Bundesländer-Kritik an Facharzt für Allgemeinmedizin
Grundlage für die Neuerungen bildet eine Novelle des Ärztegesetzes, deren Begutachtungsfrist vor Kurzem zu Ende ging. Darin ist geplant, die Ausbildungszeit von derzeit 42 Monaten ab 1. Juni 2026 bis 1. Juni 2030 stufenweise auf 60 Monate und damit fünf Jahre zu verlängern. Das Aufgabengebiet des neuen Facharztes umfasst die primäre Gesundheitsversorgung - laut Information zum Gesetzestext insbesondere "die ganzheitliche, kontinuierliche und koordinative medizinische Betreuung des gesamten menschlichen Lebensbereiches".
Nicht einverstanden zeigen sich damit die Bundesländer, die allesamt ähnliche Befürchtungen äußern. So weisen etwa Vorarlberg und das Burgenland in fast gleichlautenden Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf auf den bestehenden Mangel an Kassenärzten in der Allgemeinmedizin hin - es werde nicht erwähnt, welche Folgen die verlängerte Ausbildungszeit darauf habe. Es könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass sich Auszubildende aufgrund dessen für eine andere Facharztrichtung entscheiden. In Wien schließt man sich der Stellungnahme des Landes Vorarlberg an, sei doch bei der Konferenz der Landesgesundheitsreferenten beschlossen worden, diese zur gemeinsamen Stellungnahme aller Bundesländer zu erheben. Die Bundeshauptstadt befürchtet explizit, dass der bestehende Mangel an Allgemeinmedizinern verschärft werden könne. Ähnliche Bedenken äußert der Dachverband der Sozialversicherungen, der aber auch einschiebt, dass der Versorgungsengpass durch die bessere Ausbildung in Zukunft besser bewältigt werden könnte.
Das Land Steiermark, dessen Stellungnahme milder ausfällt, rät indes, auch die bestehenden Kassenverträge zu evaluieren, da sich Ärzte derzeit vielfach aufgrund der schlechten Entlohnung als Allgemeinmediziner für ein Sonderfach entscheiden würden. Aufgrund des Ärztemangels solle allerdings der Zeitpunkt der Einführung des neuen Facharztes, die man grundsätzlich begrüße, überdacht werden.
Die Länder Vorarlberg und Burgenland zweifeln aber auch grundsätzlich daran, dass der Beruf durch den neuen Facharzt attraktiviert werde. Zwischen 24 und 30 Monate müssen Auszubildende künftig außerdem u.a. in Lehrpraxen absolvieren. Hier sei die Finanzierung ungeklärt. Durch die längere Ausbildungszeit würden Lehrpraxen länger von einzelnen Auszubildenden besetzt werden, befürchtet man eine Knappheit an Ausbildungsstellen. Das Land Steiermark appelliert dafür, dass die Sonderfach-Schwerpunktausbildung wie die -Grundausbildung auch in einer Zentralen Ambulanten Erstversorgung stattfinden können soll.
Doch nicht überall kommt der neue Facharzt schlecht an. Positiv sieht etwa die Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM) die Novelle, sei doch "längst wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Einführung einer Fachausbildung die Allgemein- und Familienmedizin attraktiviert". International sei eine Ausbildungszeit von fünf Jahren üblich, heißt es in einer Aussendung. Den Grund für bestehende Versorgungslücken sieht die ÖGAM darin, dass die bisherige Ausbildung den Anforderungen der Allgemein- und Familienmedizin nicht gerecht werde und junge Ärzte von der Übernahme von Praxen abschrecke. Mit der neuen Fachausbildung würden Hausärztinnen und Hausärzte nun besser vorbereitet. Auch die Kärntner Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft (KABEG), die Junge Allgemeinmedizin Österreich (JAMÖ) und der Seniorenrat begrüßten die Neuerung in ihren Stellungnahmen grundsätzlich.
Zusammenfassung
- Die Bundesregierung will einen neuen Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin einführen und damit den Beruf der Allgemeinmedizinerin bzw. des Allgemeinmediziners attraktivieren.
- Die Bundeshauptstadt befürchtet explizit, dass der bestehende Mangel an Allgemeinmedizinern verschärft werden könne.
- Die Länder Vorarlberg und Burgenland zweifeln aber auch grundsätzlich daran, dass der Beruf durch den neuen Facharzt attraktiviert werde.