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Corona-Strafen zurückzahlen: FPÖ-Forderung "kaum umsetzbar"

Die ÖVP-Niederösterreich will nicht mehr mit der SPÖ verhandeln. Nun muss es mit der FPÖ klappen. Doch diese stellt harte Forderungen. Die Rückzahlung aller Corona-Strafen etwa. Laut dem Rechtsexperten Peter Bußjäger wäre das in der Praxis nicht umsetzbar.

Es klang fast wie die Bedingung, damit ein Arbeitsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ in Niederösterreich überhaupt zustande kommen kann. Udo Landbauer (FPÖ) forderte am Montag, dass alle Corona-Strafen im Sinne einer "Generalamnestie" zurückgezahlt werden sollen. 

Das richtete er Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) öffentlich aus. Die Details zu seinen Vorstellungen wollte er mit der ÖVP dann am Montagnachmittag besprechen. Nachdem die ÖVP nicht mehr mit der SPÖ verhandeln wollte und die Landeshauptfrau auch am Montag kein gutes Wort für die Roten fand, kann die FPÖ nun fordern. 

"Wo ein budgetärer Wille ..."

Ob ihre Forderungen umsetzbar sind, ist eine andere Frage. Landbauer selbst wollte darauf am Montag nicht eingehen. Auf PULS 24-Nachfrage, ob er denn wisse, was sein Vorhaben kosten würde, sagte er nur: "Wo ein budgetärer Wille, da ein budgetärer Weg". Experten sehen aber andere Probleme.

Der Verfassungs- und Verwaltungsjurist Peter Bußjäger erklärt im Gespräch mit PULS 24, dass es derzeit keine Rechtsgrundlage gebe, schon rechtskräftig bezahlte Strafen zurückzuzahlen.

Anders sei das nur bei einzelnen Corona-Maßnahmen, die der Verfassungsgerichtshof im Nachhinein aufgehoben hat. Dazu zählen etwa das Betretungsverbot für den öffentlichen Raum generell und die 400 Quadratmeter-Regelung bei Geschäftslokalen. Wer gegen solche Strafen den Rechtsweg beschritt, musste keine Strafe zahlen.

Nationalrat müsste Gesetz beschließen

Für die Forderung Landbauers, alle Corona-Strafen zurückzuzahlen, müsste also ein neues Gesetz geschaffen werden. Dieses müsste allerdings der Bund - also der Nationalrat mit einfacher Mehrheit - beschließen. Ein Gesetz des niederösterreichischen Landtags würde nicht reichen, so Bußjäger, da die meisten Corona-Maßnahmen aufgrund von Bundesgesetzen verhängt wurden.

Und selbst wenn der Bund ein solches Gesetz schaffen würde, bliebe noch die Frage, ob es praktikabel sei. Bußjäger zweifelt das an, der Verwaltungsaufwand sei zu hoch.

Amnestie möglich, praktisch nicht umsetzbar

Die Behörden müssten alle Bescheide durchsehen und den betroffenen Personen die Strafen zurückzahlen. Bei Organstrafen, die die Polizei ausstellte, liegen wahrscheinlich gar nicht alle Namen und Daten vor, so der Rechtsexperte. Bußjägers Fazit: Grundsätzlich sei eine Generalamnestie möglich, in der Praxis umsetzbar ist sie allerdings nicht.

Gegen die Möglichkeit, dass das Land Niederösterreich Zahlungen ausschüttet, die an Bestrafte gehen, hegt der Rechtsexperte ebenfalls "größte Bedenken". Dass ein Land so die Gesetze des Bundes umgehe, sei "nicht unheikel".

Rechtsanwalt: "Völlig absurd"

Noch schärfer kritisiert Rechtsanwalt Wilfried Embacher  die Forderung des niederösterreichischen FPÖ-Chefs im Gespräch mit PULS 24. "Völlig absurd" sei das. Er sieht die Rechtsstaatlichkeit gefährdet. "Von fehlender Landeskompetenz abgesehen ist das ein Frontalangriff auf die Gewaltenteilung und den Vertrauensgrundsatz", schrieb er auf Twitter. 

Die Politik muss dem Recht folgen

Die FPÖ glaube immer noch, dass das Recht der Politik folgen sollte, spielt er auf ein Kickl-Zitat an. Es sei aber umgekehrt, das müsse die "Law and Order-Partei" eigentlich wissen. Derzeit sei es nicht möglich, rechtskräftige Strafen rückwirkend aufzuheben, betont auch er gegenüber PULS 24. Der FPÖ gehe es aber sowieso nur darum, die Gruppe der Maßnahmen-Gegner zu bedienen, so Embacher. 

Ob sich die ÖVP auf die Forderungen der FPÖ einlässt, war am Montagabend noch nicht zu vernehmen. Bundeskanzler Karl Nehammer kündigte zuletzt nur vage an, die Corona-Versöhnung zu suchen. Er wolle zu Ostern einen "Dialogprozess", von Strafen und deren Aufhebung war keine Rede.

ribbon Zusammenfassung
  • Die ÖVP-Niederösterreich will nicht mehr mit der SPÖ verhandeln. Nun muss es mit der FPÖ klappen.
  • Doch diese stellt Forderungen, die rechtlich nur schwer umsetzbar sind. Die Rückzahlung aller Corona-Strafen etwa.
  • Laut dem Rechtsexperten Peter Bußjäger wäre das kaum umsetzbar.