"Das ist Faschismus"
Wegen Trump: Diese Wissenschaftler kehren den USA den Rücken
Die Historiker Timothy Snyder und Marci Shore sowie der Faschismusforscher Jason Stanley wollen wegen Donald Trump die USA verlassen. Sie gehen nach Kanada.
Stanley begründete seinen Schritt im Interview mit "Zeit Online" mit der politischen Entwicklung in den USA. Auslöser seines Schritts sei der Druck der US-Regierung auf die New Yorker Columbia University und ihre Reaktion gewesen.
"Das ist Faschismus"
Der Faschismusforscher Stanley äußerte sich mit drastischen Worten zur politischen Situation in den USA. Auf die Frage, ob er von faschistischen Zuständen im Land sprechen würde, sagte er: "Ja, natürlich. Welche Begriffe sollen wir denn sonst verwenden?"
Faschismus sei nicht einfach nur ein Schimpfwort, sondern ein Konzept, das helfe, die Realität zu verstehen. "Und was wir jetzt sehen – das ist Faschismus."
Snyder: "Trump ist ein Sexist und Rassist"
US-Historiker Timothy Snyder im PULS 24 Interview vor der US-Wahl im Herbst.
Shore, die mit Snyder verheiratet ist, sagte der Zeitung "Toronto Today", sowohl die Stadt Toronto als auch die dortige Munk School seien sehr attraktive Orte. "Aber natürlich hat die amerikanische Katastrophe bei unserer finalen Entscheidung eine Rolle gespielt." Sie befürchte, dass es einen Bürgerkrieg geben werde.
Kein Schutz für Jüd:innen?
Stanley dürfte es aber nicht nur um die allgemeine Politik von Trump gehen. Er sagte "Zeit Online", er habe beschlossen, Yale zu verlassen, als die Columbia University "unter Beweis gestellt hat, dass sie Feiglinge sind." Für die Androhung der Regierung, der Universität Bundesmittel zu streichen, habe es keine rechtliche Grundlage gegeben.
"Es war reine Schikane. Und was tut die Columbia? Sie gehorchen allem, was gefordert wird." Eine Universität lebe von Freiheit. "Würde ich heute an der Columbia unterrichten, wüsste ich: Ein falsches Wort über die Regierung oder Israel - und ich wäre weg." Künftig würden die Übergriffe der Regierung zunehmen, warnte er.
Columbia hatte sich in der vergangenen Woche bereit erklärt, ihre Richtlinien für Proteste, Sicherheitsregeln und die Abteilung für Nahost-Studien umfassend zu überarbeiten. Zuvor hatte die US-Regierung Druck gemacht mit der Ankündigung, 400 Millionen US-Dollar an Bundesmitteln für die Uni nur bei weitreichenden Änderungen wieder freizugeben.
Die Regierung hatte der Uni vorgeworfen, sie habe jüdische Studierende nicht ausreichend vor Belästigungen und Bedrohungen auf dem Campus geschützt. Die Uni war im vergangenen Frühjahr zum Schauplatz großer propalästinensischer Proteste geworden.
Kampf gegen "Wokeness"
Es geht aber nicht nur um die teils antisemitischen Proteste: Generell sind aber weite Teile des US-Forschungssystems sind durch Budgetkürzungen, inhaltliche Eingriffe - oft unter dem Vorwand der Bekämpfung von "Wokeness" - und überraschende Kündigungen von Forscher:innen gehörig unter Druck geraten.
Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ)
An österreichischen wissenschaftlichen Einrichtungen beobachtet man die Situation höchst aufmerksam: Wenn US-Wissenschafter beginnen, nach neuen Optionen andernorts zu suchen, will sich auch Österreich anbieten.
CEU verzeichnet Anstieg
Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) hat einen gemeinsamen Vorstoß einiger EU-Wissenschaftsminister:innen unterzeichnet, die in einem Offenen Brief an die EU-Kommission zu einem abgestimmten, europäischen Vorgehen zur Aufnahme von US-Wissenschaftern aufriefen.
Derzeit verzeichnen die heimischen Unis aber noch keinen spürbaren Anstieg bei der Nachfrage aus den USA, berichtete die APA. Es sei noch zu früh. Einzig die in Wien ansässigen Central European University (CEU) verzeichnete im Jahresvergleich rund 25 Prozent mehr US-Bewerber:innen.
Zusammenfassung
- Die Historiker Timothy Snyder und Marci Shore sowie der Faschismusforscher Jason Stanley wollen wegen Donald Trump die USA verlassen. Sie gehen nach Kanada.
- Der Faschismusforscher Stanley äußerte sich mit drastischen Worten zur politischen Situation in den USA. Auf die Frage, ob er von faschistischen Zuständen im Land sprechen würde, sagte er: "Ja, natürlich. Welche Begriffe sollen wir denn sonst verwenden?"
- Stanley dürfte es aber nicht nur um die allgemeine Politik von Trump gehen. Er sagte "Zeit Online", er habe beschlossen, Yale zu verlassen, als die Columbia University "unter Beweis gestellt hat, dass sie Feiglinge sind."
- Columbia hatte sich in der vergangenen Woche bereit erklärt, ihre Richtlinien für Proteste, Sicherheitsregeln und die Abteilung für Nahost-Studien umfassend zu überarbeiten.
- Die Regierung hatte der Uni vorgeworfen, sie habe jüdische Studierende nicht ausreichend vor Belästigungen und Bedrohungen auf dem Campus geschützt.
- Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) hat einen gemeinsamen Vorstoß einiger EU-Wissenschaftsminister:innen unterzeichnet, die in einem Offenen Brief an die EU-Kommission zu einem abgestimmten, europäischen Vorgehen aufriefen.