Abschiebestopp in den Iran? Für Österreich kein Thema
"Abschiebungen in den Iran sind in der aktuellen desaströsen Menschenrechtslage nicht verantwortbar", sagte die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) dem "Spiegel" und forderte die Bundesländer auf, keine Abschiebungen mehr durchzuführen.
Davor hatte Niedersachsen schon angekündigt, einen Abschiebestopp zu verhängen. Pro Asyl und die Landesflüchtlingsräte forderten die anderen Bundesländer ebenfalls auf, dem Beispiel zu folgen.
Österreichs Außenministerium verhängte am Dienstag eine Reisewarnung für den Iran: "Das Außenministerium empfiehlt Österreichern im Iran dringend, das Land zu verlassen". Ein Abschiebestopp ist in Österreich aber kein Thema: Grundsätzlich sei eine Reisewarnung kein Entscheidungskriterium, heißt es aus dem Innenministerium, wo man versichert, "jeden einzelnen Fall umfassend und individuell" zu überprüfen und auch "eventuell drohende Gefahren im Falle einer Rückkehr" zu berücksichtigen.
Ohnehin keine Abschiebungen
Das Innenministerium betont aber auch, dass es derzeit ohnehin keine Abschiebungen aus Österreich in den Iran gebe. "Der Iran lässt Abschiebungen mit Hinweis auf die iranische Verfassung generell nicht zu", erklärt das Innenministerium auf PULS 24 Nachfrage. Es gebe "keine Zusammenarbeit im Bereich der zwangsweisen Außerlandesbringung". Schon "in den letzten Jahren" hätte es diese daher nicht gegeben. Was es aber gibt, ist die "freiwillige Rückkehr", die Österreich "immer fördert", wie es aus dem Ministerium heißt. Diese hätten im Jahr 2022 bisher 63 Iraner:innen in Anspruch genommen.
Mehr zu den Protesten im Iran:
Iranische Staatsangehörige scheinen in Österreich auch relativ gute Chance auf Asyl zu haben, wie ein Blick in die Asylstatistik zeigt: 1.008 Anträge von Iraner:innen wurden im Jahr 2021 in Österreich entschieden - 60,6 Prozent davon erhielten Asyl.
Wie ist die Situation in Deutschland?
Im Nachbarstaat wurden im Jahr 2021 4.277 Entscheidungen betreffen Iraner:innen gefällt - 29,5 Prozent bekamen Schutz gewährt. 21 Personen wurden 2021 von Deutschland in den Iran abgeschoben.
11.589 eigentlich "ausreisepflichtige" Iraner:innen würden sich derzeit in Deutschland aufhalten, teilte das deutsche Innenministerium mit. Es gebe auch für Deutschland "hohe praktische Hürden" bei Abschiebungen in den Iran. Es gebe daher auch in Deutschland "wenige Abschiebungen, vor allem von Straftätern". Die CSU/CDU-Innenminister von Bayern und Sachsen etwa wollen nun trotz Faesers Forderung nach einem Abschiebestopp an der bisherigen Praxis festhalten: Abschiebungen in den Iran seien nicht vorgesehen, schwere Straftäter nehme man davon jedoch aus, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Wie viele Bundesländer beim Abschiebestopp mitmachen, konnte das deutsche Innenministerium am Freitag nicht mitteilen.
Debatte bei Afghanistan
Zuletzt gab es eine ähnliche Debatte bezüglich Abschiebungen nach Afghanistan. Im vergangenen Sommer hielt Österreichs auch nach der Machtübernahme der radikalislamistischen Taliban an Abschiebungen fest - bis der Verfassungsgerichtshof dem eine Absage erteilte. Abgeschoben wurde noch bis September 2021. 66 Personen wurden insgesamt im Vorjahr nach Afghanistan gebracht, vier Abschiebecharter landeten in Kabul. Sieben weitere wären geplant gewesen - sie mussten aber mangels Landeerlaubnis oder wegen der instabilen Lage abgesagt werden.
Der damalige Innenminister Deutschlands, Horst Seehofer (CSU) hatte bereits im August 2021 die Unterstützung für Sammelabschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt.
Zusammenfassung
- Das iranische Regime geht mit Gewalt gegen die anhaltenden Proteste vor, in Deutschland entbrannte deshalb eine Debatte um einen Abschiebestopp in die "islamische Republik".
- Österreich hat zwar eine Reisewarnung verhängt - warum ein etwaiger Abschiebestopp aber hierzulande kein Thema ist.