Drei mögliche Kandidaten für den britischen Tory-Vorsitz
Bis Montag sollen die Kandidaten feststehen, bis Ende nächster Woche ein neuer Tory-Parteichef oder eine neue Parteichefin gekürt sein - und damit auch der neue Premierminister oder die Premierministerin. Die aussichtsreichsten Kandidaten sind alte Bekannte.
Rishi Sunak
Bei der Mitgliederbefragung im Sommer zur Nachfolge des damals zurückgetretenen Premierministers Boris Johnson war der ehemalige Finanzminister Sunak gegen Truss deutlich unterlegen. Allerdings hatte er vor den Steuerplänen, die erst die Wirtschaft und dann Truss ins Schleudern brachten, wiederholt gewarnt. Mit dem Wissen, dass er Recht hatte, dürfte Sunak gestärkt in eine neue Bewerbung um das Amt des Parteichefs und damit auch Premierministers gehen. Obwohl er seine Kandidatur noch nicht offiziell erklärt hat, bekam er bereits die Unterstützung von den Ex-Ministern Sajid Javid und Dominic Raab.
Allerdings tragen ihm einige Mitglieder seine Rolle bei der Kabinetts-Revolte nach, die zum Sturz von Truss' Vorgänger Johnson geführt hatte. Zudem schadeten Fragen zu seinem beträchtlichen Privatvermögen und Steuertricks seiner Familie dem Ruf des ersten hinduistischen Finanzministers Großbritanniens.
Boris Johnson
Auch der erst im September abgetretene Ex-Premier ist offenbar wieder im Rennen: Er brach seinen Karibik-Urlaub ab und flog zurück nach London, um am Montag bei der Kandidatenaufstellung dabei sein zu können, wie einer seiner engsten Vertrauten, James Duddridge, am Freitagabend mitteilte. Auch Johnson hat sich noch nicht offiziell zu einer möglichen Kandidatur geäußert, aber Schwergewichte bei den Tories wie Ex-Verteidigungsminister Ben Wallace signalisierten ihre Unterstützung für "BoJo".
Einer jüngsten Umfrage zufolge sind 52 Prozent der Briten gegen eine Rückkehr Johnsons ins Amt. 27 Prozent der Befragten konnten sich dies trotz aller Skandale und der Kritik an der Amtsführung des 58-Jährigen als Premierminister vorstellen. Allerdings sieht es bei Tory-Wählern anders aus: Auf Twitter erstellten Konservative am Donnerstag den Hashtag #BringBorisBack ("Bringt Boris zurück").
Dennoch denken nicht wenige, dass die von Skandalen geprägte dreijährige Amtszeit Johnsons noch nicht lange genug zurückliegt für eine erneute Kandidatur. Wie die "Times" berichtete, drohten einige Tory-Abgeordnete im Falle von Johnsons Rückkehr bereits mit ihrem Abschied.
Penny Mordaunt
Mordaunt, die am Montag im Auftrag von Truss Fragen der Opposition zu dem Steuer- und Wirtschaftsdebakel beantworten musste, ging als erste am Freitag offiziell ins Kandidatenrennen. Die Brexit-Befürworterin gilt als gute Rednerin und wurde 2019 die erste britische Verteidigungsministerin. Einige sehen in der 49-jährigen Reservistin der Royal Navy eine mögliche Kompromisskandidatin für den Vorsitz der zerstrittenen Tories.
Sie galt im Sommer als eine der frühen Favoriten auf Johnsons Nachfolge, verlor aber knapp gegen Truss im Kampf um die Teilnahme an der abschließenden Abstimmung. Kritiker werfen ihr vor, in ihren bisherigen Regierungsrollen erfolglos geblieben zu sein.
Nicht kandidieren wollen Wallace und der derzeitige Finanzminister Jeremy Hunt. Höchstens drei Kandidaten können am Montag antreten. Denn jeder Kandidat braucht mindestens hundert Unterstützer aus dem 357 Abgeordnete zählenden Parlament. Nach einer Zählung der politischen Webseite Guido Fawkes von Freitagabend hatte Sunak zuletzt 88 Unterstützer, Johnson 65 und Mordaunt 24.
Zusammenfassung
- Nach dem Rückzug der britischen Premierministerin Liz Truss soll extrem rasch ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden werden.
- Die aussichtsreichsten Kandidaten sind alte Bekannte.