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Grünes Finale: "Die kommenden Tage werden entscheidend sein"

Dort, wo sonst die Jugendlichen Bier trinken, luden am Freitagnachmittag die Grünen zum Wahlkampfabschluss. Man habe es von der "Brems- auf die Überholspur" geschafft, so Kogler - aber die Zukunft der Grünen ist ungewiss.

"Ich habe Angst", singt die Band in Bundesdeutsch auf der grünen Bühne zwischen den Museen im 7. Wiener Gemeindebezirk. Es ist Freitagnachmittag, 16.00 Uhr. Die Noch-Regierungspartei Grüne zelebriert ihren Wahlkampfabschluss, vor einem bereits bekehrten Publikum.

Karl (63) hat grüne Stauden im Rucksack. Er war mit den Artists for Future unterwegs, um die U-Bahn zu begrünen. Er wählt schon immer Grün, erzählt er. Das Thema Klima sei dringlicher denn je. 

Dass die Grünen abermals mit dem Klimaschutzgesetz als Hauptforderung ins Wahlrennen gehen, stört ihn nicht. "Gegen einen Koalitionspartner, der nicht willig ist, ist es nicht möglich. Ich halte ihnen zugute, dass sie als 14-Prozent-Partei so viel für das Klima umgesetzt haben." Unter der großen Koalition sei jahrelang nichts passiert, die Situation habe sich sogar verschlimmert. 

Gewessler, die Grüne Heldin

Der 68-jährige Gregor ist zufällig am Grünen Wahlkampfabschluss gelandet. Er war im Museum und hofft vor der Heimfahrt noch eine Politikerrede zu hören. Er hat schonmal Grün gewählt und findet die Wahlentscheidung diesmal besonders schwierig, vor allem von SPÖ-Chef Andreas Babler sei er enttäuscht worden. 

Im Hintergrund spielt die Band "Low Life Rich Kids" weiter Indie-Songs, bis dann der Grüne Landesparteiobmann Peter Kraus die Moderation übernimmt. Rund 200 Menschen sind vor der Bühne eingetrudelt, an der Seite stauen sich die Kinderwägen. 

Unter großem Applaus schreiten Justizministerin Alma Zadić, Vizekanzler Werner Kogler, Klimaministerin Leonore Gewessler und weitere Spitzen der Grünen durch die Menge. Heldin der Herzen scheint Leonore Gewessler zu sein, sie bringt die Bobos zum Kreischen - wobei ein Großteil der Menge selbst in der Partei aktiv zu sein scheint.

Als Erstes spricht Feuerwehrfrau Sandra Schlögl aus Niederösterreich. Sie erzählt von ihrem Hochwasser-Einsatz in Niederösterreich und ihrer persönlichen Betroffenheit.

Klimaschutz sei Menschenschutz, bei dem Thema würde niemand diskutieren "sollen wir ausfahren, zahlt sich das überhaupt aus". 

Als Reaktion gibt es eine Sonnenblume und feste Umarmung von Umweltministerin Leonore Gewessler. 

Hochwasser-Katastrophe: Gewessler "grantig" auf ÖVP und SPÖ

Gewessler fehlt zwar auf den Grünen Wahlplakaten, ist aber seit ihrem "Ja" zum Renaturierungsgesetz die Hype-Frau der Grünen. "Heute ist ein guter Windenergietag", sagt Gewessler als es ihr den Redenzettel aus der Hand weht und sie ihn wieder zurückholt.

Sie bedankt sich bei den Helfenden und kritisiert die Politisierung des Unwetters. Gewessler verweist auch auf die große Errungenschaft der Grünen in dieser Regierungsperiode: Das Renaturierungsgesetz - das "wichtigste" Klimaschutzgesetz Europas. Die Menge verstummt, schweigt und applaudiert - es ist ein Gänsehautmoment. Hart ins Gericht geht die Noch-Klimaministerin mit Jugendstaatssekretärin Plakolm, Kanzler Nehammer, Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner, aber auch der SPÖ (Wien) 

 

Stimmen-Kampf: Wahlkampfabschluss der Grünen

Als nächstes betritt die hochschwangere Justizministerin Zadić die Bühne. Auch sie liefert eine emotionale Rede, es folgt großer Applaus - die Grünen sind ihre eigenen größten Fans. "Die nächsten Tage werden entscheidend sein" zitiert sie den früheren Grünen Gesundheitsministerin Rudi Anschober. 

"Von der Bremsspur auf die Überholspur"

An die gute Stimmung knüpft nun der Vizekanzler Werner Kogler an. "Eine halbe Stunde", raunt ein Mann in der Menge seinem Nachbarn zu. "Ja, die nächsten zwei Tage ..." beginnt Kogler seine Rede. Kogler lobt das Regierungsteam, sowie die Schatten-Kulturministerin Andrea Meyer. 

Für die Grünen geht es in diesem Wahlkampf um viel, es gilt an die Erfolge einer eigentlich unerwarteten Regierungsbeteiligung anzuknüpfen. Man habe es von der "Brems- auf die Überholspur" geschafft, so Kogler. Die Förderkürzungen aus den Programmen der anderen Parteien würden die Klimaprogrammpunkte der Grünen betreffen, deutet Kogler an. 

"Bremsen, betonieren, leugnen"

Mit den anderen Parteien geht er hart ins Gericht. Er verweist darauf, dass SPÖ und auch ÖVP Betonierer-Parteien seien - und somit kaum etwas für das Klima tun würden. Die FPÖ würde den Klimawandel überhaupt leugnen und gleichzeitig Putin und Österreichs Abhängigkeit in puncto Energie weiter öffnen.

Am Ende redete Kogler wirklich 30 Minuten und dreimal so lange, wie seine Vorrednerinnen. 

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Es werden Sonnenblumen verteilt und Fotos gestellt - auf der Bühne und davor. Die Minister:innen marschieren ab, der Spritzerstand füllt sich.

Grün vor (Dunkel-Rot)

Nicht nur auf der Bühne wird hart mit den anderen Parteien ins Gericht gegangen: Nur die Grünen würden sich ehrlich für das Klima einsetzen, David (31) kauft es der SPÖ nicht ab. Diana (44) hat auch schon Grün gewählt - KPÖ oder SPÖ sehen sie nicht als Option.

"Mir war wichtig, dass es ein guter Abschluss ist und man mit einem guten Gefühl in den Wahlsonntag geht. Ich möchte einfach ein starkes Zeichen gegen Rechts setzen". 

Es gehe nur Grün, sagt Diana. Sie glaubt nicht an taktisches Wählen, man müsse aus Überzeugung wählen und erinnert an 2017 - da hätten viele ihrer Bekannten taktisch die SPÖ gewählt, die Grünen fielen aus dem Parlament, viele hätten es bereut. Auch David erzählt, er habe 2017 anders gewählt und es dann bereut - bei der KPÖ würde die Stimme "verpuffen", wenn sie es nicht ins Parlament schafft. 

Diana sagt, sie kauft Andreas Babler sein Programm ab, "aber nicht der Partei, auf die ist kein Verlass". "Dann hab' ich die Stimme zwar dem Babler gegeben, aber ich wähle ja eine Partei, es ist ja kein Personenwahlkampf".

Die "Rich Kids" greifen wieder zu den Instrumenten. Wer sich nicht an das Grüne Wahlprogamm erinnert, dem werden die Themen nun nochmal musikalisch in Erinnerung gerufen. 

Die Band beendet ihren Auftritt mit dem Song "Anti-Woke-Generation", "da hauen wir richtig auf die Kacke". Das war es dann, die Party ist um 17.30 vorbei, der Platz zwischen den Mussen leert sich.

Die Wahlkampfabschluss-Reportagen im Überblick:

NEOS-Wahlkampffinale: Bruder, es gibt Hoffnung auf morgen

Wahlkampffinale der ÖVP: Hoffen auf das "Fotofinish"

ribbon Zusammenfassung
  • Dort, wo sonst die Jugendlichen Bier trinken, luden am Freitagnachmittag die Grünen zum Wahlkampfabschluss.
  • Die Grünen zelebrierten das Ende ihrer Regierungsbeteiligung.
  • Man habe es von der "Brems- auf die Überholspur" geschafft, so Kogler - aber die Zukunft der Grünen ist ungewiss.