Faktencheck: Grosz würde nur Zweierkoalition angeloben: Dürfte er das?

Präsidentschaftskandidat Gerald Grosz würde sich als Staatsoberhaupt eine Zweierkoalition wünschen. Er spricht sich gegen eine "Ampel-Koalition" aus und würde die stimmenstärkste Partei beauftragen, mit der zweitstärksten Partei zu verhandeln. Was darf er als Präsident wirklich?

Im großen PULS 24 Wahlduell diskutierten Gerald Grosz und Walter Rosenkranz über die Art und Weise, wie sie ihr Amt als Bundespräsident führen würden. Dabei fielen einige bemerkenswerte Sätze, die dem Amt bezüglich Angelobungen viel Macht zuschreiben. Was ist dran an den Aussagen der beiden Kandidaten? 

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"Mit mir wird es keine Ampelregierung geben. Wir sehen in Deutschland, welch Chaos eine solchen instabilen [sic!] Koalition verursacht", schrieb Grosz im Juni auf Facebook. Im PULS 24 Wahlduell führte er aus: "Am Ende gibt es Mehrheiten im österreichischen Parlament und es gibt stabile Mehrheiten und instabile Mehrheiten. [...] Daher wäre mein Zugang, die stimmenstärkste Partei damit zu beauftragen, mit der zweitstärksten Partei zu diskutieren." Sollte daraus keine Koalition werden, sollten laut Grosz die stärkste und die drittstärkste Partei Verhandlungen aufnehmen. Eine Dreierkoalition würde er nicht angeloben.

Muss der Präsident jede Regierung angeloben?

Grundsätzlich stimmt: Der Bundespräsident kann sich weigern, eine Regierung anzugeloben. Auch bei der Benennung des Bundeskanzlers ist der Präsident an keine Vorschläge gebunden. Der Präsident könnte theoretisch sogar eine Minderheitsregierung - die keine Mehrheit im Nationalrat hat - angeloben. Grundsätzlich hat Grosz also recht, er dürfte als Bundespräsident Regierungen ablehnen - also etwa auch eine Koalition aus SPÖ, Grünen und NEOS. 

Womit Grosz auch Recht hat ist, dass der Bundespräsident traditionell zuerst den Chef der stimmenstärksten Partei beauftragt, eine Regierung zu bilden, obwohl er das rein rechtlich nicht müsste. Mit wem dieser Verhandlungen aufnimmt, ist allerdings rechtlich nicht Sache des Bundespräsidenten. Er kann dazu keine Aufträge erteilen, wie Grosz das ankündigte. Wünsche äußern darf er aber natürlich.

Darf der Präsident einer Partei etwas anschaffen?

Wie auch "Profil"-Journalistin Eva Linsinger in der Wahlduell-Analyse sagte: "Da überschätzt er sich schon selbst." Der Obmann oder die Obfrau der stimmenstärksten Partei bekomme traditionell den Auftrag, eine Regierung zu bilden. "Mit wem er oder sie die Regierung aber bildet, das ist dann Aufgabe des Parteivorsitzenden". So habe ja auch Sebastian Kurz mit der FPÖ und dann mit den Grünen Regierungen gebildet - beide Parteien waren jeweils nicht die zweitstärksten Parteien. 

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Grosz scheint zu vergessen, dass Regierungen nicht nur eine Mehrheit im Nationalrat brauchen, um gut arbeiten zu können - sie muss sich auch intern verstehen. So sagte er im Wahlduell auch: Er würde als Bundespräsident die SPÖ dazu bewegen wollen, auch mit der FPÖ zu regieren. Die SPÖ müsse ihre "Vranitzky-Doktrin" überdenken, so Grosz. "Das ist nicht seine Aufgabe", sagte Linsinger dazu. Und das stimmt: Parteiinterne Entscheidungen sind keine Zuständigkeit des Präsidenten, er könnte die SPÖ auch nicht zwingen, mit der FPÖ zu regieren. 

Darf der Präsident Minister ablehnen?

Walter Rosenkranz sah das in der Diskussion ebenfalls anders als Grosz: "Man kann sich als einzelner, auch als Bundespräsident, nicht aussuchen, was der Wähler tatsächlich bei einer Nationalratswahl wählt". So würde er auch eine Regierung von SPÖ, Grünen und NEOS angeloben, auch wenn es nicht sein Wunsch sei, wie er sagte. Rosenkranz betonte dabei, dass der Bundespräsident aber "frei in der Auswahl der Regierungsmitglieder" sei. Er hätte etwa Umweltministerin Leonore Gewessler und Gesundheitsminister Johannes Rauch (beide Grüne) eher nicht angelobt. 

Ob er dabei die Macht des Bundespräsidenten ebenfalls überschätzt, ist nicht ganz klar. Artikel 70 Bundes-Verfassungsgesetz gesteht eigentlich dem Bundeskanzler allein das Vorschlagsrecht für Minister zu. Dennoch setzten scheinbar sowohl Thomas Klestil als auch Alexander Van der Bellen ihre Wünsche bezüglich der Ablehnung je zweier FPÖ-Minister durch. So weit kam es aber wohl eher durch politische Deals als durch die tatsächliche rechtliche Macht des Bundespräsidenten, der ja drohen kann, die Regierung mit den unerwünschten Ministern nicht anzugeloben. 

Eines ist aber klar: Sind die Minister angelobt, kann sie der Bundespräsident nicht einfach entlassen - dafür bräuchte es den Vorschlag des Bundeskanzlers. 

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ribbon Zusammenfassung
  • Präsidentschaftskandidat Gerald Grosz würde sich als Staatsoberhaupt eine Zweierkoalition wünschen.
  • Er spricht sich gegen eine "Ampel-Koalition" aus und würde die stimmenstärkste Partei beauftragen, mit der zweitstärksten Partei zu verhandeln.
  • Was darf er als Präsident wirklich?