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Ex-CIA-Mitarbeiterin: Österreich will unbequeme Wahrheiten nicht aufdecken

Egisto Ott ist aktuell suspendiert, aber international wohl Österreichs prominentester Verfassungsschützer. Die "Washington Post" schreibt von engen Verbindungen zu Russland, hunderten illegalen Suchanfragen und Weitergabe von Informationen an den russischen Geheimdienst. Österreichs Behörden traue man international nicht zu, davon wissen zu wollen.

"Eine Abrechnung mit dem russischen Einfluss in Österreich", heißt der Artikel vom Dienstag, der Österreich in schlechtem Licht zeigt. Im Fokus steht Ex-BVT-Mann Egisto Ott. Laut "Washington Post" , die sich auf "europäische Sicherheitsbeamte und investigative Unterlagen" bezieht, wird er verdächtigt, Staatsgeheimnisse und Informationen zu möglichen Kreml-Gegnern nach Russland verkauft zu haben. Es gilt die Unschuldsvermutung. Dem US-Medium sollen "hunderte Seiten an Dokumenten" vorliegen, die Journalisten sprachen laut eigenen Angaben mit über einem Dutzend "westlicher Amtsträger" und Informanten, die mit dem Fall vertraut seien. 

"Keine unbequemen Wahrheiten"

"Das sind Dinge, denen die österreichische Regierung auf den Grund gehen muss, aber ich persönlich weiß nicht, ob das die Österreicher so weit gehen werden", wird Sonya Seunghye Lin, eine ehemalige leitende CIA-Agentin in Europa zitiert. "Ich glaube, ihre Einstellung war schon seit den 40ern und 50ern, dass sie lieber keine unbequemen Wahrheiten aufdecken wollen."  

Was Österreichs Staatsschutz Ott vorwirft

Egisto Ott hat bereits mehrere Prozesse und Verhandlungen hinter sich, in letzter Zeit war er auch im U-Ausschuss immer wieder Thema. 2017 wurde Egisto Ott - damals Führer von verdeckten Ermittlern im BVT (inzwischen Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst) - wie der "Kurier" schon Anfang des Jahrs schrieb, von seinem Chef Peter Gridling wegen Verdachts des Verrats von Staatsgeheimnissen angezeigt, zwei Tage später kam es zu einer Razzia bei Ott zuhause - es blieb nicht die letzte. Laut BVT-Bericht soll Ott "klassifizierte Dokumente sowie sonstige Informationen an einen fremden Nachrichtendienst weitergeben haben – angeblich an den russischen Geheimdienst". Ihm wird vorgeworfen, von Russland im Ausland angeworben worden zu sein, Ott soll das bestreiten. 

Ott soll auch vertrauliche und geheime Mails von seinem Privat-Account verschickt haben, ein US-Geheimdienst bekam davon Wind. Ott soll laut "Kurier" angegeben haben, dass er nicht gewusst habe, dass es sich um vertrauliche Daten gehandelt habe. 

Die neuen Vorwürfe der "Washington Post"

Europäische Sicherheitsbeamte vermuten laut der "Washington Post", dass Ott mit anderen Geheimdienstmitarbeitern plante, den österreichischen Geheimdienst umzubauen. "Ich habe noch nie von Herrn Ott gehört", soll Karin Kneissl - zu dem Zeitpunkt Außenministerin - dem Medium per WhatsApp mitgeteilt haben. Sie wisse auch nichts von dementsprechenden Plänen. 

Ott sieht Verschwörung gegen ihn

Ott selbst vermutet laut "Washington Post" eine Verschwörung gegen ihn, weil er Verschwendung in seiner Abteilung verurteilt und illegale Anfragen von Geheimdiensten angeprangert habe. "Die schauen zu viel fern", soll er auf die Vorwürfe er habe geheime Daten weitergegeben, erwidert haben. 

USA: Wenn Ott zu Konferenz kommt, kommen wir nicht

Laut nicht näher definierten Sicherheitsbeamten stand Ott schon Jahre vor seiner kurzen Verhaftung unter Verdacht. Im November 2017 soll man ihn laut "Post" am Flughafen Wien gestoppt haben, weil die CIA Monate vorher warnte, Ott wolle Informationen an Russen verkaufen. Die USA sollen sogar gedroht haben, an einer Sicherheitskonferenz in Amsterdam nicht teilnehmen zu wollen, wenn Ott dort erscheine. Das habe zur Razzia bei Ott geführt, bei der allerdings laut österreichischen Behörden nichts Belastendes entdeckt wurde. 

Ott wurde vom Dienst suspendiert und 2018 ans Zentrum für internationale Angelegenheiten im Innenministerium versetzt, 2021 auch kurzfristig verhaftet. Belastet wurde er auch von einem weiteren Vorgesetzten. Ott soll für Wirecard-Chef Jan Marsalek Informationen aus Datenbanken abgefragt haben.

Trotz Versetzung hunderte illegale Suchanfragen?

Nach seiner Versetzung, so die Vorwürfe, soll Ott weiter national und international Informationen gesammelt haben, wobei er vorgab, das in offizieller Funktion zu tun. Die "Post" schreibt von "hunderten illegalen Suchen in gesicherten Datenbanken" über Personen in ganz Europa.

Für Russland relevante Infos? 

Vom britischen Geheimdienst wollte der Österreicher demnach wissen, ob eine vormals als russische Spionin verdächtige Frau noch unter Beobachtung stehe. Er habe sich auch über den Russland-Spezialisten des Investigativmediums Bellingcat, Christo Grosew, informiert. Der Journalist antwortete auf "Post"-Nachfrage, er sei über die Recherche informiert worden und glaube, dass diese auf Wunsch der Russen passiert sei. 

Tipps für den russischen Geheimdienst

Auf Otts Telefon soll auch ein Dokument gefunden worden sein, das Schwächen einer russischen Operation in Berlin aufzeigt und Verbesserungsvorschläge macht. Westliche Beamte würden annehmen, so das US-Medium, dass der Verfasser Ott selbst war. 

Zweifel an Österreichs Ermittlungswillen

Der Fall Ott ist noch lange nicht abgeschlossen, und fragt man die "Washington Post", ist auch nicht wahrscheinlich, dass das passiert. "Aktive und frühere Sicherheitsbeamte außerhalb Österreichs sind skeptisch, dass die parlamentarischen und anderen Untersuchungen genug in die Tiefe gehen", stellt das US-Medium den österreichischen Behörden ein schlechtes Zeugnis aus. 

ribbon Zusammenfassung
  • Egisto Ott ist aktuell suspendiert, aber international wohl Österreichs prominentester Verfassungsschützer.
  • Die "Washington Post" schreibt von engen Verbindungen zu Russland, hunderten illegalen Suchanfragen und Weitergabe von Informationen an den russischen Geheimdienst.
  • Österreichs Behörden traue man international nicht zu, davon wissen zu wollen.
  • "Das sind Dinge, denen die österreichische Regierung auf den Grund gehen muss, aber ich persönlich weiß nicht, ob das die Österreicher so weit gehen werden", wird Sonya Seunghye Lin, eine ehemalige leitende CIA-Agentin in Europa zitiert.
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