Homophobie
Hass gegen Homosexuelle: "Nicht häufiger, aber salonfähiger"
Am Freitag wurden in sämtlichen Bundesländern - außer Kärnten und Vorarlberg - dutzende Razzien durchgeführt. Bei 23 Hausdurchsuchungen wurden 15 Verdächtige im Alter zwischen 14 und 26 Jahren festgenommen. Die Gruppierung soll sich über Onlineplattformen vernetzt haben, um gezielt Homosexuelle aufzuspüren, sie zu verletzen, zu quälen und zu erniedrigen.
Am Abend berichtete der ORF von zumindest einer weiteren Festnahme. Die Ermittler schlossen auf APA-Anfrage nicht aus, dass die Zahl noch steigen könne. Die ORF-Sendung "Wien heute" berichtete, drei der Hausdurchsuchungen hätten in Wien stattgefunden.
Über die Vorfälle zeigte sich Joe Niedermayer, Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins "RosaLila PantherInnen" in Graz, im Gespräch mit PULS 24 "schockiert und sprachlos". Seit über 30 Jahren setzt sich der Verein für die Gleichstellung und gegen Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen ein.
"Form der Einschüchterung"
Bei den aktuellen Fällen lockten die Verdächtigen gezielt Homosexuelle über Fake-Profile auf Online-Plattformen zu Treffen. Dort warteten dann mehrere maskierte Täter, die die Opfer quälten und verletzten. In einem Fall spricht die Polizei sogar von einem versuchten Mord. Niedermayer betont, dass es sich dabei nicht nur um schreckliche Taten, sondern auch eine Form der Einschüchterung handle.
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Auf solchen anonymen Plätzen würden sich häufig Menschen treffen, die sich noch nicht geoutet haben. Da sie ohnehin schon unsicher seien, würden sie sich nicht trauen, solche Vorfälle zur Anzeige zu bringen. Der Vorsitzende der "RosaLila PantherInnen" rechnet daher damit, dass die Dunkelziffer der Opfer noch deutlich höher sei. Er appellierte an alle Betroffenen und Zeug:innen: "Meldet euch bei der Polizei oder direkt bei uns."
Die Polizei bittet weitere Opfer des "Hate Crime" darum, sich unter der Nummer 059133/60-3333 bei den Behörden zu melden.
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Dass die Verdächtigen sich der selbsternannten "Pädo-Hunter"-Szene zugehörig fühlen, um ihre Taten zu rechtfertigen, sei laut ihm Teil der Hass-Motivation und des Aufhetzens. "Pädophilie ist eine Straftat, und zu behaupten, dass Homosexualität gleich Pädophilie ist, ist eine Lüge", betonte der Berater. Es sei schrecklich, dass dies schwulen Männern zugeschoben werde.
"Hate Crime ist für uns nichts neues"
Niedermayer erklärte, dass die Hasskriminalität nichts Neues für die Community sei. Seiner Ansicht nach nehme der Hass gegen lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen zwar nicht unbedingt zu, er werde aber zunehmend salonfähiger. Dies habe mit der stärkeren Sichtbarkeit der Community zu tun.
Er berichte etwa davon, dass es auch im queeren Community-Center in Graz immer öfter zu Vorfällen komme, bei denen bereits "junge Kids" die Tür aufreißen und hineinpöbeln - "das hatten wir früher nicht".
Um queerfeindliche Gewalt einzudämmen, müsse das Thema stärker enttabuisiert werden. "Queere Themen sollten genauso selbstverständlich sein wie der Wetterbericht", betont der Berater. Man müsse Werte wie Menschenwürde und Gleichberechtigung auch bereits Kindern und Jugendlichen vermitteln.
"Auch Politik für Hass verantwortlich"
Wie Niedermayer betonte, sei für den Hass gegen die LGBTIQ-Community auch die Politik verantwortlich. Er verwies etwa auf problematische Aussagen in Wahlkämpfen oder auf die FPÖ, die die Aufklärung junger Menschen als "Frühsexualisierung" beschimpfe.
Es gebe jedoch weltweit Anzeichen dafür, dass queere Menschen zum Feindbild erklärt werden, gegen das gehetzt wird. "Die traurige Wahrheit ist: Es funktioniert." Er verwies etwa auf Ungarn, das erst vor wenigen Tagen die Pride Parade verboten hat.
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Der Vorsitzende der "RosaLila PantherInnen" betonte zwar, dass die Homophobie in Österreich in den letzten Jahrzehnten zurückgedrängt werden konnte, im Gegenzug nehme die Transphobie jedoch zu. Dies habe ebenfalls mit der steigenden Sichtbarkeit dieser Gruppe zu tun.
Niedermayer appellierte: "Wir Menschen müssen wieder lernen, dass wir nicht streiten, sondern eine gute Zeit haben und gewaltfrei leben."
Video: So ist die Situation für LGBTIQ+
Zusammenfassung
- In mehreren Razzien wurden am Freitagmorgen 15 Verdächtige wegen organisierter, brutaler Verbrechen gegen Homosexuelle festgenommen.
- Für den Vorsitzenden der "RosaLila PantherInnen" in Graz, Joe Niedermayer, ist der Hass auf die LGBTQI-Community nicht mehr geworden, aber "salonfähiger".
- Täter seien häufig schon "junge Kids".