Faktencheck: Traute sich Ludwig nur mit Bodyguards zum Brunnenmarkt?
Ein Video, das Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer am Wiener Brunnenmarkt drehte, sorgte vergangene Woche für Aufregung. In fremdenfeindlicher Manier beschwerte er sich über einen syrischen Standler. "Syrer, Afghanen, Araber haben die Macht über den Brunnenmarkt übernommen", schimpfte er.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wollte die Aussagen so nicht stehen lassen und zeigen, dass der Brunnenmarkt nicht die "Unsicherheitszone" ist, für die ihn Mahrer hält. Der Bürgermeister ging am 24. März zum Markt, wo ihn auch ein PULS 24 Kamerateam antraf. Ein Foto des Besuchs landete im Netz, wo dann behauptet wurde, Ludwig habe sich in Wirklichkeit nur mit Personenschutz zum Markt getraut.
https://twitter.com/florianklenk/status/1639177648499826689
Tatsächlich sind auf dem Foto, das Autorin und Journalistin Doris Knecht schoss, zwei Männer zu sehen, die den Bürgermeister begleiteten. Doch um Bodyguards handelt es sich dabei nicht. In Wirklichkeit handelt es sich um Hanno Csisinko, den Pressesprecher Ludwigs und Andreas Kutheil, Leiter der MA59, also des Marktamtes. Csisinko sagte der APA, dass sie den Leiter des Marktamtes zufällig getroffen hätten. Die Behauptungen im Netz sind also falsch.
Kein Hotspot
Falsch ist auch die Behauptung, der Brunnenmarkt sei ein Hotspot der Kriminalität. Zumindest lässt sich das mit offiziellen Zahlen nicht belegen. Laut der kürzlich veröffentlichten polizeilichen Kriminalstatistik 2022 stieg die Zahl der angezeigten Straftaten in Wien im vergangenen Jahr zwar wieder leicht an, blieb aber unter den Werten von vor der Corona-Pandemie. Zuvor sank die Zahl der Anzeigen und Straftaten in Wien in den vergangenen Jahren fast kontinuierlich auf einen historischen Tiefstand 2021. In Ottakring stieg zudem die Aufklärungsquote von 2020 auf 2021 stark an.
Mahrer fand aber schnell einen neuen angeblichen Hotspot und veröffentlichte ein Video, das am Viktor-Adler-Markt in Favoriten gedreht wurde. Auch dort vermutet Mahrer eine "No-Go-Zone". Drei angebliche Passant:innen sollen das im Video bestätigen - bei zumindest zweien handelte es sich allerdings um ÖVP-Bezirkspolitiker.
https://twitter.com/SPOE_at/status/1641451562819268614
Nun produzierte auch die SPÖ ein Video. Auch die Roten fanden einen "Brennpunkt" - und zwar im "türkisen Regierungsviertel zwischen Lichtenfelsgasse und Ballhausplatz". "Hier haben unethische Machenschaften und kriminelle Aktivitäten eine lange Tradition", sagt eine Off-Sprecherin über die ÖVP.
"Hunde bellen, Kinder weinen"
Ein "Wutimker aus Simmering" sagt im Video, dass es jederzeit passieren könne, dass ein Mann im Anzug zu den Menschen komme, ihnen einen Geldkoffer in die Hand drückt und dann könnte jeder drankommen bei der "WKStA Dings". Eine "ehemalige Anrainerin" sagt, dass sie in Favoriten wohne, weil es im Regierungsviertel oft Razzien gibt, "Hunde bellen, Kinder weinen".
Abzuwarten bleibt, ob die ÖVP nun nochmal nachlegt und wo sie die nächste "No-Go-Zone" findet.
Zusammenfassung
- Die Posse um den Brunnenmarkt wurde wieder um einige Facetten reicher. Im Netz wird behauptet, Ludwig traute sich nur mit Bodyguards auf den Markt. Das hält einem Faktencheck nicht stand.
- Außerdem reagierte die SPÖ und erklärte unterdessen die ÖVP-Zentrale zur Unsicherheitszone.