puls24 Logo

Vorarlberger Landesmuseum durchleuchtet NS-Propagandabilder

In gut 4.000 Bildern hat der Bregenzer Fotograf und glühende Nationalsozialist Werner Schlegel die Zeit nach dem "Anschluss" in Vorarlberg festgehalten. Er dokumentierte in NS-Bildsprache Aufmärsche und Events mit Parteigrößen ebenso wie die Begeisterung der Bevölkerung. Entdeckt wurden die Fotos 2016 auf dem Flohmarkt. Das vorarlberg museum spricht von einem "Glücksfall" für die Forschung und zeigt die Bilder kontextualisiert in der Schau "Wir waren begeistert. Warum?"

Aus Anlass des Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren widmen sich das Landesmuseum und die Vorarlberger Landesbibliothek heuer verstärkt diesem Thema, in der aktuellen Schau konfrontiert das Museum die Vorarlberger bei freiem Eintritt mit der eigenen, wenig rühmlichen Geschichte. Der 1908 geborene, gelernte Fotograf Schlegel hatte ein eigenes Studio in Bregenz, engagierte sich bereits seit 1933 in der nationalsozialistischen Bewegung und wurde 1939 Obermeister der Vorarlberger Fotografeninnung. Immer wieder übernahm er Aufträge der NSDAP. Die Fotos Schlegels entsprachen dabei ganz der visuellen Propaganda der Nationalsozialisten.

Die Sammlung entstand während der ersten Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich, konkret zwischen 1938 und 1941. Er hielt umjubelte Auftritte hochrangiger Parteifunktionäre wie Gauleiter Franz Hofer und Reichsjugendführer Baldur von Schirach in Vorarlberg fest: Fabrikbesuche, Kreisappelle mit festlich gekleideten Bürgern und Bürgerinnen, Aufmärsche vor beflaggten Häusern - und immer wieder euphorische Massen, was auf die tiefe Verankerung des nationalsozialistischen Gedankenguts in der Bevölkerung schließen lässt.

Wie Propaganda zeigen, ohne welche zu betreiben?

Entdeckt worden ist das Konvolut vom Bregenzer Restaurator Arno Gehrer, der 2016 auf einem Flohmarkt darauf stieß, wo es von einer entfernten Verwandten Schlegels angeboten wurde. Er erwarb das Material und übergab es 2023 der Vorarlberger Landesbibliothek. Dort arbeitete es der Historiker Severin Holzknecht für die Onlineplattform "volare" auf. Im vorarlberg museum kuratierte Peter Melichar die Ausstellung, die nun bis 6. April im Atrium zu sehen ist und von einer Reihe an Veranstaltungen begleitet wird.

Im Zugänglichmachen für die Öffentlichkeit ergaben sich sowohl für die Bibliothek als auch das vorarlberg museum Herausforderungen: Wie NS-Propaganda zeigen, ohne welche zu betreiben? Kommentare, Beschreibungen und reduzierte Downloadmöglichkeiten geben den Fotografien auf "volare" eine historische Einordnung. In der Ausstellung werden den Bildern Hinweise auf NS-Opfer beigestellt, ebenso Todesanzeigen der im Krieg Gefallenen. Darunter findet sich auch Werner Schlegels eigene Todesanzeige - er fiel 1945 an der Ostfront. Von 35.000 Vorarlberger Soldaten kehrten 8.000 nicht zurück. 120 Personen aus Vorarlberg landeten in Konzentrationslagern, mindestens 50 kamen darin um.

Bewusstsein für die Gefahren von Massenmanipulation schärfen

Die Schau verstehe sich als Einladung an die Öffentlichkeit und Wissenschaft, sich 80 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes vertieft mit dieser Epoche der Vorarlberger Geschichte auseinanderzusetzen und das komplexe Zusammenspiel von Propaganda, Massenpsychologie und fotografischer Ästhetik zu reflektieren, so das Museum. Daneben solle damit auch das gesellschaftliche Bewusstsein für die Gefahren der Manipulation von Massen geschärft werden. In einer Zeit, in der neue Medien und Plattformen zu ähnlichen Dynamiken der Beeinflussung führen könnten, wolle das Projekt ein Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit kollektiven Emotionen und ihrer politischen Instrumentalisierung sein, hieß es.

(S E R V I C E - Ausstellung "Wir waren begeistert. Warum? - Die Fotos des Bregenzer Nationalsozialisten Werner Schlegel aus den Jahren 1938-1941" von 25. Jänner bis 6. April, vorarlberg museum Bregenz. www.vorarlbergmuseum.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Der Bregenzer Fotograf Werner Schlegel dokumentierte mit über 4.000 Bildern die NS-Zeit in Vorarlberg, die 2016 auf einem Flohmarkt entdeckt wurden.
  • Die Ausstellung im vorarlberg museum zeigt die Bilder bis zum 6. April und beleuchtet kritisch die NS-Propaganda und die Begeisterung der Bevölkerung.
  • Von den 35.000 Vorarlberger Soldaten kehrten 8.000 nicht zurück, und mindestens 50 der 120 in Konzentrationslagern inhaftierten Personen starben.