APA/GEORG HOCHMUTH

Eibinger-Miedl will notfalls Defizitverfahren in Kauf nehmen

Heute, 05:01 · Lesedauer 4 min

Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) ist wenig optimistisch, dass angesichts der trüben Wirtschaftsaussichten das geplante Konsolidierungsvolumen von 6,4 Mrd. Euro heuer reichen wird. Über mögliche Nachbesserungen will sie noch nicht spekulieren, schließt aber im APA-Interview nichts aus. "Wir werden notfalls wie andere Länder auch mit einem Defizitverfahren umgehen können", wenn man sonst Gefahr laufe, die Konjunktur abzuwürgen, so Eibinger-Miedl.

Auch noch ohne die neuen Konjunkturprognosen zu kennen, sei ihre "Einschätzung, dass es sich nicht zu unseren Gunsten drehen wird, sondern dass man leider davon ausgehen wird müssen, dass der Wirtschaftsmotor eben leider nicht angesprungen ist bis jetzt". Sollten Nachbesserungen nötig sein, plädiert Eibinger-Miedl dafür, zunächst die Ausgabenseite anzusehen, bevor über neue Steuern gesprochen wird. Auch solche schließt sie nicht dezidiert aus: "Zum heutigen Zeitpunkt ist es da wirklich sehr schwer, eine Aussage zu treffen."

Zuerst müsse man schauen, "wie groß eine potenzielle Lücke zu den Maßnahmen, die wir uns schon vorgenommen haben, wirklich ist". Dann gelte es, parteiübergreifend zu beraten, welche Maßnahmen noch möglich sind. "Weil eines darf auch nicht passieren, nämlich, dass wir die im zweiten Halbjahr hoffentlich aufkommende Konjunktur vielleicht mit irgendwelchen Maßnahmen abwürgen." In diesem Fall werde man auch die Frage eines Defizitverfahrens der EU-Kommission, das man bisher tunlichst vermeiden will, neu bewerten.

Für Empörung sorgte dies bei der FPÖ, die vor einem "Verlust unserer budgetären Souveränität" und der "Besachwalterung" durch Brüssel warnte. Die ÖVP unterwerfe sich "in ihrer Systemkoalition der SPÖ, die stets ein solches Verfahren zur Umsetzung ihrer marxistischen Belastungsfantasien befürwortet hat", so der freiheitliche Finanzsprecher Hubert Fuchs in einer Aussendung. Die Grünen begrüßten indes die "Einsicht" bei der ÖVP, "dass ein ideologisches Nein zum Defizitverfahren die Konjunktur in Österreich abwürgt". Nun brauche es "auch bei den Klimamaßnahmen ein Umdenken", so Budgetsprecher Jakob Schwarz.

Die Staatssekretärin will die in den vergangenen Jahren eingeführten Förderungen überprüfen. Konkret nennt sie hier Förderungen im Umweltbereich. Zum Vorschlag von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ), umweltschädliche Subventionen wie das Dieselprivileg zu streichen, meint die Staatssekretärin: "Bitte jeden Vorschlag auf den Tisch. Wir sollten uns das gemeinsam gut anschauen, intern ausdiskutieren und dann gemeinsam mit einer Entscheidung nach außen gehen." Im Vorhinein wolle sie "nichts ausschließen, aber auch keine Richtungen vorgeben". An der geplanten Nachfolgeregelung für die abgeschaffte Bildungskarenz will Eibinger-Miedl festhalten. Das Thema Weiterqualifizierung, aber gezielt durch eine treffsichere Lösung, werde auch in den nächsten Jahren essenziell sein.

Konsensuale Zusammenarbeit mit Marterbauer

Die Zusammenarbeit mit Marterbauer lobt Eibinger-Miedl. "Wir haben gleich eine gute Basis zueinander gefunden." Man wolle die Arbeit "sehr gemeinschaftlich und konsensual anlegen". Dementsprechend sollen auch Budgetgespräche mit den einzelnen Ministerien zu dritt mit NEOS-Staatssekretär Josef Schellhorn geführt werden. Das Vorpreschen Marterbauers mit einem Gesetzesvorschlag für eine Sonderabgabe für Energieversorger will Eibinger-Miedl nicht überbewerten. "Ich habe es nicht als so problematisch empfunden, dass man hier über neue Vorschläge spricht." Der Vorschlag sei für sie überraschend gekommen, aber er sei dann gemeinsam analysiert worden und nachdem er nicht von allen drei Parteien so unterstützt wurde, habe man einen anderen Weg gefunden.

Hauptthema der am heutigen Freitag beginnenden Verhandlungen mit den Ministerien werden auch die geplanten Einsparungen in den Ressorts in der Gesamthöhe von 1,1 Mrd. Euro sein. Wo im Finanzministerium selbst eingespart werden soll, möchte Eibinger-Miedl noch nicht vorwegnehmen. "Auch das ist eine große Herausforderung", aber am Ende des Tages werde man einen Weg finden müssen.

Fehler ihrer Partei, die bis kurz vor der Nationalratswahl im Herbst noch ein Sparpaket ausgeschlossen hatte, will die Vize-Parteiobfrau nicht einräumen. Sie wisse nicht, welche Fakten der damalige Parteichef Karl Nehammer zu diesem Zeitpunkt am Tisch hatte. Bei der Budgeterstellung 2023 für das Jahr 2024 sei man jedenfalls noch davon ausgegangen, dass die Konjunktur wieder anspringen wird.

Zusammenfassung
  • Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl äußert Zweifel, dass das geplante Konsolidierungsvolumen von 6,4 Mrd. Euro ausreicht, und schließt ein EU-Defizitverfahren nicht aus, um die Konjunktur zu schützen.
  • Die FPÖ kritisiert ein mögliches Defizitverfahren als Verlust der budgetären Souveränität, während die Grünen die Offenheit der ÖVP begrüßen.
  • Eibinger-Miedl betont die Wichtigkeit, die Ausgabenseite zu überprüfen, bevor neue Steuern eingeführt werden, und plant Einsparungen von 1,1 Mrd. Euro in den Ressorts.