Analyse: Oberflächliche Einigkeit bei Weidel und Kickl

AfD und FPÖ üben sich am Dienstag im Wien im gemeinsamen Schulterschluss. Überraschend war die Themensetzung des Auftritts nicht. So einig, wie zelebriert, sind die Parteien aber auch wieder nicht.

Die deutsche AfD-Politikerin Alice Weidel ist zu Gast bei FPÖ-Chef Herbert Kickl. In einer Pressekonferenz erklärten beide einmal mehr, warum sie mit Migrations-, Wirtschafts- und Klimapolitik von Österreich und Deutschland unzufrieden sind.

Zu Gast bei PULS 24 Anchor Wolfgang Schiefer waren Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik von der Universität Wien und Historiker Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW).

Die Themen der Pressekonferenz waren nicht überraschend gewählt, so Ennser-Jedenastik. Die Parteien profitieren von diesen Themen, und auch ihre Wähler:innen seien daran interessiert.

FPÖ als etablierte "Elite"

Die FPÖ sei in Österreich viel stärker im politischen System verankert als die AfD in Deutschland, so der Politikwissenschaftler. Beim gemeinsamen Kampf gegen die "Eliten" würde es nur gegen bestimmte Gruppen gehen. Hier sollen gemeinsame Feindbilder generiert werden, was aber häufig schon an Verschwörungsmythen grenze.

Historiker Bernhard Weidinger ergänzte, dass neben den lokalen Regierungen auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Medien solche gemeinsamen Feinde darstellen würden.

Geschönte Einigkeit

Weidel würde aber etwas sachlicher als Kickl argumentieren, der FPÖ-Chef habe einen Hang zur Polemik.

Seit zehn Jahren existiert die AfD, getragen wurde sie von Euro- und EU-skeptischen Personen. In ihrem Kern sei die Partei aber wirtschaftsliberaler als die FPÖ, so Ennser-Jedenastik.

Das kurze Bestehen der AfD sei bereits gezeichnet von Diskussionen um die Partei-Führung. Ein Ausbrechen dieser bestehenden inneren Konflikte der AfD sei möglich, auch die aktuelle Führung könne schnell in Frage gestellt werden.

Rechte EU-Fraktion

Im Juni 2024 wird auf EU-Ebene gewählt. Manche Beobachter:innen sehen, dass sich ein Zusammenschluss der europäischen Rechts-Parteien anbahnt. Dieser könnte theoretisch die größte Fraktion im Europäischen Parlament sein.

Historiker Weidinger glaubt nicht, dass das gut funktionieren würde, denn bereits jetzt würden sich Probleme in der Zusammenarbeit zeigen. Seit dem Ausscheiden der ungarischen Fidesz rund um den Ministerpräsidenten Viktor Orbán aus der Europäischen Volkspartei (EVP) ist diese fraktionslos, die anderen Rechts-Parteien seien aktuell aufgesplittert. Die EU selbst sei das größte vereinende Feindbild, aber bei historischen Grenzstreitigkeiten oder dem Umgang Minderheiten in den jeweiligen Nachbarländern sei es fraglich, wie eine Zusammenarbeit in der Praxis aussehen würde.

ribbon Zusammenfassung
  • Politikwissenschaftler Ennser-Jedenastik und Historiker Weidinger analysieren die Pressekonferenz von AfD-Politikerin Alice Weidel und FPÖ-Chef Herbert Kickl.
  • Die Rechts-Parteien präsentieren sich einig, langfristig ist fraglich, ob diese Fassade erhalten werden kann.
  • Auch im Inneren der AfD kochen stetig Konflikte.