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Generalstabschef Brieger: Einsatz taktischer Atomwaffen in Ukraine möglich

Der österreichische Generalstabschef Robert Brieger sieht im Ukraine-Krieg aktuell keine Gefahr eines weltumfassenden Atomkrieges, er schließt aber den Einsatz taktischer Nuklearwaffen nicht aus, wie er im Interview mit der APA sagte.

Eine Prognose zum Ausgang des Krieges abzugeben, sei schwierig. Russland habe es nicht geschafft, rasch Tatsachen zu schaffen. "Das bedeutet, dass es zu längeren Kampfhandlungen auf Kosten der Zivilbevölkerung kommen wird."

Erstaunlich sei der "hohe Wehrwille bei den Ukrainern". Gleichzeitig gebe es offenbar "moralische Defizite" bei den Russen. "Das Gefährlichste, abgesehen von den wirtschaftlichen Verwerfungen, ist die Gefahr einer Eskalation, die unabsehbare Folgen nach sich zieht."

Putin in der Sackgasse

Der russische Präsident Wladimir Putin habe sich in eine Position hineinmanövriert, aus der er ohne sichtbaren Erfolg nicht mehr herauskomme.

Die naheliegendste Entwicklung sei es daher, dass die Russen versuchen werden, mit dem massiven Einsatz schwerer Waffen und unter der Inkaufnahme massiver Kollateralschäden die Hauptstadt einzunehmen und unter ihre Kontrolle zu bringen. Der Krieg könne noch Wochen und Monate dauern, so Brieger.

Einsatz taktischer Nuklearwaffen vorstellbar

Was die Frage eines Atomkrieges angehe, "muss man vorsichtig sein". "Strategische Nuklearwaffen dienen der gegenseitigen Abschreckung, das würde ich ausblenden. Was ich nicht kategorisch ausschließen würde, ist der Einsatz taktischer Nuklearwaffen oder zumindest dessen Androhung, wenn die Angreifer über längere Zeit ihre Ziele nicht erreichen."

Es sei zu hoffen, dass es nicht dazu komme. "Das wäre eine neue Qualität der Eskalation:" Er setze eine gewisse Vernunft in der russischen Führung voraus, "die Hand würde ich in diesem Punkt aber nicht ins Feuer legen", sagte der Generalstabschef.

Taktische Kernwaffen (auch nukleare Gefechtsfeldwaffen genannt) sollen ähnlich wie konventionelle Waffen zur Bekämpfung gegnerischer Streitkräfte eingesetzt werden. Ihr Wirkungskreis und in der Regel auch die Sprengkraft sind deutlich geringer als bei strategischen Waffen.

Aufrüstung gefordert

Die trügerische Einschätzung nach dem Kalten Krieg, dass es keine konventionellen Kriege mehr geben werde, sei am Balken und jetzt in noch massiverem Ausmaße Lügen gestraft worden. Viele europäische Streitkräfte beginnen mit einer umfangreichen Aufrüstung. Was das Bundesheer anlangt sei die beabsichtigte Erhöhung des Wehrbudgets einer der wenigen erfreulichen Aspekte dieser Krise.

"Der Krieg war ein Weckruf für Europa in sicherheitspolitischer Hinsicht. Die europäischen Entscheidungsträger sind sich dessen bewusst geworden, dass mehr strategische Autarkie, handlungsfähige Streitkräfte und glaubwürdige Antworten notwendig sind."

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ribbon Zusammenfassung
  • Der österreichische Generalstabschef Robert Brieger sieht im Ukraine-Krieg aktuell keine Gefahr eines weltumfassenden Atomkrieges, er schließt aber den Einsatz taktischer Nuklearwaffen nicht aus, wie er im Interview mit der APA sagte.
  • Russland habe es nicht geschafft, rasch Tatsachen zu schaffen. "Das bedeutet, dass es zu längeren Kampfhandlungen auf Kosten der Zivilbevölkerung kommen wird."
  • "Das Gefährlichste, abgesehen von den wirtschaftlichen Verwerfungen, ist die Gefahr einer Eskalation, die unabsehbare Folgen nach sich zieht."
  • Was die Frage eines Atomkrieges angehe, "muss man vorsichtig sein". "Strategische Nuklearwaffen dienen der gegenseitigen Abschreckung, das würde ich ausblenden.
  • Was ich nicht kategorisch ausschließen würde, ist der Einsatz taktischer Nuklearwaffen oder zumindest dessen Androhung, wenn die Angreifer über längere Zeit ihre Ziele nicht erreichen." Es sei zu hoffen, dass es nicht dazu komme.
  • Er setze eine gewisse Vernunft in der russischen Führung voraus, "die Hand würde ich in diesem Punkt aber nicht ins Feuer legen", sagte der Generalstabschef.