Ärztekammer warnt vor Übertragung der Ausbildung an Länder
Für die Bewilligung der Ausbildungsstellen und die Qualitätssicherung sei ein Ges.mb.H. im Landeseigentum geplant, berichteten die Standesvertreter in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Dafür gebe es einen Beschluss der Gesundheitslandesräte, erläuterte Szekeres. Als Grund für die Änderung machte er ein höchstgerichtliches Urteil aus dem Jahr 2019 aus. Dieses habe jedoch keinen inhaltlichen, sondern nur einen legistischen Fehler für die derzeit gültige Regelung mit der Kompetenz der Ärztekammer festgestellt. Man hätte nämlich bei der Gesetzwerdung die Länder fragen müssen, was nicht geschehen sei.
Szekeres befürchtet nun, dass die Qualität der Ärzteausbildung sinken wird, wenn die Länder dafür verantwortlich werden und dann weniger Ausbildner zur Verfügung stehen, weil dies einfacher und billiger wäre. Die Befürchtung sei, dass die Latte für die Ausbildung herabgesetzt werde, um flexibler arbeiten zu können. Szekeres appellierte an die Politik, diese geplante Beschneidung der Ärztekammer fallen zu lassen. Noch schärfer formulierte es Lindner: Er sprach von drohendem "Ungemach" und einem "Angriff" der Länder auf die ärztliche Ausbildung. Der Präsident der steirischen Ärztekammer unterstellte den Ländern auch, die politische Unabhängigkeit der Ausbildung infrage stellen zu wollen.
Auf eine drohende Pensionierungswelle machte Steinhart aufmerksam. Der Obmann der niedergelassenen Ärzte verwies darauf, dass in den nächsten zehn Jahren 50 Prozent der Ärzte in Pension gehen werden und es jetzt schon 121 unbesetzte Kassenstellen von Allgemeinmedizinern und 79 unbesetzte Facharztstellen gebe. Deshalb sei es neben der Abschaffung administrativer Hürden wichtig, die Ausbildung der Ärzte in den Ordinationen zu fördern und die Kompetenz der Ärztekammer zu erhalten, damit weiterhin junge Mediziner im Kassenbereich arbeiten.
Mayer kritisierte die beschlossene Verlängerung der Möglichkeit, dass Spitalsärzte freiwillig bis zu 55 Stunden pro Woche arbeiten können. Der Obmann der Spitalsärzte warnte vor einer Verschlechterung der Ausbildung, die zu einer weiteren Abwanderung junger Kollegen ins Ausland führen würde. Und er warnte auch vor einem Ärztemangel. Derzeit würden 1.300 bis 1.400 Ärzte pro Jahr ausgebildet, aber nur rund 700 "kommen ins System". Szekeres sprach von einem "relativen Ärztemangel". Bei reiner Betrachtung der Kopfzahlen gebe es einen solchen zwar nicht. Es seien aber schon mehr als 50 Prozent der Ärzte Frauen und nicht nur diese, sondern auch die jungen Männer wollten eine bessere Vereinbarung von Beruf und Familie.
Als Lehre aus der Pandemie formulierte Szekeres, dass Österreich ein gutes Gesundheitssystem habe, man müsse sich aber "sehr anstrengen", um das hohe Niveau zu halten. Er forderte zusätzliche Investitionen, um künftige Herausforderungen meistern zu können und eine Aufhebung der Koppelung der Gesundheitsausgaben an das Wirtschaftswachstum.
Ihren Dank an alle Angehörigen der Gesundheitsberufe richtet die Ärztekammer in einer in den Tageszeitungen gestarteten Inseratenserie. Die rund 200.000 in diesen Bereichen tätigen Menschen hätten "trotz widriger Umstände" mitgeholfen die Pandemie zu bewältigen. Ohne deren persönlichen Einsatz wäre es nicht gegangen, sagte der Ärztekammer-Präsident.
Die von der Politik in Aussicht gestellten Corona-Öffnungen ab 10. Juni hält Szekeres für möglich. Das werde aber nur gelingen, wenn sich noch mehr Menschen impfen lassen. Wenn nicht ausreichend Impfstoff vorhanden sein sollte, könnte die Pandemie wieder aufflackern, warnte der Ärztekammer-Präsident. Auch sein Vize Mayer hält die Öffnungen für machbar und plädierte für längere Öffnungszeiten, weil vor allem junge Menschen sich im Privaten weiter unterhalten würden, wenn sie die Lokale um 22 Uhr verlassen müssen.
Zusammenfassung
- Die Ärztekammer sieht die Qualität der Ausbildung der jungen Mediziner in Gefahr.
- Derzeit würden 1.300 bis 1.400 Ärzte pro Jahr ausgebildet, aber nur rund 700 "kommen ins System".