APA/APA/AFP (Symbolbild)/WOJTEK RADWANSKI

Gemeinderatswahl in Waidhofen/Ybbs: FPÖ-Kandidat sorgt mit "Mein Kampf" für Empörung

In Waidhofen an der Ybbs wird in wenigen Tagen der Gemeinderat neu gewählt. Der FPÖ-Kandidat Josef Gschwandegger fällt mit einer einschlägigen Lektüre auf.

Wer in dem Artikel zu den Gemeinderatswahlen eines Bezirksblatts zu den Gemeinderatswahlen in Waidhofen an der Ybbs kritische Fragen erwartet, der irrt. Die Kandidaten sind zum Word-Rap geladen – der Redakteur beginnt ein Satz, die Kandidaten antworten. Soweit, so unspektakulär.

Es wir nach Freizeitaktivitäten, Lieblingsliedern und Superkräften gefragt. Und: Nach dem letzten gelesenen Buch. Die einen lasen einen Pop-Philosophen (Precht), die anderen Peter Pilz – nicht der Grüne Kandidat übrigens – oder auch Sachbücher. Der FPÖ-Kandidat, Josef Gschwandegger, hingegen gab als letztes gelesenen Buch "Mein Kampf" an.

Die "Krone" erreichte Gschwandegger. Er habe das Buch zwar gelesen, aber das sei schon länger her, erklärt er. Besitzen würde er es nicht. Und auch die Bezirksblätter haben am Dienstag nachgefragt. Dort ergänzt er: "Ich lese generell wenig, vielleicht ein Buch im Jahr."

Artikel überarbeitet

Über den Artikel ist unter anderem Sabine Hanger, Generalsekretärin der Jungen ÖVP, gestolpert und twitterte einen Screenshot:

Für kurze Zeit war der ursprüngliche Artikel ganz offline, mittlerweile ist er wieder aufzufinden – allerdings ohne der Frage nach der gelesenen Literatur. Das Internet vergisst aber bekanntlich nie, ein Webdienst hat bereits eine Kopie davon erstellt, die hier zu finden ist. Kritisiert wird nicht nur die Antwort sondern auch, dass dies unkommentiert publiziert wurde.

Antisemitische und rassistische Streitschrift

Die von Hitler verfasste antisemitische und rassistische Streitschrift erschien erstmals 1925/1926. Ab 1949 wurde der Nachdruck vom Freistaat Bayern verboten, bei dem die Urheberrechte bis zum 31. Dezember 2015 lagen. Seitdem sind in mehreren Ländern wissenschaftliche und editorische Ausgaben erschienen.

Am Dienstag fragten "Bezirksblätter" nach

Auf erneute Nachfrage der "Bezirksblätter" erklärte der FPÖ-Politiker schließlich am Dienstag: "Ich habe 'Mein Kampf' schon vor längerer Zeit gelesen. Ich lese generell wenig, vielleicht ein Buch im Jahr." Offensichtlich will man wieder einmal eine Woche vor einer Wahl in Niederösterreich mit Dreck werfen, um von den tatsächlichen Problemen - Stichwort Corona-Chaos - der Bürger abzulenken und versucht, eine Geschichte hochzuziehen, die keine ist. 

Rücktrittsforderungen

Seitens der FPÖ Niederösterreich gab es keine Stellungnahme zu den Äußerungen Gschwandeggers. Auf Anfrage meldete sich Bernhard Ebner, Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich, zu Wort. "Wenn es um die Ablehnung des Nationalsozialismus geht, gibt es bei allen politischen Parteien in unserem Land Konsens. Es kann deshalb nur eine Konsequenz geben: Den sofortigen Rücktritt von Josef Gschwandegger als Spitzenkandidaten der FPÖ Waidhofen a. d. Ybbs."

Ähnlich äußerte sich Wolfgang Kocevar, der Landesgeschäftsführer der SPÖ Niederösterreich. Auch er stellte sich mit einer Rücktrittsforderung ein. "Zu erklären, 'Mein Kampf' sei das letzte Buch gewesen, das man gelesen habe, ist provozierend dumm. In unserem Land gibt es einen Konsens, der parteiübergreifend immer gilt: Nein zum Nationalsozialismus, dieser darf niemals verharmlost werden", wurde in einer schriftlichen Stellungnahme festgehalten.

ribbon Zusammenfassung
  • In Waidhofen an der Ybbs wird in wenigen Tagen der Gemeinderat neu gewählt.
  • Wer in dem Artikel zu den Gemeinderatswahlen eines Bezirksblatts zu den Gemeinderatswahlen in Waidhofen an der Ybbs kritische Fragen erwartet, der irrt.
  • Die Kandidaten sind zum Word-Rap geladen – der Redakteur beginnt ein Satz, die Kandidaten antworten. Soweit, so unspektakulär.
  • Der FPÖ-Kandidat, Josef Gschwandegger, hingegen gab als letztes gelesenen Buch "Mein Kampf" an.
  • Für kurze Zeit war der Artikel ganz offline, mittlerweile ist er wieder aufzufinden – allerdings ohne der Frage nach der gelesenen Literatur. Das Internet vergisst aber bekanntlich nie.