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Gesundheitspakt bringt Spitalsfusion in Niederösterreich

24. März 2025 · Lesedauer 6 min

Der von Experten erarbeitete Gesundheitspakt wird die Spitalsstruktur in Niederösterreich nachhaltig verändern. Das Landesklinikum Weinviertel Süd-West soll die Häuser in Hollabrunn, Korneuburg und Stockerau (Bezirk Korneuburg) zusammenfassen, mehrere Spitäler werden zu Kliniken mit Sonderfunktionen. Von 32 auf 21 sinkt die Zahl der Notarztstandorte. Nach der Präsentation vom Montag soll das Konzept noch diese Woche durch Landesregierung und Landtag beschlossen werden.

Das im Landhausschiff in St. Pölten präsentierte Vorhaben fußt auf mehrmonatigen Gesprächen unter dem Arbeitstitel "Gesundheitspakt 2040+". Dieses Zielbild sieht in der Landeshauptstadt sowie in Wiener Neustadt zwei Zentralkliniken vor, die auch die höchste Spezialisierungsstufe aufweisen. Regionale Häuser mit Schwerpunktfunktionen sollen neben erweiterter Erst- und Akutversorgung auch Fachspezialisierungen bieten. Dafür prädestiniert sind die Standorte Zwettl und Horn (beide Waldviertel), Amstetten (Mostviertel), Krems, Tulln (Region Mitte), Baden, Mödling (Thermenregion) und Mistelbach (Weinviertel), führte Markus Klamminger, Vorsitzender des Expertengremiums, aus.

Viele Änderungen gibt es im Weinviertel. Das Landesklinikum Weinviertel Süd-West soll dort die Häuser in Hollabrunn, Korneuburg und Stockerau vereinen und das "moderne medizinische Flaggschiff" für die Region bilden, wie es hieß. Zudem wird es auch zu einem Spital mit regionalen Schwerpunktfunktionen. Eine Standortfindungskommission soll über die bestgeeignete Lage beraten. "Irgendwo an der Achse Hollabrunn-Stockerau-Korneuburg mit guter Verkehrsanbindung" werde das Spital dann liegen, blickte Klamminger voraus. Bis zur Realisierung - es sei mit einem Zeithorizont von zwölf bis 15 Jahren zu rechnen - sollen die bestehenden drei Häuser noch stärker kooperieren. Später sollen Stockerau und Korneuburg nicht mehr als Akutkrankenanstalten geführt werden. In Hollabrunn erfolge die Umwandlung in ein Facharztzentrum, entstehen soll auch ein Primärversorgungszentrum samt dauerhaft gewährleisteter Erstversorgung. Ebenfalls im Weinviertel wird am Standort des Medizinischen Zentrums Gänserndorf, der der Stadtgemeinde abgegeben wird, eine Primärversorgungseinheit gegründet.

In Gmünd wiederum wird eine neue Gesundheitsklinik mit Primärversorgungseinheit und Fachärztezentrum errichtet. Geplant ist ein Gesamtinvestment von bis zu 120 Millionen Euro, 30 Millionen Euro davon in einer ersten Phase bis 2027. Die neue Gesundheitsklinik Gmünd soll in direkter Anbindung an das bereits vorhandene grenzüberschreitende Gesundheitszentrum Healthacross MED Gmünd entstehen.

Aus drei bisherigen Akut-Krankenanstalten werden Kliniken mit Sonderfunktionen. In Klosterneuburg (Bezirk Tulln) und Waidhofen an der Thaya wird auf diesem Weg je ein Zentrum für moderne Altersmedizin entstehen bzw. ausgebaut werden, das Melker Spital wird zu einem "Leuchtturm der Pflege und Altersmedizin" weiterentwickelt. OP-Kapazitäten sollen erweitert werden, im Gegenzug sollen geburtshilfliche Leistungen in Amstetten gebündelt werden.

Von den künftig geplanten 21 Notarztstandorten werden 15 an Kliniken angebunden sein, was Entlastung bei der Personalsituation bringen soll. Sechs sollen eigene Stützpunkte sein. Zudem wird die Anzahl der Acute-Community-Nurse-Standorte von sechs auf zehn erweitert, betonte Christian Fohringer, Geschäftsführer von Notruf NÖ. 86 RTW-C-Einsatzfahrzeuge bzw. Notfall-Teams mit Notfallsanitätern und bei Bedarf Telenotarzt sollen die Versorgung garantieren. Das First-Responder-System - hier werden auch ehrenamtliche Ersthelfer alarmiert - wird zudem ausgebaut. Zur Umsetzung der "durchaus großen Reform" werde ein eigenes Projekt eingerichtet, betonte Fohringer. Bei der Flugrettung würden "gezielt Verfügbarkeit erhöht" und "Fähigkeit erweitert". Der Standort von "Christophorus 3" in Wiener Neustadt werde auf 24-Stunden-Betrieb umgestellt, perspektivisch sollen im Bundesland außerdem auch nachts Tau- bzw. Windenrettungen möglich werden.

Beschluss der Landesregierung am Dienstag

Politisch soll der Pakt bereits diese Woche Verbindlichkeit erlangen. Ein Beschluss in der Sitzung der Landesregierung ist für (den morgigen) Dienstag geplant, am Donnerstag wird das Thema im Landtag behandelt. Goutiert wurde das erarbeitete Konzept bereits am Montag vom für die Kliniken zuständigen ÖVP-Landesrat Ludwig Schleritzko. Man stehe "auch politisch hinter dem Gesundheitsplan", betonte er. Verwiesen wurde einmal mehr u.a. auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel. Schleritzko zufolge wird es "fließende Übergänge geben", für alle Mitarbeiter gebe es eine Jobgarantie der NÖ Landesgesundheitsagentur, man werde künftig sogar mehr Beschäftigte benötigen. "Die Gesundheitseinrichtungen garantieren eine rund um die Uhr Erst- und Notfallversorgung. Jederzeit und überall", hielt der Landesrat zudem fest. Nun werde aus einem Pakt ein Plan, es handle sich um ein "Investitionspaket für die zukünftig bestmögliche Versorgung der Menschen". Einige Maßnahmen "werden zeitnah umgesetzt", wurde angekündigt, "andere brauchen mehr Zeit, mehr Raum und neue Strukturen".

Gebaut werde jedenfalls auf eine "flächendeckende, moderne und leistungsfähige Gesundheitsinfrastruktur", ergänzte Landesrat Christoph Luisser (FPÖ). Hinzu komme "mehr Flexibilität, um auf regionale Unterschiede bestmöglich zu reagieren, eine bessere Vernetzung zwischen Krankenhäusern, Fachärzten und Hausärzten sowie eine gezielte Stärkung der Pflege- und Betreuungsangebote". Der Ansatz sei "mutig, innovativ und vor allem auch zukunftsorientiert". Bis Jahresende soll im Rahmen des Regionalen Strukturplans Gesundheit eine umfassende Versorgungsstruktur für Niederösterreich festgelegt werden. Aus Sicht von Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) ist auch die Expertise der Pflege im Gesundheitspakt präsent. Stationärer und mobiler Bereich werden künftig ausgebaut werden müssen, wichtig sei zudem das Thema Digitalisierung.

"Wir haben einen Kompromiss gefunden", betonte SPÖ-Landesparteichef Landesrat Sven Hergovich, der in der Landesregierung nach dem Abgang seiner Parteikollegin Ulrike Königsberger-Ludwig in Richtung Bund vorübergehend auch die Gesundheitsagenden hält. Auf Basis eines im Vorjahr geleakten Expertenpapiers hatte er in der Vergangenheit mehrmals Kritik an Schließungsvorschlägen von Spitälern geübt. Mit dem nun vorliegenden und von rund 50 Experten ausgearbeiteten Pakt zeigte sich Hergovich zufrieden. Seitens der SPÖ seien entscheidende Schritte erreicht worden. Genannt wurden hier etwa die flächendeckende Erst-, Akut- und Notversorgung, der Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie eine geplante deutliche Reduktion bei Wartezeiten auf Operations- und Arzttermine. "Meine Zustimmung hängt daran, dass diese versprochenen Verbesserungen auch umgesetzt werden."

Nationale und internationale Experten am Werk

Erarbeitet worden war der "Gesundheitspakt 2040+" seit dem Vorjahr von nationalen und internationalen Experten anhand von sieben Leitprinzipien, skizzierte Projektleiter Volker Knestel. In weiterer Folge werde nun zunächst ein Zielbild 2030 gestaltet, kündigte Elisabeth Bräutigam, Vorständin für Medizin und Pflege in der NÖ Landesgesundheitsagentur, an. Noch heuer stattfinden soll die Übersiedlung der Urologie von Waidhofen an der Thaya nach Horn, wo eine Bündelung mit Chirurgie und Gynäkologie über die Bühne gehen wird.

Politisch zeichnete sich für die Sitzung der Landesregierung, wo ÖVP, FPÖ und SPÖ vertreten sind, Einstimmigkeit in Sachen Gesundheitspakt ab. Auch im Landtag könnte es am Donnerstag eine breite Mehrheit geben. Die NEOS zeigten sich am Montag aber vorerst abwartend, sie verwiesen auf eine am Mittwoch stattfindende Pressekonferenz. Begrüßt wurde das Reformvorhaben indes von Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl (ÖVP), der per Aussendung von einem "notwendigen Schritt zur Sicherung des Gesundheitssystems" sprach.

Zusammenfassung
  • Der Gesundheitspakt in Niederösterreich sieht eine Reduktion der Notarztstandorte von 32 auf 21 vor, um die Effizienz zu steigern.
  • Das Landesklinikum Weinviertel Süd-West wird die Spitäler in Hollabrunn, Korneuburg und Stockerau zusammenführen und als modernes medizinisches Zentrum fungieren.
  • In Gmünd wird eine neue Gesundheitsklinik mit einem Gesamtinvestment von bis zu 120 Millionen Euro errichtet.
  • Die Anzahl der Acute-Community-Nurse-Standorte wird von sechs auf zehn erhöht, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern.
  • Der Gesundheitspakt wird politisch unterstützt, mit einem geplanten Beschluss in der Landesregierung und im Landtag in dieser Woche.