Flüchtlinge - ÖVP und Grüne in Bundesregierung weiter uneins
Es handle sich um eine "humanitäre Notlage" und die Grünen unterstützen Initiativen, Familien mit Kindern herauszuholen, meinte Justizministerin Alma Zadic am Mittwoch nach dem Ministerrat. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bekräftigte hingegen, dass man auf Hilfe vor Ort setze. Wien kritisierte indes den Bund für die "menschliche Schande".
Zuletzt mehrten sich angesichts der Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern wieder die Stimmen aus den Reihen der Grünen, Flüchtlinge nach Österreich zu holen. "Wir können und werden bei diesem Thema nicht schweigen", erklärte die Grüne Klubchefin Sigrid Maurer in der "Tiroler Tageszeitung" am Mittwoch. "In Österreich würden viele Bürgermeister, auch von der ÖVP, Flüchtlinge aus den Lagern aufnehmen. Ich denke, der Koalitionspartner wäre gut beraten, die Angebote anzunehmen."
Innenminister bleibt bei ÖVP-Haltung
Innenminister Nehammer blieb, im Ministerrats-Pressefoyer auf Maurers Forderung angesprochen, bei der Haltung seiner ÖVP. "Die Bilder, die uns von Griechenland erreichen, sind immer wieder aufwühlend und auch erschütternd, das sage ich auch als Familienvater." Deshalb habe man rasch vor Ort geholfen, verwies er auf die Lieferung etwa von Wohn- und Sanitärcontainern vor einigen Monaten. Man habe 55 Tonnen Hilfsgüter nach Griechenland gebracht, und Österreich unterstütze weiterhin die griechische Regierung. Zudem habe Österreich alleine heuer rund 5.000 minderjährigen Flüchtlingen Schutz gewährt, betonte Nehammer. Was die Aufnahme einzelner Flüchtlinge aus den Lagern betrifft, müsse man schon die Frage stellen, "wie effizient ist diese Hilfe?", befand Nehammer.
Im Laufe des Pressefoyers meldete sich dann auch die Grüne Justizministerin Zadic zu Wort: Es handle sich um "eine humanitäre Notlage", unterstrich sie, "meines Erachtens ist es auch unsere Pflicht, hier zu helfen und hier zu unterstützen". Die Grünen unterstützten auch die Solidaritätsinitiativen, Familien mit Kindern und besonders verletzliche Gruppen aus den Lagern zu bringen, erklärte sie.
Kritik von SPÖ und NEOS aus Wien
Scharfe Kritik an der Bundesregierung kam unterdessen aus Wien: Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sprach am Mittwoch von einem "politischen Versäumnis" und einer "menschlichen Schande". Ludwig und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) bekräftigten, dass Wien nach wie vor gerne zumindest 100 Flüchtlingskinder aufnehmen würde. Dafür brauche es allerdings die Zustimmung des Bundes, die es eben nicht gebe.
Ludwig: Flüchtlingslager auf Lesbos ist "Schande" für EU
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig erklärt im Interview mit PULS 24 Reporter Christoph Isaac Krammer, wieso die Stadt Wien Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos mit einem finanziellen Beitrag unterstützen will.
"Es ist eine Schande für Europa, was hier passiert", konstatierte auch Wiederkehr. Der Bürgermeister sprach von "unhaltbaren Zuständen" in den Lagern und verwies auf Berichte, wonach Kinder durch Rattenbisse verletzt worden seien. Gerade in der Vorweihnachtszeit müsse man "Herzen öffnen".
Deshalb wolle man zumindest mit anderen Mitteln Menschen, die in den Lagern "unter schwersten Bedingungen" leben, unterstützen. Die Stadt stellt Geldspenden an drei Hilfsorganisationen zur Verfügung, Caritas, Diakonie und Samariterbund erhalten je rund 100.000 Euro.
Zusammenfassung
- ÖVP und Grüne sind sich in der Bundesregierung weiterhin nicht einig, ob Österreich Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufnehmen soll.
- Es handle sich um eine "humanitäre Notlage" und die Grünen unterstützen Initiativen, Familien mit Kindern herauszuholen, meinte Justizministerin Alma Zadic am Mittwoch nach dem Ministerrat.
- Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bekräftigte hingegen, dass man auf Hilfe vor Ort setze.