Anschober verspricht Datenschutz bei Risikogruppen
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Donnerstag erklärt, dass Corona-Risikogruppen über ihre Medikamentierung identifiziert werden. Danach sollen sie verpflichtend in Home Office geschickt oder bezahlt dienstfrei gestellt werden. Es solle keine Vorgangsweise "ohne den Datenschutz abzuklären" erfolgen. Ärzte und Kassen warnten davor, sich nur auf die Medikamentendaten zu verlassen.
In einer Pressekonferenz sagte Anschober, es handle sich bei der Identifizierung der gefährdeten Gruppen um einen "schwierigen Prozess". In erster Linie gehe es dabei um Personen mit einer "drastischen Verringerung des Immunabwehrsystems". Das könne eine Krebserkrankung oder schwere Diabetes sein, "das wird jetzt im Augenblick abgegrenzt". Betroffene sollen dann von den Sozialversicherungsträgern Empfehlungen erhalten. Wer tatsächlich freigestellt oder verpflichtet ins Home Office wechseln muss, "ist am Ende auch eine Frage der medizinischen Bewertung des niedergelassenen Arztes vor Ort".
Genau auf diese Bewertung pochte auch die Ärztekammer. Sie warnte ausdrücklich vor der Identifizierung über die Medikationslisten der Krankenkassen. Weder verfüge die Sozialversicherung über alle notwendigen Daten noch sei die Treffsicherheit bei den vorhandenen Daten gegeben. Dazu kämen auch noch datenschutzrechtliche Bedenken. Letztlich könnten nur die behandelnden Ärzte im direkten Kontakt mit ihren Patienten einstufen, wer als Risikopatient anzusehen sei, unterstrich Präsident Thomas Szekeres.
Dass Ärzte in die Entscheidung eingebunden werden müssen, betonte auch Peter Lehner, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger. "Um die tatsächliche Risikogruppe treffsicher zu identifizieren und zu informieren, braucht es das Wissen und das Know-how der Ärzte. Der Hausarzt kennt seine Patienten am besten und weiß über seinen Gesundheitszustand Bescheid. Die Medikation allein hat hier zu geringe Aussagekraft", meinte er.
Nach der reinen statistischen Auswertung würden 24,13 Prozent der österreichischen Bevölkerung in die definierte Risikogruppe fallen, so Lehner: "Es gilt, besonders gefährdete Personen zu identifizieren und zu schützen. Diese Auswahl funktioniert nicht über die Statistik. Sie kann nur ein Bestandteil sein. Neben dem Arzt müssen wir auch an die Eigenverantwortung der Menschen appellieren. Eine sinnvolle Umsetzung funktioniert im Teamplay: Gesundheitsministerium, Sozialversicherung, Arzt und Patient." Außerdem müsse eine vom Ministerium im Rahmen der Epidemie-Bekämpfung angeordnete Leistung der Ärzte vom Ministerium auch entsprechend abgegolten werden.
ÖGB-Chef Wolfgang Katzian forderte unterdessen einen Kündigungsschutz für Arbeitnehmer, die in die sogenannte Risikogruppe fallen. Es wäre "wichtig, dass es für diese Personen einen erhöhten #Kündigungsschutz gibt", twitterte er.
Gleichzeitig verlangten ÖGB-Frauenvorsitzende und Vizepräsidentin Korinna Schumann und GPA-djp Vorsitzende Barbara Teiber einen Anspruch auf vorzeitigen Mutterschutz. Schwangere Arbeitnehmerinnen sollen in der aktuellen Ausnahmesituation die Möglichkeit haben, früher in den Mutterschutz zu gehen. Es gebe zwar bis dato keine Hinweise darauf, dass Covid-19 auf das Kind im Mutterleib übertragbar ist, dennoch seien besondere Schutzmaßnahmen für werdende Mütter notwendig.
Österreichs Krankenkassen stellen dem Gesundheitsministerium übrigens auch pseudonymisierte Daten ihrer Versicherten für die Covid-19-Forschung zur Verfügung. Diese Daten, die dann Forschungseinrichtungen weitergegeben werden sollen, könnten Leben retten, betonte Peter Lehner, Chef des Kassen-Dachverbands. "Das anonymisierte Zusammenführen der Daten der Heilmittelabrechnung der Sozialversicherung, der ELGA-Daten und der Forschungsdaten kann im Kampf gegen Covid-19 ein essenzieller Baustein sein."
Gleichzeitig werde man sicherstellen, dass die Versicherten "datenschutzrechtlich perfekt geschützt" seien. "Rückschlüsse auf die Patienten sind unmöglich, da die Pseudonymisierung bei der Sozialversicherung selbst passiert", erläutert Lehner.
Zusammenfassung
- Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Donnerstag erklärt, dass Corona-Risikogruppen über ihre Medikamentierung identifiziert werden.
- Danach sollen sie verpflichtend in Home Office geschickt oder bezahlt dienstfrei gestellt werden.
- Es solle keine Vorgangsweise "ohne den Datenschutz abzuklären" erfolgen.
- Ärzte und Kassen warnten davor, sich nur auf die Medikamentendaten zu verlassen.