Justizstreit mit Polen: EU fordert weitere Zugeständnisse
Ein Kommissionssprecher sagte am Dienstag in Brüssel, die ab diesem Freitag wirksame Abschaffung der Disziplinarkammer für Richter am Obersten Gerichtshof reiche nicht aus, um Millionen-Bußgelder gegen Polen aufzuheben.
Nicht minimal eingelenkt
Brüssel hatte der nationalkonservativen Regierung in Warschau jahrelang vorgeworfen, missliebige Richter über die Disziplinarkammer zu bestrafen oder zu entlassen und so die Gewaltenteilung auszuhebeln. In diesem Punkt hat Polen eingelenkt - das Gesetz zur Abschaffung der Disziplinarkammer tritt am Freitag in Kraft.
Damit seien aber die anderen beanstandeten Bestimmungen des Justizgesetzes nicht aufgehoben, betonte Kommissionssprecher Christian Wigand. Brüssel verlangt eine grundlegende Reform des Disziplinarsystems für Richter und Staatsanwälte. Zudem sollen bereits sanktionierte Richter die Möglichkeit erhalten, ihren Fall erneut prüfen zu lassen.
Klage der EU-Kommission
Nach einer Klage der EU-Kommission gegen Polen hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 3. November ein tägliches Zwangsgeld in Höhe von einer Million Euro gegen Warschau verhängt. Inzwischen beläuft sich die Buße auf mehr als 250 Millionen Euro. "Das Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis alle vom Gerichtshof gestellten Anforderungen erfüllt sind", betonte der Kommissionssprecher.
In dem Streit liegen auch Finanzhilfen für Polen im Umfang von 35,4 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds der EU auf Eis. Die EU-Kommission will am Mittwoch ihren dritten Jahresbericht zur Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten vorstellen. Wie im vergangenen Jahr muss neben Polen auch Ungarn mit scharfer Kritik rechnen.
Zusammenfassung
- Im jahrelangen Streit um die Unabhängigkeit der polnischen Justiz drängt die EU-Kommission die Regierung in Warschau zu weiteren Zugeständnissen