum des EU-Parlaments nicht gewiss. Am 11. Juli findet die Abstimmung statt. Timmermans zeigte sich optimistisch, dass man bis dahin eine Mehrheit für das Gesetz finden könne.
Zusammenfassung
- Das Renaturierungsgesetz soll ein Herzstück des Green Deals der EU werden - die Europäische Volkspartei blockiert es aber.
- Eigentlich soll damit zerstörte Natur wieder aufgebaut werden.
- Dem Klimaschutz müsse man "mit Hirn" begegnen, kritisiert auch ÖVP-Europa-Abgeordneter Lukas Mandl im PULS 24 Interview in Brüssel. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission sei man "auf dem Holzweg".
- Sollte das Renaturierungsgesetz nun scheitern, sind die europäischen Klimaziele, die im Rahmen des Green Deals der EU, in Gefahr. "Unsere Natur ist heute nicht gesund genug, um das zu erreichen", warnte EU-Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans
- Noch ist das Gesetz nicht gestorben. Erhielt es zwar keine Mehrheit im zuständigen Umweltausschuss, ist eine Absage im Plenum des EU-Parlaments nicht gewiss. Am 11. Juli findet die Abstimmung statt.