Fast jeder Zweite fühlt sich von Politik als Mensch 2. Klasse behandelt
Das NEOS Lab ließ zum vierten Mal den "Freiheitsindex" vom SORA-Instituts erheben. Die psychische Gesundheit habe sich insbesondere in der Mittelschicht verschlechtert, so eines der am Dienstag präsentierten Ergebnisse.
37 Prozent fühlen sich von Politik nicht vertreten
25 Prozent der 2.000 Befragten (13. August bis 5. Oktober 2021, telefonisch und online) fühlten sich in ihrem gegenwärtigen Leben (eher) unfrei, ein Tiefstwert in der seit 2018 jährlich durchgeführten Umfrage. 2020 waren es nur 19 Prozent, 2019 und 2018 gar nur jeweils 14 Prozent. 20 Prozent nahmen auch die Demokratie in Österreich als eher unfrei wahr. 37 Prozent sahen ihre eigenen Lebensumstände in der Bekämpfung der Pandemie durch die Politik nicht repräsentiert, für 32 Prozent traf dies auch für die Pandemieberichterstattung der Medien zu.
Fast jeder Zweite fühlt sich als Mensch 2. Klasse
Das Gefühl der politischen Ohnmacht, konkret dass man sich von der Politik als Mensch zweiter Klasse behandelt fühlt, zeigte sich bei 46 Prozent, am stärksten im unteren, sehr wohl (mit 40 Prozent) aber auch im mittleren ökonomischen Drittel. Die psychische Gesundheit hat sich gegenüber der Befragung 2021 noch einmal verschlechtert (2020: 28 Prozent, 2021: 39 Prozent), und zwar insbesondere in der Mittelschicht und bei den Jüngeren.
Von Diskriminierungserfahrungen in der medizinischen Versorgung berichteten 16 Prozent, solche bei Polizeikontrollen erlebten 15 Prozent. 13 Prozent sahen sich diskriminiert, weil sie eine Lehr-oder Arbeitsstelle nicht bekommen hatten, zehn Prozent bei der Wohnungsvergabe. Einschränkungen in der Lebensqualität wurden am meisten durch hohe Wohnkosten wahrgenommen, dahinter folgen mangelhafte Kinderbetreuungsmöglichkeiten, schlecht ausgebaute Öffis, schlechte Gesundheitsversorgung, zu wenig Freizeitangebote und zu wenig Grünraum. Eigentumserwerb durch Eigenleistung sahen 68 Prozent nicht mehr möglich.
"Tiefpunkt"
Studienautorin Janine Heinz sprach zusammenfassend von einem "Tiefpunkt" beim Freiheitsgefühl, gebremst durch Diskriminierungserfahrungen, die Einschränkungen durch die Pandemie, finanzielle Betroffenheit und die Verschlechterung der psychischen Gesundheit. Auch die ökonomische Ungleichheit spielt hier ihrer Ansicht nach mit.
Für NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger zeigt die Studie das Scheitern der Pandemiepolitik in Österreich, aber nicht nur: Es gehe auch um Korruption der politischen Elite, Beeinflussung von Ermittlungsmaßnahmen und Zwei-Klassen-Justiz. "Das Ausmaß des Vertrauensverlusts gerade auch in die Arbeit der Regierung ist dermaßen groß in Österreich, dass es erschütternd ist", meinte sie in der Pressekonferenz.
Meinl-Reisinger: "Ausmaß des Vertrauensverlustes in die Politik ist erschütternd"
"Kampf gegen Korruption"
Die Ableitung daraus sei, "dass der Kampf gegen Korruption und auch Freunderlwirtschaft ganz entschlossen geführt werden muss". Die österreichische Pandemiepolitik bezeichnete Meinl-Reisinger als "erratisch, Top Down, hühott", des fehle an politischem Leadership und der Konsequenz, Dinge auch durchzuziehen. "Die sind ja komplett fertig, die sind durch", meinte sie.
Zusammenfassung
- In Zeiten von Coronapandemie und politischen Korruptionsvorwürfen fühlen sich die Menschen in Österreich zunehmend unfrei und der Politik gegenüber ohnmächtig.
- Das NEOS Lab ließ zum vierten Mal den "Freiheitsindex" vom SORA-Instituts erheben. Die psychische Gesundheit habe sich insbesondere in der Mittelschicht verschlechtert, so eines der am Dienstag präsentierten Ergebnisse.
- 25 Prozent der 2.000 Befragten (13. August bis 5. Oktober 2021, telefonisch und online) fühlten sich in ihrem gegenwärtigen Leben (eher) unfrei, ein Tiefstwert in der seit 2018 jährlich durchgeführten Umfrage.
- Das Gefühl der politischen Ohnmacht, konkret dass man sich von der Politik als Mensch zweiter Klasse behandelt fühlt, zeigte sich bei 46 Prozent, am stärksten im unteren, sehr wohl (mit 40 Prozent) aber auch im mittleren ökonomischen Drittel.
- Von Diskriminierungserfahrungen in der medizinischen Versorgung berichteten 16 Prozent, solche bei Polizeikontrollen erlebten 15 Prozent. 13 Prozent sahen sich diskriminiert, weil sie eine Lehr-oder Arbeitsstelle nicht bekommen hatten.
- Studienautorin Janine Heinz sprach zusammenfassend von einem "Tiefpunkt" beim Freiheitsgefühl.