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Frankreichs Rechtspopulisten-Chef will Premier werden

Der Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, wird bei den kurzfristig anberaumten Neuwahlen in Frankreich Spitzenkandidat seiner Partei. Bardella sei "unser Kandidat für Matignon", sagte Parteivize Sébastien Chenu am Montag in Anspielung auf den Amtssitz des französischen Ministerpräsidenten. Der RN-Chef habe als am Sonntag wiedergewählter Europa-Abgeordneter bereits die Zustimmung des Volkes erhalten, so Chenu.

Der RN von Marine Le Pen hatte die Europawahl am Sonntag in Frankreich mit deutlichem Vorsprung gewonnen. Der EU-Abgeordnete Bardella war bei der Wahl als Spitzenkandidat seiner Partei angetreten.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte angesichts des schlechten Abschneidens seiner liberalen Partei Renaissance bei der Europawahl noch am Sonntagabend Neuwahlen ausgerufen. Die erste Runde der Parlamentswahl ist bereits für den 30. Juni angesetzt. Im Falle eines Sieges des RN bei der Parlamentswahl hätte der 28-jährige Bardella beste Chancen auf das Amt des Regierungschefs.

Sollte der RN sich eine Regierungsmehrheit sichern, käme es erstmals seit 22 Jahren wieder zu einer "Cohabitation" in Frankreich. Es war bisher drei Mal der Fall, dass der Präsident und die stärkste politische Fraktion im Parlament unterschiedlichen politischen Lagern angehören, zuletzt von 1997 bis 2002 mit dem konservativen Präsidenten Jacques Chirac und dem sozialistischen Premierminister Lionel Jospin.

RN-Fraktionschefin Le Pen, die 2027 erneut als Präsidentschaftskandidatin antreten will, berief noch am Wahlabend eine Sitzung der Parteispitze ein. "Wir sind bereit, Regierungsverantwortung auszuüben", betonte sie. Die rechtsextreme Partei Reconquête mit Le Pens Nichte Marion Maréchal als Spitzenkandidatin zeigte sich bereits offen für eine Koalition.

Auch das Regierungslager, das bei der Parlamentswahlen 2022 seine absolute Mehrheit verloren hatte, schaltete am Montag in den Wahlkampfmodus. Außenminister Stéphane Séjourné, der zugleich Chef von Macrons Partei Renaissance ist, rief zur "Mobilisierung aller republikanischen Kräfte" auf. Sein Ministeramt will er trotz der Organisation des Wahlkampfs weiterhin ausüben.

Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire wies der bevorstehenden Wahl nach dem Erfolg der Rechtspopulisten bei der EU-Wahl eine historische Bedeutung zu. Es sei die Wahl, die die "schwersten Konsequenzen in der Geschichte der Fünften Republik haben wird". Der Urnengang werde darüber entschieden, "was in den kommenden Jahren und Jahrzehnten aus der französischen Nation wird". Die Kurse an der Pariser Börse fielen am Montag nach der überraschende Neuwahl-Ankündigung um 2,37 Prozent.

"Es wird viel davon abhängen, ob die Linke sich zusammenrauft, und ob sie ihre Wähler motivieren kann", sagt Brice Teinturier vom Meinungsforschungsinstitut Ipsos mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen. In der Vergangenheit bildeten Rechte und Linke in der zweiten Runde der Parlamentswahl häufig eine "republikanische Front", um den Sieg eines RN-Kandidaten zu verhindern. Diese "Front" ist mit dem zunehmenden Erfolg des RN jedoch gebröckelt. Deren Ergebnis könne auch erhebliche Auswirkungen auf Europa haben, sagt Thierry Chopin vom Institut Jacques Delors. "Falls der RN den Premierminister stellt, wird es die Verhandlungen auf EU-Ebene komplizierter machen", sagte er.

ribbon Zusammenfassung
  • Jordan Bardella, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), wird Spitzenkandidat seiner Partei bei den Neuwahlen in Frankreich. Der RN hat die Europawahl in Frankreich mit deutlichem Vorsprung gewonnen.
  • Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat nach dem schlechten Abschneiden seiner Partei Renaissance bei der Europawahl Neuwahlen ausgerufen. Die erste Runde der Parlamentswahl ist für den 30. Juni angesetzt.
  • Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire betont die historische Bedeutung der bevorstehenden Wahl. Die Kurse an der Pariser Börse fielen nach der Neuwahl-Ankündigung um 2,37 Prozent.